Wer ist Schiller? Auf der einen Seite einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller und auf der anderen ein deutscher Produzent elektronischer Musik namens Christopher von Deylen. Meine Schiller-Zeit begann 1998 mit dem Glockenspiel und endete – übrigens wie meine Schulzeit auch – 2003 mit „Leben … I feel you (feat. Heppner)“. Das ist 14 Jahre her. Seitdem hat sich mein Musikgeschmack grundlegend geändert (von einer durchgehenden Retro-Trash-Ader mal abgesehen) und Schiller macht tatsächlich immer noch Musik. ‚Immer noch‘ deshalb, da die hauptsächliche Reaktion, die ich auf meinen geplanten Schiller-Konzertbesuch bekam, tatsächlich die Gegenfrage war: „Ach, den gibt’s noch?“. Warum sich also nicht mal davon überzeugen, dass es diesen von Deylen noch gibt und was er gerade so macht. Meine Vorstellung: Musik für die Generation, die mit ihm gealtert ist und Zusätze wie „Elektronik pur“ auf der Eintrittskarte mit einem kleinen Augenzwinkern versteht. Falsch gelegen.
Konzert
(Bild: Ryan Aylsworth)
Die Waldbühne war an diesem Abend restlos gefüllt und von mitgealterten Pink-Fans bis hin zu offensichtlichen Konzertkartengewinnern war alles dabei. In wasserabweisende Stoffe oder Regenmäntel gehüllt, warteten alle auf Sie. Alecia Beth Moore oder besser gesagt: Pink. Diese oftmals fälschlicherweise als lesbisch geschätzte und von der Community gefeierte Rockröhre, die von Anfang der 2000er bis 2012 mit insgesamt 6 Alben und zahlreichen Auszeichnungen die Massen begeisterte. Dementsprechend hoch war an diesem Abend auch die Anzahl der eingesessenen Fans „von früher“. Und so gibt sie sich dann sehr volksnah und kommt vom oberen Rang zu Fuß die Treppe herunter. Selfie hier, Küsschen da, Umarmung dort. Schön, dass ich wieder hier sein darf.
Zugehört bei … Neue Meister V / Drive. Volkswagen Group Forum
Posted on 15. Juli 2017(Neue Meister V; Bild: DRIVE. Volkswagen Group Forum)
Visionäre Virtuosen – Kürzlich war es wieder so weit, das Kammerorchester (DKO) Berlin und Label Neue Meister setzten im DRIVE. Volkswagen Group Forum ihre Konzertreihe fort. Bereits zum 5. Mal wurden hierfür renommierte Komponisten / Musiker geladen und tauchten die vielseitig genutzte Kommunikationsplattform des Volkswagen Konzerns in einen Klangteppich der besonderen Art – futuristisch, experimentell, ansprechend. Vor gut einem Jahr hatte ich erstmals auf Horstson über das innovative Format geschrieben und erhielt vor Ort einen Einblick in die Zukunft von Klassikmusik. Das war gleichermaßen spannend und an der ein oder anderen Stelle durchaus Neuland für mich. Dieses Mal habe ich mich gründlicher vorbereitet, Frau Mama rät zurecht: „In ein Konzert Neuer Musik stolpert man nicht einfach rein, sondern scannt vorab das Oeuvre der ausführenden Künstler!“ Gesagt, getan. Just aus der Vorlesung Richtung Zug gerannt, saß ich nass geschwitzt im ICE nach Berlin und ging auf Komponistenrecherche: Das Programm war gespickt mit interessanten und ziemlich, ziemlich großen Namen. Als Erstes fiel mein Blick auf HAUSCHKA, langsam kam auch die Aufregung. Warum? Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich der Meister des präparierten Klaviers Volker Bertelmann und der ist `ne verflixt große Nummer in der Szene! Wobei, eine Eingrenzung à la Szene ist wohl kaum die passende Beschreibung. Viel mehr stehen die Werke des deutschen Komponisten für internationales Flair vom Feinsten. Bertelmann hat mehr als 15 Alben veröffentlicht und ist vor allem durch seine großartigen Filmkompositionen vor ein paar Jahren auf meinem Radar erschienen.
