(Bild: Courtesy of Prada)
„You have to put more of yourself out there“ war das Motto von Miuccia Pradas Herbst/Winter-Damenkollektion, die Ende Februar im Rahmen der Mailänder Fashion Week gezeigt wurde. Zwar knüpfen die Entwürfe an das „Wanderlust“-Thema und an die Intellektuellenbewegungen der Endsechziger und siebziger Jahre an, die die Inspirationen für die Männerkollektion lieferten, allerdings fällt bei den Frauen alles etwas eleganter und urbaner aus. Das ist genau das, was den doppelten Reiz dieser äußerst gelungenen Prada-Saison ausmacht. Eine der beeindruckendsten Schauen in Mailand mit spektakulärem Tiefgang.
Miuccia Prada setzt schon mit der jetzt im Handel befindlichen Frühjahr/Sommer- und auch der Männerkollektion das Zeichen, dass sie wieder ganz bei sich und dem Markenkern angekommen ist. Ob Materialmix, Musterkombinationen oder die Mischung aus grafischen Schnitten und Retro-Anklängen der Sechziger und Siebziger – immer mit dem Seitenblick auf technische Materialien und der Sportswear entliehenen Athleisure Einflüssen: Pradas Designsprache ist beispiellos eigenständig …
Bilder: Courtesy of Prada
Der Grundsatz, mehr der inneren Weiblichkeit preis zu geben, erscheint auf allen Looks wie Fragmente, die zufällig diese überziehen oder zufällig darauf projizierte sind. So gibt es Federsäume an Wollröcken, Nieten, die auf Wildleder appliziert sind, oder Tapisseriemuster, die partiell Mäntel und Jacken zieren. Klassische Materialien, die oft in der Männermode eingesetzt werden, wie britischer Houndstooth und Tweed, Mohair und Wollserge werden gegen zarten Satin und Stäbchenstickereien mit Kristallen und Garçonne-Kleider gesetzt. Lederjacken bekommen durch Tweed an den Fronten und an den Ärmeln einen weichen Touch. Die zwanziger und dreißiger Jahre spielen sich in modernisierter Form überall in den Vordergrund – sicherlich nicht zufällig, denn genau in diese Zeit fällt die erste Emanzipationswelle der Frauen und die Übernahme von Attributen der Herrenbekleidung in die weibliche Garderobe. Auch bei der Prada-Frau spielt Cord und Moleskin eine große Rolle, genau wie in der Herrenlinie. Die warmen Herbst- und Gewürzfarben, gepaart mit Curry, Petrol und warmen Grünnuancen von Absinth- bis Waldgrün gefallen sofort.
Bilder: Courtesy of Prada
Ein Highlight waren die Fellpantoletten mit Perlen- und Juwelen-Applikationen, dazu „Mary Janes“ mit breiten Straps und großen Bakelitknöpfen im Pumpsformat oder Sandaletten aus Satin mit großen Applikationen, Stiefel, die mit allerlei Schnallen verspielt aber nicht streng wirken. Was gerade und grafisch konzipiert ist, wird durch Femininität gebrochen oder mit einem Detail entschärft Das, was Weiblichkeit und Verspieltheit beinhaltet, wird von Miuccia Prada durch Geradlinigkeit oder ein rougheres Material mit Selbstbewusstsein bestärkt.
Die Balance zwischen der Zukunft, den Prada-Klassikern und Zitaten aus der Evolution der weiblichen Mode des Zwanzigsten Jahrhunderts, der tragbaren Alltagsbekleidung und Glamourcouture und „Kunstmäzenin“-Stil bravourös vereinigt.
Bilder: Courtesy of Prada
Miuccia Prada und ihr Team brauchen keine Statementshirts mit Sprüchen der Frauenbewegung, um eine emanzipierte und selbstbewusste Frauenkollektion zu entwerfen. Egal, ob Muster- oder Materialmix oder die weiblichen Satinkleider, dreifarbigen Mohair Tri-Sets oder die geraden Mäntel – das Frauenbild steht nie für sexistische Anklänge, sondern immer für eine Frau, die selbst über sich und ihrem Körper bestimmt.
