Ausstellung

Patrick Kelly Retrospektive in Philadelphia – The Big Smile of Fashion

Photograph of Patrick Kelly by Oliviero Toscani

Modeausstellungen und Designer-Retrospektiven ziehen wie die Besucher wie Magnete auch in die Museen, die sonst eher um Besucher kämpfen müssen. Das liegt aber auch daran, dass solche Ausstellungen oft superschön gemacht sind und auch ein bisschen die Geschichte unseres Alltags erzählen oder die Kleidung zeigen, die wir einmal getragen haben oder vielleicht gern getragen hätten …
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Woman’s Ensemble: Bra Top and Banana Skirt, Fall/Winter 1986. Designed by Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Plastic, metal, rubber, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art

Zurzeit fasziniert in Paris Dries van Noten mit einer opulenten Werks- und Inspirationsschau und der „Mythos Chanel“ hat dem Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe einen fulminanten Frühling beschert. Doch Modeausstellungen, wie sie Diana Vreeland etablierte, hatten früher nichts in Museen zu suchen. Die Ex-Bazaar und Vogue Chefin etablierte jedoch die Tradition von großen Ausstellungen im New Yorker Metropolitan Museum, die ausschließlich Designern und deren Werk im Fokus hatten. Balenciaga machte den Anfang und 1983 gab es die erste Schau, die einem lebenden Designer gewidmet war – Yves Saint Laurent. Es folgten „Das zaristische Russland“ und etwas später dann Vreelands große „Hollywood“ Retrospektive.
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Links: Dress, Hat, and Shoes, Fall/Winter 1989, Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Dress: Wool and spandex knit, plastic. Hat: Wire, nylon velvet. Shoes: Leather, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art
Rechts: Jacket, Skirt, Cape, Belt, and Cap, Fall/Winter 1989, Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990, Jacket: Fulled wool, plastic, Skirt: Wool and acrylic fulled wool, Cape: Fulled wool. Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art

Seitdem gehören Modeausstellungen zum festen Bestandteil der renommiertesten Museen der Welt und von David Bowies Bühnenkostümen bis zu Azzedine Alaïas Lebenswerk wirken fast alle wie Besuchermagnete. Gezielt werden von den großen Luxuskonzernen Sponsorings an die Museen angeboten oder ganze Schauen konzipiert, um Marke und Mythos zu verstärken. Die Cartier Schau im Grand Palais zog zur letzten Jahreswende doppelt so viele Besucher an wie erwartet und in China ist man flächendeckend durch die „Culture Chanel“ Ausstellung über Mademoiselles Ikonen informiert.
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Links: Jacket, Skirt, Headband, Gloves, and Lapel Pins, Fall/Winter 1988, Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Jacket, Skirt, and Headband: Wool and acrylic plain weave with supplementary warp and weft, plastic, Gloves: Wool and spandex knit, plastic. Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art
Rechts: Spring/Summer 1985. Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Cotton and acrylic knit. Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art

Die Ausstellung, die vom 27.April 2014 bis zum 30.November 2014 im Philadelphia Museum of Art in Philadelphia stattfindet, ist für mich nicht nur eine weitere zauberhaft gemachte Ausstellung. Es ist mir eine ganz besondere Herzensangelegenheit, Euch die Ausstellung vorzustellen, denn sie ist dem Mann gewidmet, der, obwohl nur kurz vom Anfang der achtziger Jahre bis zu seinem frühen Tod durch AIDS im Jahr 1990, alles das in der Mode verkörperte, was sie abseits von Business und Planzahlen zu einer der schönsten Nebensachen der Welt macht: Patrick Kelly.
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Dress, Hat, and Shoes, Fall/Winter 1987. Designed by Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Dress and Hat: Wool and spandex knit. Shoes: Black suede, cotton embroidery, plastic, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art

