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Peter’s Cutting – Cartiers große Juwelenschau

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Cartier in der Rue de la Paix; Bild: Cartier

Als Louis-François Cartier 1847 Adolphe Picards Werkstatt in der Rue Montorgueil in Paris übernahm, war er einer von vielen Juwelieren in der schon damals Luxusgüter produzierenden Stadt. Was er damals aber noch nicht ahnen konnte, war, dass sein Haus schnell zum Synonym für die schönsten und besten Steine, das beste Design und zu dem Juwelier mit dem größten Weltruhm schlechthin werden sollte.
Cartier begründete mit einem unglaublich guten Riecher das, was für internationale Mode und Luxuskonzerne heute selbstverständlich ist: Niederlassungen in London und New York, alles unter der künstlerischen Leitung des Hauses, aber mit teilweise eigenen Kollektionen, die genau auf die Bedürfnisse der Klienten eingingen. Amerikanerinnen waren verrückt nach den Cartiers Juwelen und noch heute werden gerade in Amerika unglaubliche Schmuckstücke für das Cartier-Archiv zurückgekauft. Denn auch heute stellt Cartier in seinen Ateliers nicht nur neue Schmuckstücke her, sondern erwirbt auch immer wieder spektakulärere Stücke, um die Handwerkstechniken zu rekonstruieren oder Belegstücke für ihre Geschichte zu haben.
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Die Designerin Jeanne Toussaint; Bild: Cartier

Egal ob im legendären Firmensitz, in der Pariser Rue de la Paix, gleich beim Place Vendôme, oder in London oder New York, die Berühmtheiten ihrer Zeit geben sich seit jeher bei Cartier die Klinke in die Hand.
Sagenhaft sind die Kreationen für die indischen Maharadschas am Beginn des 20. Jahrhunderts, die ganze Kronjuwelen umfassen und neu anfertigen ließen. Die Königshäuser Europas beauftragten geschlossen Cartier und lieferten häufig Steine aus den Erbschätzen ein, die mit dem Pariser Chic dann auf den neuesten Stand der Mode gebracht wurden, denn Cartier kreierte stets eigene, was sie von fast allen anderen Häusern unterschied.
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Bild: Cartier

Vom 4. Dezember 2013 bis zum 16. Februar 2014 wird jetzt die größte jemals gezeigte Ausstellung, die ausschließlich aus Cartiers eigenen roten und weltbekannten Schatullen präsentiert wird, im Pariser Grand Palais gezeigt. Allein die Bewachung stellt für Cartier schon eine wahnsinnige Herausforderung dar, denn es ist, als wenn man die Kronjuwelen von England ausstellt. Unglaubliche Stücke werden erstmals, oder seit langer Zeit das erste Mal wieder für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht und bilden gleichzeitig eine spannende Reise durch die Stilistik Cartiers‘ von der Gründung bis heute.
Der Sohn des Firmengründers, Alfred Cartier, schaffte es zusammen mit seinem Spross Louis, aus Cartier die berühmteste Schmuckfirma der Welt zu machen – Louis legte den Grundstein für revolutionäres Schmuckdesign und Alfred erlangte den Durchbruch mit völlig neuartigen Vertriebssystemen und Expansionen (er reiste an den russischen Zarenhof und fand, dass die Kunden nicht zu ihm, sondern er zu den Kunden gehen musste, um maßgeschneiderte Produkte zu kreieren).
Die erste Uhr aus dem Hause Cartier hatte dann Louis konstruiert: Für seinen Freund, den südamerikanischen Luftfahrer Alberto Santos Dumont, entwarf er 1904 einen legendären Zeitmesser: die Santos. Andere Uhren von Cartier Uhren, wie die die Tonneau oder die Tank, wurden ebenso zu Uhrenklassikern und sind bis heute erhältlich.
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Links: „Tutti Frutti“ Collier für Daisy Fellowes,1936, Bild: Cartier; rechts: Krokodil Kette von Cartier; Bild: Cartier
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Links: Trinity Ring, Foto: M. Feinberg © Cartier; rechts: Armreif von Cartier; Bild: Cartier

Alfred und Louis führten das Haus Cartier in die Moderne und legten die Grundsteine für das heutige Weltunternehmen. Neben ihrer wirtschaftlichen Professionalität erkannten sie aber auch, dass sich mit der schnellen Entwicklung und der rasanten Veränderung der Welt die Stilistik von Schmuck und Klienten ändern mussten. Neben den großen Aufträgen aus Indien lösten Filmstars und andere Berühmtheiten, die als Kunden wegbrechenden Königshäuser ab. Amerikas Millionäre trugen die neuen modernen Schöpfungen aus dem Hause Cartier, wie die Stars aus Hollywood. Für die US-amerikanische Schauspielerin Gloria Swanson kreierte das Haus sensationelle flexible Diamantarmreifen und allerlei Geschmeide im damals revolutionären Stil des Art déco, den Cartier früh für seine Kollektionen entdeckte und maßgebend prägte. Vorher waren alle Schmuckfanatiker ihrem „Girlandenstil“ gefolgt und in den zwanziger Jahren, ausgelöst durch die Auffindung des Grabes von Tutanchamun durch den Engländer Howard Carter, dem ägyptischen Stil.
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Der Herzog und die Herzogin von Windsor 1940 in Hamilton auf den Bermudas. Die Herzogin trägt die Brosche „Broche Flamant“, von Cartier; Bild: Cartier