Als die ersten Sekunden zu „Every You, Every Me“ erklingen, flippt das Publikum aus. Zu sehen ist dabei das 1998 erschienene Video zu einem der wohl bekanntesten Placebosongs. Die Zuschauer warten jedoch vergebens auf eine Unterbrechung oder ein abruptes Ende des Videos durch einen Auftritt der Band. So folgt eine Minute Ernüchterung und erstmal noch’n Schluck Bier nehmen.
Wir finden Festivals ja grundsätzlich toll. Neben dem Lollapallooza, das vergangenes Wochenende stattfand, freuen wir uns nun auf das zehnte Apple Music Festival im Londoner Roundhouse. Zwischen 18.09. und 30.09.2016 gibt sich wieder ein buntes Potpourri an Künstlern die Klinke in die Hand.
Wenn man zu den Leuten gehört, die mit Destiny’s Child und eben auch Beyoncé groß geworden sind, war der vergangene Freitag ein Pflichttermin. Da besuchte die Überfrau, Mutter, Betrogene, Sexbombe oder wie man sie auch sonst noch nennt, Deutschland für zwei Konzerte. Warum eines davon (neben Düsseldorf) nun gerade in Frankfurt sein musste, weiß man nicht, aber dennoch war klar: Es würde sich lohnen. Während sich die Konzertbesucheroutfits zwischen latent geschmacklos und completely obsessed bewegten (eine Frau hatte den schwarzen Hut und die Kutte aus „Formation“ an), war die Stimmung bereits vor dem Konzert auf dem Höhepunkt. Das lag auf der einen Seite an einer Gruppe Jugendlicher, die einfach mal drauflos getwerked haben und in den Spagat gegangen sind, als gäbe es kein morgen. Auf der anderen Seite war da der „DJ“ oder wer auch immer die Musikzusammenstellung vor ihrem Auftritt zu verantworten hatte. Da war von Hiphop über Michael Jackson, Justin Bieber bis hin zu den Spice Girls alles dabei, um die Leute hochzutreiben. Somit war das Ausrasten bei den ersten Licht- und Toneffekten vorprogrammiert. Dank des immensen Basses gingen bereits die ersten Beats so dermaßen durch Mark und Bein, dass sich alle von den Sitzplätzen erhoben.
Courtney Love und die Frage: Wo ist das Handy? x Marshall Phone Launch @ Hansastudios Berlin
Posted on 11. September 2015Mit den internationalen Acts ist es ja immer so eine Sache. Man plant sich einen netten Abend mit Ablauf zusammen und natürlich schiebt sich alles immer ein klein wenig nach hinten. So mussten auch alle am vergangenen Freitag im Meistersaal der Berliner Hansastudios anwesenden Gäste auf Ms. Courtney Love warten.
Die Location war natürlich nicht zufällig gewählt. Bereits David Bowie, Iggy Pop oder auch Bands wie Snow Patrol oder R.E.M. nahmen hier bereits Songs/Alben im Laufe der Jahre auf. Musik lag hier also quasi in der Luft. In der Luft lag auch eine gewisse Spannung in Bezug auf das, was am Abend vorgestellt werden sollte. Marshall hatte nämlich angekündigt, ein Smartphone auf den Markt zu bringen „… that puts music on the main stage“, welches also Musik in den Mittelpunkt stellen soll. Gerade für Musikliebhaber und leichte Smartphone Nerds wie meine Wenigkeit also spannende News. Bis es soweit war, gab es wahlweise Wodka oder Bourbon in allen Variationen sowie das DJ-Duo „Bodybuilding“, die zusammen mit den von Marshall imposant posierten Lautsprechern für die musikalische Beschallung sorgten.
Eines suchte man, und das verwunderte dann doch, vergebens: Nirgends war das Handy präsentiert bzw. ausgestellt.
Während die Mitglieder von Brandon Flowers Band kurz nach halb neun noch gemütlich eine Fluppe auf dem Metallgerüst von Huxleys neuer Welt durchziehen, sieht es im Eingangsbereich verhältnismäßig leer aus. In der Einfahrt wollen zwei Männer ihre Karten loswerden. Eigentlich kein gutes Zeichen. Und als man die Location betritt, ist ebenfalls kein Andrang zu sehen, geschweige denn ein lautes Murmeln von Menschengruppen zu hören, die bereits den Raum füllen. Dann, angekommen im Bühnenraum, sieht man den Grund. Es ist verhältnismäßig leer. Liegt es an der neuen Platte, die ja auch gern mal als „Schlagerplatte“ bezeichnet wird? An seiner Überheblichkeit („Die Killers sind wahrscheinlich eine der besten Bands seit langem“) oder hat man ihn irgendwo zwischen Killers und seinen Solopfaden vergessen?