„I want my clothes to make you smile“ war die Devise von Patrick Kelly und sein Stil zeichnete sich durch eine Mischung von Humor, Eleganz und Verspieltheit aus.
Ich bin ihm nur einmal begegnet, doch bis heute fasziniert mich sein unvergessenes Werk und es waren unglaublich fröhliche und prägnante Kollektionen, die er präsentierte und die ihn innerhalb von kürzester Zeit, besonders in Amerika, zum Shootingstar machten. Bette Davis, Grace Jones, Iman – alle trugen seine Kreationen und Bergdorf Goodman, Saks Fifth Avenue und alle bedeutenden Department Stores eröffneten in Windeseile Corner für ihn. Mit seinen großen rollenden Augen, der übergroßen Latzhose und dem Paris-Käppi durchbrach er das langläufige Klischee eines Pariser Couturiers und war der erste Schwarze, der je von der Chambre Syndicale du Prêt-à-Porter aufgenommen wurde.
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Trenchcoat and Belt, Spring/Summer 1989. Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990, Printed cotton plain weave, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art 

Als Kind aufgewachsen am Mississippi in der Provinz Amerikas, hatte ihm seine Oma aus dem Haushalt, in dem sie als Angestellte arbeitete, alte Vogues und Harper’s Bazaars mitgebracht. Patrick liebte die Welt, die sich ihm darin auftat … Es war sein Fenster zur Welt und er wusste, dass er ein Teil dieser Welt werden möchte. Er verehrte Josephine Baker und bewunderte den Stil von Coco Chanel und Elsa Schiaparelli. Die Farben lernte er durch Saint Laurent sehen. In der Rive Gauche Boutique bot er sich ohne Bezahlung als Schaufensterdekorateur an, nur um mit den Sachen, die ihn so in ihren Bann zogen, arbeiten zu dürfen …
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Jumpsuit and Apron, Fall/Winter 1987. Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Jumpsuit: Wool and acrylic knit, Apron: Cotton twill denim, metal. Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art

Das alles beschreibt genau, warum die Ausstellung in Philadelphia „Runway of Love“ heißt. Dilys Blum, die Kuratorin der Ausstellung, hat gemeinsam mit dem Lebens- und Geschäftspartner von Patrick, Bjorn Guil Amelan, mehr als 80 Outfits, von denen noch heute jedes tragbar wäre, zusammengestellt. Videos seiner überschäumenden Fashion Shows, Teile aus seiner „Black Memorablia Sammlung“ sowie Fotos von Horst P. Horst, Pierre et Gilles und seinem Lieblingsfotografen, Oliviero Toscani, runden seine Welt ab.
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Links: Woman’s Ensemble: Coat and Dress, Fall/Winter 1986. Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990, Coat: Printed rayon twill, Dress: Wool and spandex knit, plastic buttons, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones; Photograph: Philadelphia Museum of Art
Mitte: Woman’s Dress, Fall/Winter 1986, Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990. Wool and spandex knit, plastic, Promised gift of Bjorn Guil Amelan and Bill T. Jones
Rechts: Woman’s Dress and Gloves, Fall/Winter 1988, Patrick Kelly, American (active Paris), c. 1954 – 1990, Dress: Wool knit, acetate faille, cotton embroidery, Promised gift; Photograph: Philadelphia Museum of Art

Von seinen ersten Kleider, die von der französischen Elle entdeckt und gefeaturt wurden, bis zu seinen gefeierten Mona Lisa Entwürfen ist alles vertreten, was den typischen Stil von Patrick Kelly ausmachte. Seine Kreativität wurden aus den afrikanisch-amerikanischen Südstaaten Wurzeln gebildet, gepaart mit dem Wissen der Mode- und Kunstgeschichte und gewürzt mit Clubbing und Gay Culture Strömungen der frühen Achtziger in Paris und New York. Wie er durch seine Freundin Pat Cleveland nach Paris kam, wird in der Ausstellung detailliert erklärt (wer mehr wissen möchte, kann es in dem ausführlichen Porträt hier noch einmal nachlesen), aber natürlich auch, wie seine kurze aber brillante Karriere verlief und was seinen so unnachahmlichen Charme ausmachte.
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Spring/Summer 1989 Collection, Photograph by Oliviero Toscani

