London eröffnet traditionell im Januar den Reigen der Schauplätze, an denen die Männerkollektionen für Herbst/Winter 2016/17 gezeigt werden. Das Schöne an London ist, dass im Gegensatz zu Paris und Mailand, allein schon durch die britische Exzentrik, neben den klassischen und kommerziellen Brands auch viele experimentellere Designer ihre Kollektionen zeigen und wirklich etwas wagen. Obwohl es wirtschaftlich immer schwerer wird, gelingt es in England durch gezielte Förderung, neue Talente zu entdecken. Nicht ohne Grund sind seit geraumer Zeit viele dieser einstigen Newcomer mittlerweile bei bedeutenden Brands in Mailand oder Paris in den Chefetagen der Designstudios.
Einen sehr großen und sehr positiven Einschnitt gab es in der jetzigen Präsentation von Christopher Bailey für Burberry. Wie das Haus bereits im Herbst verlauten lassen hat, wurden die einzelnen Linien des Traditionshauses Burberry Prorsum, Burberry Brit und Burberry zu einer Linie vereinigt. Die Idee hinter diesem Schritt war nicht zuletzt für den Kunden mehr Klarheit zu schaffen. Gleichzeitig hat Burberry den Anspruch, die Codes und den Stil von Burberry übersichtlicher präsentieren zu können. Keine Verwirrung mehr und im Design eine Linie, die dem Konsumenten und Fan des Hauses klar die Welt und die Zukunftsvision von Baileys Interpretation des größten britischen Luxuslabels zeigt.
Diese Konzentration ist fabulös gelungen, das schon mal vorab. Ohne Firlefanz oder prätentiöse Ausflüge lieferte Burberry eine Winterkollektion, die alles beinhaltet, was man gern im Kleiderschrank hätte.
Unter dem Leitsatz, der eigentlich ein englischer Hochzeitsbrauch aus der viktorianischen Zeit ist, “Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue” und heute besonders noch in Adelskreisen beliebt ist, wurde das ausgedrückt, was diese Kollektion beinhaltet. Ungeheure Liebe zum Detail und Qualität ist besonders bei der fulminanten Palette von Outerwear spürbar. Klassische Trenchcoats und Staubmäntel werden zu Track Tops und fließenden sportlichen Hosen und schlichten Sneakern kombiniert. Casual gegen rattenscharf-klassisch, fast maßgefertigt geschnittene Klassiker gesetzt. Großkarierte Ulster aus Wolle ziehen ihre Inspiration aus den Archiven von Thomas Burberry, Peacoats in Doubleface-Kaschmir und -Wolle, funktionale Dufflecoats mit Knebelverschlüssen, wie sie schon Feldmarschall Montgomery trug und der Militarymantel der Royal Horse Guards mit Goldknöpfen und Litzen – mehr klassische britische Menswear-Tradition geht nicht. Basics, für die Burberry als Synonym steht, weil sie die Teile einst kreiert haben oder die zumindest durch Burberry überhaupt außerhalb Englands bekannt wurden.
Etwas Exzentrik gibt es bei den Track Tops, die überwiegend in Marineblau, Bordeaux oder Militarygreen designt wurden. Eben diesen Touch Extravaganz, der aber immer dezent wirkt, wird vereinzelt auch bei den Track Pants durch eine irisierende Beschichtung, die fast wie Glitzerstaub wirkt, eingestreut.
Großartig sind die Flieger- und Bomberjacken, die bei Burberry oversize getragen werden. Überhaupt fällt auf, dass alles wieder fließender und zum Teil auch etwas zu groß wirken darf. Das Accessoire der Saison, die „Satchel-Bag“, die nichts mit einer Schultasche zu tun hat, sondern im Burberry-Check gesteppt wurde und wie eine Herrentasche der Sixties wirkt.
Die Kollektion, die sich komplett an die Codes des Hauses hält, wirkt nicht nur selbstverständlich und wie ein Generalbekenntnis auf das, was den unschlagbaren Ruf von Burberry, der stets auf Kontinuität und Verlässlichkeit aufbaute, ausmacht. Die Kollektion macht sich auch deshalb so begehrenswert, weil keines der Stücke nach Aufmerksamkeit schreit. Im Gegenteil: Sie passt in die Garderobe eines jeden Mannes. Es sind Teile, die sicherlich eher dazu gedacht sind, zu langjährigen Lieblingsstücken zu werden – Burberry at it’s best und für die Zukunft gewappnet.
Die Kollektion spiegelt genau das wider, wofür die Werte des Hauses stehen. Gleichzeitig atmet sie den Spirit von London und England, denn das ist schließlich genau das, was man auch mit einem Stück des Labels kaufen will.
Bailey setzte auch in dieser Schau seine Vorliebe für Livemusik fort und ließ den Sänger und Künstler Benjamin Clementine drei seiner Songs mit einem eigens zusammengestellten Ensemble intonieren.
Ich finde die Konsequenz der Beschränkung bei Burberry einen sehr weisen und sehr gelungenen Schritt zur Konsolidierung der Marke. „Weniger ist mehr“ war schon immer eine sehr gute Devise – vor allem, wenn es sich so dicht am Markenkern bewegt …