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Im winterlichen Paris, mitten in den Tuilerien, zeigte Raf Simons seine zweite Haute Couture Kollektion für Christian Dior. 400 Meter Teppich führten die Besucher vom Eingang des Parks zu einem intimen Pavillon, der von außen vermeintlich klein, innen aber Großartiges offenbarte. Eine Parklandschaft mit Bosquetten und Kieswegen – ganz wie ein frisch ergrünter Frühlingspark. Die 44 Modelle, die diesmal gezeigt wurden, zeigten deutlich, worum es Raf Simons geht:
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Es geht um Kleider, um Dior und um Stickereien – der Veredelungstechnik, die durch ihre vielen 1000 Stunden Handarbeit häufig Haute Couture von Prêt-à-porter unterscheidet. Schaut man sich die tatsächlichen Kunden an, die ja auch zu diesen Defilees geladen sind, weiß man schnell, dass die Dior Kundin nach Weiblichkeit verlangt, denn eben das ist das tragende Element des Dior Stils. Schon Haus Begründer Christian Dior entnahm gerne seine Inspirationen den Blumen und Blütenkelchen seines elterlichen Gartens in Granville, wo er in großbürgerlichem Milieu aufwuchs. Seine Ikone war das Maiglöckchen – noch heute der Hausduft und die Blume von Dior.
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Was läge also näher, als die Frauen als Blüten in einem Garten zu zeigen. Das Make-up gleicht den steinernen Figuren, die die Parkalleen in französischen Gärten säumen und die Haare liegen kurz und eng am Kopf an – fast wie bei steinernen Putti. Zurückhaltend und nicht von den Kleidern ablenkend wirken die Gesichter so, dass sich der Blick unmittelbar auf die gezeigten Kleider fokussiert. Und dann folgt die Farbigkeit des 21.Jahrhunderts, Neonfarben statt pudrige Töne, dazu Gelb, Schwarz und Elfenbein. Sehr gekonnte Farbkontraste – wie die Kombination von Terrakotta und Hellblau – wirken raffiniert verführerisch.
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Bei der Klarheit und Modernität der auf den ersten Blick wie Prêt-à-porter wirkenden Ensembles der ersten Durchgänge wird beim näherem Hinschauen das Raffinement der Schnitte und die versteckten Couture Details klar. Bestickte Chiffon-Stulpen zu schmal geschnittener Hose und Faille Seiden Top. Blüten-Corsage mit drapierten Trägern wirken auf den ersten Blick simpel, sind aber speziell.
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Raf Simons zitiert gerne Dior’s große Nachkriegskollektionen, in denen die „Grace Kelly Frau“ kreiert wurde. So ist sein hellblaues Cocktailkleid mit Drapeé eine Hommage an die Envol Kollektion. Bei den in klassischer Stickereien, aber in poppigen Farben gehaltenen Ballonkleidern mit angeschnittenen Watteau Rücken denkt man sofort an die Kollektionen von 1954, die die amerikanische Milliardärin Mrs.Byron C.Foy gleich im Dutzend kaufte und heute im Metropolitan Museum ausgestellt sind.
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Simons überträgt die Ur-Dior Silhouetten in cleanere Optiken und vereinfacht sie in hochedlen Materialien, die erst beim zweiten Blick erkennbar sind. Es ist mehr ein versteckter Luxus und seine Lagentechnik mit transparenten Tüll oder Chiffon über leichten Faille Taft gibt dem Ganzen die Leichtigkeit von zarten Blüten.
Die Ball- und Brautkleider zum Abschluss der Schau werden sicherlich die Herzen der Klientel höher schlagen lassen, denn Brautkleider sind im Hause Dior in der Haute Couture Abteilung immer noch stark nachgefragt. Wann, wenn nicht zum vermeintlich schönsten Tag des Lebens einer Frau, soll sie sich Couture Träume wahr werden lassen …
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Insgesamt setzt Raf Simons die pure Linie seiner ersten Kollektion fort, ohne die Wurzeln des Hauses zu verlassen. Wer mit einem großen Trafalgar gerechnet hat, lag falsch in seinen Vermutungen. Er geht behutsam mit Dior um und man darf gespannt sein, wie er den Weg weiter geht – die ersten Prêt-à-porter Teile hängen jetzt in den Boutiquen und lassen viel versprechen. Ob seine Couture Blütenträume in der nächsten Saison an den Society Mädchen dieser Welt erblühen werden, wird sich in den nächsten Wochen in den Ateliers in der Avenue Montaigne erweisen.
Ich finde seinen nicht unumstrittenen Weg höchst spannend …
Volker
25. Januar 2013 at 11:47Überraschend und spannend! Für Dior sicher erfolgreich, für die eingeschworenen Galliano Fans verstörend
Monsieur_Didier
25. Januar 2013 at 19:32…unglaublich wunderschön…
ich bin sehr begeistert…
also wirklich SEHR…!
(„obwohl“ mir Galliano immer besonders gut gefallen hat…
aber ich bin einfach ein großer Bewunderer und Freund von vollendeter Handwerkskunst…!)
…dass Raf Simons ein besonders begabter und begnadeter Designer ist dachte ich gerade am Donnerstag mal wieder, als ich vor den Fenstern der Sander-Boutique auf dem Ku-Damm stand und die aktuellen Entwürfe aus der Hand von Jil Sander sah…
Horst
26. Januar 2013 at 12:55Großartig und irgendwann kommt die Zeit, wo Dior nicht mehr sofort mit Galliano in einem Atemzug genannt wird… 😀
Paul
28. Januar 2013 at 13:50Sehr schön 🙂
Und ich liebe es durch den Garten zu bummeln 🙂
Siegmar
28. Januar 2013 at 14:14ein Meister und die beste Wahl die Dior getroffen hat.
@ Monsieur_Didier
meist du die merkwürdig propotionierten Oberteile bei Jil Sander ?
Monsieur_Didier
28. Januar 2013 at 15:49…ja genau Siegmar, die merkwürdig proportionierten Oberteile und diese wahrlich GRAUENHAFTEN dreiviertel-Hosen, die sind einfach SCHLIMM…!
Raf Simons war der richtige Mann für die Weiterentwicklung der Marke Jil Sander…
ich fand ihn an diesem Platz einfach großartig, er hat die Marke weiterentwickelt und nach vorne gebracht…
jetzt wird er dieses bie Dior machen, da bin ich mir ganz sicher…
Siegmar
28. Januar 2013 at 15:59@ Monsieur_Didier
auch bin ich der Meinung, das Jil Sander sich keinen gefallen getan wieder einzusteigen, Raf Simons hat das schon großartig gemacht und macht es jetzt bei Dior, auf wie ich finde, sehr moderne Weise in der Dior-Tradition.
Horstson » Blog Archiv » Macht Haute Couture von Raf Simons schön oder sollte man dafür besser so schön wie Marion Cotillard sein?
21. Februar 2013 at 11:49[…] die Einschätzung teile, die mein Schreiberkollege Peter in seinem wunderbaren Bericht „Granvilles Blütenträume – Chrstian Dior Haute Couture Sommer 2013“ kundgetan hat. Das Video habe ich nun zirka zehn Mal angeguckt und muss gestehen, dass die […]