Ihre Ausstrahlung und Persönlichkeit, der fast schräge Mix und der raffinierte Ausdruck der Kleidung braucht keine sexy Attitude oder gar vordergründige Reize. Besonders augenfällig in dieser Saison sind die Farben und die Details, die sich vor lauter Handwerk, Vielfalt und Verarbeitung häufig erst beim zweiten oder dritten Blick fast als Kunstwerk darstellen. Nähte in Kontrastfarben, Wollstickereien, grafische Muster, Patches oder mit Fell bezogene Gürtel – nur ein paar Beispiele, die unverhofft immer wieder aufblitzen.
Bilder: Courtesy of Prada
Eine Ode an eine Frau, die intelligent und belesen, kulturinteressiert völlig bei sich selbst ist und genau ihren eigenen Stil kennt. Kein Teil schreit „Ich bin Trend!“ oder strahlt aus, dass es „hip“ sein will. Jedes Teil ist wie ein Mosaikstein der sich nicht beweisen muss, sondern eine Zeitlosigkeit besitzt, die man auch mit Items aus den letzten Dekaden von Prada mischen kann und deren Verfallsdatum, trotz oft plakativem Charakter, auf geheimnisvolle Weise nie endet. Eine Eigenschaft, die davon herrührt, dass Prada nie wirklich in allgemeingültige Schubladen einzuordnen war und ist und immer für eine eigene Designhandschrift steht. Was bei anderen Labels in der Stilistik lächerlich oder gar gewollt erscheinen würde, geht bei Miuccia Prada glatt durch. Ein Beweis für eine über Jahrzehnte entwickelte Identität, die strikt und stringent niemals verlassen wurde und die schon immer das künstlerische Experiment perfekt mit dem gewohnten und tragbaren Element perfekt zu verbinden verstand.
Bilder: Courtesy of Prada
Miuccia Prada beweist, obwohl sie tief in der italienischen und Mailänder Kultur und der Contemporary Art verwurzelt ist und sie liefert den Beleg, dass intellektuelle Sichtweisen, die, weit ab von Mainstream, das Salz in der Suppe der Mode sind. Ähnlich wie die später entstandene Linie Miu Miu oder die Labels Marni oder Céline stehen sie eher für den Konstruktivismus und den Blick in eine abstrakt-logische Mode Auffassung, die zwar nicht massentauglich wirkt, aber durch ihre Intelligenz den oberflächlichen Ruf der Mode mit einer beeindruckenden Tiefsinnigkeit widerlegt.
Bilder: Courtesy of Prada
Das Set und Dekor der Schau, das wieder gemeinsam vom Design- und Architekturbüro AMO und Prada erdacht und konzipiert wurde, zeigt wie auch in der Herrenschau, die Rückkehr zum Realismus wurde aber weiterentwickelt und erzählt seine Geschichte fort.
Betten, flache Bücherregale und abgerundete Wände, die die Sitzgelegenheiten von Fachpublikum und Presse bilden. Dabei setzte es einen scharfen Kontrast zwischen der kargen Industriearchitektur der Halle und den typischen italienischen Wohnmaterialien wie Terrazzo, Holz und Majolikafliesen, die den Dekor der einzelnen Sektionen bildeten – diesmal jedoch mit Decken, Kissen, Bettbezügen und Accessoires der verschiedensten Herkünfte, Materialien und Stilistiken aus individuellen Lebenswelten. Dazu intime Collagen an den Wänden mit Inspirationen und Zitaten aus den Leben von Frauen und das Statement von Miuccia Prada, das den Bogen der Kollektion wie ein Bekenntnis spannt.
Bild: Courtesy of Prada
Wenn Mode zum Hochgenuss und zur Reise im Kopf wird – Prada bildete einen der eindrucksvollsten Höhepunkte der Mailänder Modewoche mit einer beeindruckenden authentischen Kollektion einer der kontinuierlich besten Designerinnen der Branche.
Die Woche auf Horstson – 11/2017 | Horstson
19. März 2017 at 22:07[…] emanzipierte und selbstbewusste Frauenkollektion zu entwerfen. Zur Kollektionsbesprechung geht es hier entlang. 4) Sony lud ein, Plätze in Rom aufzusuchen, die ordentlich von Lärm beschallt […]