Patrick Kelly war derjenige, der die sogenannte „Fun Couture“ begründete und sicherlich der Mensch auf der Welt, der am meisten bunte große Plastikknöpfe und Würfel liebte. Er ist unvergessen und sein Lächeln hat einen ganz festen Platz im Olymp der Modegeschichte. Auch deshalb ist es jetzt besonders schön, dass diese Ausstellung sein Werk und vor allem den Kern der Mode so opulent darstellt. Die besten Modekollektionen, die heute hervorgebracht werden, basieren noch heute auf den zwei Ur-Inspirationen von Patrick Kelly – der Liebe zum Metier und dem Humor, mit dem man alles spielerisch sehen sollte …
Love List Patrick kelly Horstson

Was Kelly liebte, hat er in einer Liste festgehalten, die heute noch so gültig ist, wie am Tag ihrer Entstehung: die Love List.
Mein Verständnis für Mode hat er tief geprägt und ich wünsche mir, dass viele Menschen der nachfolgenden Generation diese Ausstellung sehen, um vielleicht auch die Mode durch das Fenster, das Patrick Kelly für uns öffnete, zu entdecken. Auf meiner Love List hat er einen ewigen Platz und auf dem Runway of Love klafft bis heute eine große Lücke …

„Patrick Kelly: Runway of Love“
Philadelphia Museum of Art
2600 Benjamin Franklin Parkway
Philadelphia

Die Ausstellung läuft noch bis zum 30.November 2014

  • FAIRY TALE magazine
    28. April 2014 at 10:47

    TOLLER ARTIKEL!

    Da möchte ich gerne auf das Interview hinweisen, das Du für unser Magazin über Patrick Kelly gemacht hast.
    Lange fand man nichts über ihn und meine Recherche zu Kelly war viele Jahre sehr mühsam.
    Es wurde Zeit, dass man ihn wieder entdeckt hat. Viel zu lange war er verborgen geblieben!
    In unserer kommenden Ausgabe gibt es sogar eine „Mini-Hommage“ an Kelly.
    🙂

  • monsieur_didier
    28. April 2014 at 11:06

    …ach Peter, wie toll…!
    Es stimmt, lange Zeit fand man nirgendwo etwas über Patrick Kelly…
    er verschwand einfach im Mode-Nirvana…
    um so schöner ist es, dass er in letzter Zeit wiederentdeckt wird…

    ich habe ihn damals geliebt, habe jeden Artikel und jeden Schnippsel über ihn förmlich inhaliert…
    seine Mode war meist nicht meins, das war mir oft zu plakativ und zu bunt, aber eben sehr 80er…
    ich liebte ihn für seine Art, für seinen Humor, seine sichtweise auf die Welt…
    er hatte etwas sehr warmherziges, fröhliches, optimistisches…
    seine Manie mit den schwarzen Puppen fand ich großartig, seine Kollektionen waren die reinsten Happenings…
    sehr sehr schade, dass er seinen Weg nicht weitergehen konnte und von der Bühne verschwand…

    DANKE, lieber Peter für diesen wundervollen Artikel…!

  • J
    28. April 2014 at 14:19

    Das Verhältnis von Deutschland zur Mode wird wieder deutlich

  • Daisydora
    28. April 2014 at 16:20

    Ein sehr schöner Bericht und sicher eine wunderbare Ausstellung … 🙂

    Ich würde sonst etwas darum geben, das Ensemble mit dem Ziegelmauerdessin und dem Denimrock zu besitzen, das Bill T. Jones gehört … und ich erinnere mich so gerne an diese kreative Zeit, in der Keith Haring das Bühnenbild und das Poster für Secret Pastures von Bill T. Jones und Arnie Zane gemacht hat und Patrick Kelly mit im Publikum saß …

  • Horst
    28. April 2014 at 21:11

    So eine Love Lis ist schon was dolles. Meine würde komplett anderes aussehen … 🙂
    Tolle Ausstellung, leider nicht in D. Die Bilder find ich aber auch schon super!!

  • Blick in andere Blogs | Fashion Insider Magazin
    2. Mai 2014 at 14:19

    […] wir noch kurz bei den Modeausstellungen: „Horstson“ berichtet über eine im Philadelphia Museum of Art, die sich dem leider viel zu früh verstorbenen […]