Zehn vor Acht, unmittelbar vor Beginn des Konzertes, stehen die Besucher noch verhältnismäßig lange am Bratwurststand vor der Neuen Nationalgalerie. Ob sich rumgesprochen hat, dass man auch sehr weit hinten am Eingang noch gut sieht? Dort reicht man 3D Brillen im schicken Pappschuber. Die Brillen selbst, unisex und ebenfalls aus Pappe gefertigt, könnte man fast als retro bezeichnen. Dieses Wort ist aber mittlerweile schon eine Beleidigung und vor allem für Kraftwerk vollkommen deplatziert. An bereits sechs Abenden zuvor erfreuten die Pioniere des Elektropop in der konstant ausverkauften Neuen Nationalgalerie in Berlin die Zuhörer. Am heutigen Abend wurde „The Mix“ aus dem Jahr 1991 präsentiert. Als Neuling und nicht Kraftwerk-Kenner war einem klar: So eine Möglichkeit sollte man sich nicht entgehen lassen. Das mangelnde Kraftwerk-Vorwissen, was sich bei mir zum Beispiel auf „Das Model“ und „Radioaktivität“ beschränkte, bescherte einem an diesem Abend eine Menge Aha-Momente. Erkenntnisse, welche vielen Kraftwerk-Kennern lediglich ein müdes Lächeln (oder Gähnen) abringt, ließen mich so einige Male das Handy zücken. Das taten im Übrigen auch sehr viele andere an diesem Abend und vor allem gern auch mit der 3D Brille vor der iPhone-Linse. Man möchte ja alles so authentisch wie möglich festhalten. Dann folgte auch schon der erste Aha-Moment in Form von „Computerliebe“. Vielen von euch ist vielleicht ebenfalls nicht bekannt, dass die Melodie dieses Kraftwerk-Songs für Coldplays „Talk“ aus dem Album „X&Y“ (2005) verwendet wurde. Davon mal abgesehen, dass der Inhalt des Songs aus dem Jahr 1981 erschreckend relevant ist.
(„…Ich bin allein, mal wieder ganz allein. Starr auf den Fernsehschirm, starr auf den Fernsehschirm. Hab heut Nacht nichts zu tun, hab heut Nacht nichts zu tun.
Ich brauch ein Rendez-Vous, ich brauch ein Rendez-Vous …“)
Wo damals noch der Bildschirmtext aufgerufen wurde, gibt es heute Tinder und Co. Bei „The Man Machine“ folgte dann der zweite Aha-Moment. Die Melodie kennen viele vielleicht von The Fearless Four (1982) oder wie ich von Jay-Z. Damit hätte ich den Bildungsauftrag dieses Textes weitestgehend erfüllt. Das Album „The Mix“ ist im Übrigen eine Zusammenstellung von Kraftwerk Songs die bereits auf früheren Alben veröffentlicht und für dieses Album neu arrangiert und aufgenommen wurden. Somit gab es eine große „Greatest Hits“ Selektion mit Songs wie „Das Model“, „Tour de France“, „Trans Europa Express“ oder eben „The Man Machine“. Als sich nach „Abzug“ der Vorhang schließt und der Applaus natürlich nicht endet, öffnet sich dieser erneut. Und während sich die Mensch-Maschinen scheinbar ein wenig ausruhen, sind da plötzlich diese vier Roboter. Und mit einem Mal wirkt eine Bühnenshow in einem Museum soviel beeindruckender als jede überproduzierte Bombastshow der heutigen Zeit. Dass es nicht viel Effekthascherei bedarf, um Leute zu beeindrucken und eine Atmosphäre zu erzeugen, bemerkte man allerdings schon vorher. Kraftwerk ließ in der 3D Animation zu „Spacelab“ kurzerhand ein Ufo nach der Reise durchs Weltall einfach so vor der Neuen Nationalgalerie landen. Während der Großteil jubelte, drehten sich vereinzelte Köpfe zum Ausgang dann aber schnell wieder um.