Cartier erfand sich immer wieder neu und setzte die Trends, folgte ihnen aber nie. Besonders eine Frau, die Louis Cartier einstellte, sollte sich als die Schmuckdesignerin per se herausstellen. Jeanne Toussaint verantwortete ab 1933 als künstlerische Leiterin und Designerin die Stücke des Hauses Cartier, die jedes Frauenherz höher schlagen ließen und Cartier zum Mekka der Familie Windsor, Greta Garbo oder später auch Elisabeth Taylor machten – die Schmuckstücke in Form eines Panthers oder eines Flamingos, hergestellt für Wallis Simpson oder Barbara Hutton, sind bis heute legendär.
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Originalskizze der „Broche Flamant designt von Jeanne Toussaint für Cartier im Jahr 1940. Diese Brosche wurde für die Herzogin von Windsor gefertigt; Bild: Cartier

Neben der „Haute Joaillerie“ hat Cartier aber auch andere unschlagbare Klassiker geschaffen. Jean Cocteaus Trinity Ring ist einer der Bestseller des Hauses, die Love Bracelets und die Clou Armreifen möchten Frauen wie Männer weltweit tragen.

Die Ausstellung im Grand Palais ist wohl die tollste Schatzhöhle, wie sie sich Ali Baba nicht hätte schöner vorstellen können … Die Reise durch Cartiers Geschichte wird jedem Besucher sicher mehr als ein Funkeln in die Augen treiben – es ist eine der schönsten und wichtigsten Ausstellungen des Jahres und man sollte sie möglichst nicht verpassen. Doch eine Gefahr birgt der Besuch im Grand Palais: danach möchte man sofort in die Rue de la Paix und den halben Laden leer kaufen – deshalb lass ich meine Kreditkarte lieber direkt vor dem Eingang zerschneiden – es wäre zu gefährlich …

Cartier – Le style et l’histoire
Eine Ausstellung, kuratiert von Laurent Salomé und seiner Assistentin Laure Dalon.
04.12 2013 bis 16. Februar 2014
Grand Palais Paris

  • Siegmar
    9. Dezember 2013 at 10:18

    was für ein toller Artikel. Ich liebe die Trinity-Ringe.
    🙂

  • Horst
    9. Dezember 2013 at 17:43

    Die Trinity Ringe, das Love Bracelet und der „Nagel“ sind meine Favoriten 😀
    Irgendwann….

  • monsieur_didier
    9. Dezember 2013 at 19:03

    …wie gewohnt und erhofft einer Deiner wunderbaren Artikel, lieber Peter…
    diese Schau würde ich für mein Leben gerne sehen…!

    Im Gegensatz zu den meisten schätze ich allerdings den Herzog und die Herzogin von Windsor nicht besonders…
    ich fand früher, bevor ich viele Details ihrer Beziehung und der einzelnen Menschen wußte, die beiden und besonders ihn sehr toll und die Inbegriffe von Stil, aber aber im Laufe der Zeit kühlte meine Begeisterung für die beiden kontinuierlich ab…
    was mich allerdings sehr berührte war, wie die Herzogin von ihm Abschied nahm und die königliche Familie sie zumindest stückweit integrierte…
    sehr traurig und berührend, wie einsam und verlassen sie ihre letzten Jahre verbrachte…
    all das Geld, all der Besitz und all die illustren Freunde (die früher an ihrer Seite waren) halfen ihr nicht über ihre Einsamkeit hinweg…
    (das hat aber nur ganz am Rande mit der Geschichte von Cartier zu tun)…

  • Kat
    10. Dezember 2013 at 11:48

    Cartier ist mein All Time Favorite wenn es um Schmuck geht. Klasse Artikel btw

  • Daisydora
    10. Dezember 2013 at 12:45

    Der Bericht ist wieder umwerfend gut, lieber Peter … und ich frage mich, wie Du das machst, diese tollen Fotos zu bekommen 🙂 … und bei Tutti Frutti für Daisy Fellowes könnte man als Schmuckmuffel schwach werden …

  • Die Woche auf Horstson | Horstson
    15. Dezember 2013 at 12:13

    […] Pringle. 2) … die DVD “Frühstück bei Tiffany“. 3) … Schmuck von Cartier. 4) … einen Sheriffstern von Chanel. 5) … eine Jacke von Moncler. Vielen […]