Music

Zugehört bei … Neue Meister / Crossing Borders

(Foto: BrauerPhotos / Neugebauer für Volkswagen AG; DRIVE. Volkswagen Group Forum )

Klassik der Zukunft: Letzte Woche durfte ich einen ganz besonderen Abend in Berlin verbringen, bislang fehlte jedoch die Zeit, über das spannende Projekt an der Friedrichstraße zu berichten. Endlich habe ich ein paar ruhige Minuten gefunden, um näher darauf einzugehen: Das Deutsche Kammerorchester (DKO) Berlin hat gemeinsam mit dem DRIVE. Volkswagen Group Forum und dem Label Neue Meister von Berlin Classics zum Konzert der etwas anderen Art geladen. Erst einmal jede Menge Namen, ungewöhnliche Namen für ein Online-Magazin unserer Art (beim Thema Musik sonst bitte immer unserem Profi Jan folgen).

Das DKO wird dem ein oder anderen Berliner bestimmt ein Begriff sein, so durfte ich bereits ein, zwei Mal Konzerten des Orchesters beiwohnen. Falls nicht bekannt: Unbedingt empfehlenswert, gerade für Leute mit Kammermusikvorliebe! DRIVE.? Hatte ich bislang nicht so wirklich auf dem Schirm! Klar, man flitzt immer wieder an den Räumlichkeiten Ecke Unter den Linden/ Friedrichstraße vorbei. Normalerweise verbinde ich den Ort jedoch nur mit teuren bis sehr teuren Autos und jeder Menge fotohungriger Touristen. In meinem Fall wird der direkte Ladennachbar vom Volkswagen Group Forum eher frequentiert, die COS-Filiale. Dass nebenan, im modernen Glaspalast (der Kommunikationsplattform des Konzerns) auch Konzerte und Kulturveranstaltungen stattfinden, wusste ich bislang nicht.
Neue Meister II "Crossing Borders" des Deutschen Kammerorchester im DRIVE. Volkswagen Group Forum in Berlin am 20.06.2016
Foto: BrauerPhotos / Neugebauer für Volkswagen AG; DRIVE. Volkswagen Group Forum

Jetzt aber genug Ortsanalyse, wende ich mich lieber dem eigentlichen Event zu: Die Konzertreihe „NEUE MEISTER“ bietet der Komponisten-Generation von heute eine Plattform und unterstützt deren moderne musikalische Ansätze und Herangehensweisen. Diese müssen nicht zwingend der Norm entsprechen – ehemals hierarchiegeprägte Abgrenzungen zwischen klassischer Orchestermusik, Popmusik und experimenteller Kunst werden im wahrsten Sinne des Wortes „spielerisch“ infrage gestellt. Musikalische Einflüsse aus unterschiedlichsten Kulturen und Traditionen finden zueinander, „Crossing Borders“ heißt das Thema des Abends. Künstlerische Extravaganzen im positiven Sinne und auf höchstem Niveau!

Meine Mutter, Berufsmusikern durch und durch, war doch etwas neidisch, als ich ihr von der kurzfristigen Einladung berichtete. Von ihr habe ich dann erfahren, dass es die jetzige, junge Komponisten-Generation gar nicht mal so leicht hat. Wer könne heute einen lebenden Komponisten benennen, während Beethoven, Bach oder Mozart aus dem Effeff runtergebetet und gehuldigt werden. Ähnliche Worte fand auch Cornelia Schneider, Leiterin des DRIVE. VOLKSWAGEN Group Forums. Zudem lässt sie es sich in der Publikumsbegrüßung am Konzertabend nicht nehmen, näher auf das Projekt einzugehen:
Neue Meister II "Crossing Borders" des Deutschen Kammerorchester im DRIVE. Volkswagen Group Forum in Berlin am 20.06.2016
Foto: BrauerPhotos / Neugebauer für Volkswagen AG; DRIVE. Volkswagen Group Forum

„Wir freuen uns, gerade diesen jungen Musikern und Komponisten einen adäquaten Rahmen zu geben. Das zweite Konzert soll die gesellschaftlichen und kulturellen Aspekte für unsere Gäste erlebbar machen, sucht dabei auch den Austausch mit den Menschen. (…) Das Ziel des DRIVE ist es, mit unseren Veranstaltungen als Kommunikationsplattform des Volkswagen Konzerns den gesellschaftlichen Diskurs zu führen.“ Ich bin etwas aufgeregt, als der Saal abgedunkelt wird und das Orchester die Bühne betritt. Warum? Weil ich endlich mal Kompositionen von Sven Helbig live hören kann und zudem jede Menge weitere vielversprechende Komponisten kennenlernen darf:

Matthew Herbert, Christian Jost, Fazil Say oder Gilad Hochman – teilweise bekommen wir exklusiv Uraufführungen von ihnen zu hören. Das Publikum bedankt sich mit anhaltendem Applaus bei den Musikern, auch und immer wieder zwischendurch. Bereits angesprochen und absolutes Highlight des Abends: Die Musik von Sven Helbig. Der Komponist und Produzent arrangiert Musik für Rammstein oder die Pet Shop Boys und sorgt aktuell mit seiner „Pocket Symphonies Electronica“ für Aufsehen in der Musikwelt. Darin verbindet er Elemente unterschiedlicher Strömungen der europäischen Musik, bei „Crossing Borders“ wurden sie in dieser Form nun zum ersten Mal live aufgeführt.

Neue Meister II "Crossing Borders" des Deutschen Kammerorchester im DRIVE. Volkswagen Group Forum in Berlin am 20.06.2016 Foto: BrauerPhotos / Neugebauer fuer Volkswagen AG
Foto: BrauerPhotos / Neugebauer für Volkswagen AG; DRIVE. Volkswagen Group Forum

Leider muss ich das Konzert schon vor dem finalen Applaus verlassen, der letzte Zug Richtung Hamburg ruft. Beim Rausgehen mit meiner charmanten Begleitung Henrike kann ich ein Raunen bei einem älteren Ehepaar Kategorie „konservatives Klassikpublikum“ ausmachen. Ich nehme Gesprächsfetzen auf, in denen sie sich regelrecht über diese neue Form der Musik echauffieren und das Wort „kultiviert“ negativ behaftet fallen lassen. Es juckt mich in den Fingern rüberzugehen und ihnen einen Artikel aus der ZEIT zu empfehlen: Ein Interview von 2010 mit dem Dirigent und Komponist Pierre Boulez. Eine seiner Thesen, die mir in Erinnerung geblieben sind? „Wer moderne Musik ablehnt, ist unkultiviert“! Ich lasse den Vorfall unkommentiert und freue mich auf das nächste „NEUE MEISTER“-Konzert…

Habt ihr schon einmal etwas von dem Projekt gehört? Ich freue mich über Euer Feedback und wünsche bis dahin eine schöne Zeit!