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Zwischen Legende und Legendenbildung – Jil Sander Spring 2012 Women

Mein schon angekündigter zweiter Bericht zur kommenden Jil Sander Women Kollektion beschäftigt sich aus aktuellem Anlass neben den nicht weißen Kollektionsteilen mit dem Creative Director Raf Simons, einem Designer zwischen Legende und Legendenbildung.

Zum schnelleren Einstieg habe ich euch ein kurzes Filmchen der Show mit O-Tönen von Peter Philips, Make Up-Artist, Tim Blanks, Fashion Journalist, Cathy Horyn, New York Times, Stefano Tonchi, Editor In Chief, W Magazine, Alexander Fury, Showstudio.com, Guido Palau, Hairstylist, Sophia Neophitou, 10 Magazine, Robert Rabensteiner, L’Uomo Vogue, rausgesucht…

Jil Sander Spring 2012 Ready-to-Wear

Ganz richtig, diese Fachleute sind ziemlich entrückt von den modernen Fifties-Interpretation Raf Simons. Surprise, surprise, Stefano Tonchi von W sah sich gar an The Girlfriend von Antonioni oder den schon etwas jüngeren Film Gattaca erinnert. Really, Mr. Tonchi? Aber was genau sagt das de facto darüber aus, ob dieser Funke auch auf die Einkäufer und Verbraucherinnen überspringen wird? Wenig bis gar nichts. Und auch als modehistorischer Exkurs, eignen sich diese direkt vor oder nach der Show über die Lippen gehuschten Bekenntnisse für Simons Kreativität nicht. Das Modebusiness erfindet seine Legenden naturgemäß selbst, Einkäufer und Jil Sander Kunden sind in diesem Konzert ohne Stimme.

So oft ich diese Kollektion Outfit für Outfit ansehe, eröffnet sich dem absoluten Jil Sander Fan; der ich eigentlich bin, viel lauwarm wieder Aufgewärmtes. Die schönsten Stücke sind für mich ein gerades schwarzes Kleid aus Wollspitze, unter dem ein weißes kurzes Hemdblusenkleid steckt, wenn ich das richtig erkannt habe. Das werde ich zur passenden Zeit anprobieren und hoffe, dass dieses Stoffgewusel an der Kniepartie in der Realität kein handwerklicher Fehler ist (die Wollspitze scheint nicht richtig zu fallen, zieht ein, man wird das aber sehen).

Ebenfalls sehr gelungen finde ich die schwarze Kombination aus langen Shorts mit Bundfalte und diesem offenen Tailleur-Jäckchen … übrigens auch in der Variante als quasi elegantes schwarzes Jackenkleid, das für mich eine moderne Version des Kleinen Schwarzen für kühlere Tage ist. Nichts zu meckern gibt es an dem schwarzen Shiftrock, der von diesem minimalistischen Paisleytop begleitet wird. Ich habe sehr ähnliche Röcke schon von Dolce & Gabbana, La Perla, Christian Dior und Vivien Westwood im Schrank, allerdings ist dieser etwas länger und weiter geschnitten, ohne schlabberig zu sein und das ist tatsächlich neu an solchen Röcken.

Die moderne Spießigkeit der klaren Paisleydessins kann mich nicht erreichen. Egal in welcher Farb- oder besser gesagt – Farbloskombination. Entweder verstehe ich es einfach nicht, warum moderne Frauen konservativer gekleidet als Doris Day rumlaufen sollen, oder die Stoffauswahl ist schlichtweg mit der heißen Nadel gestrickt, wie mein lieber Schreiberkollege Peter das in seinem Kommentar zu meinem ersten Bericht nicht ausschließen konnte. Überhaupt vermisse ich John Galliano, wenn ich sehe, wie kreuzbrav und irgendwie auch langweilig diese gerade verarbeiteten Vichykaros, die karierte Seide und die Seidenmousseline bei Raf Simons sind, die bei Jil Sander auch aus High-Tech-Kunststoffen sein können. Die Kombination von kurzem Kleid mit dem längeren transparenten Überkleidern beziehungsweise dem sehr gelungenen, schwingenden Rock, hat schon was, aber Galliano oder Alexander Mc Queen hätten auch da mehr draus gemacht. Der Vichykaro-Hosenanzug mit dem nackten Model-Dekolleté bis in die Taille, gibt auf dem Laufsteg was her, nur mit Bluse, Top oder T-Shirt drunter verliert auch diese Idee. Man könnte es aber mit einem engen Top aus Wäsche-Tüllstretch in Hautfarbe versuchen, dann bleibt der Nackteffekt halbwegs erhalten.

Ihr seht, das beschäftigt mich. In das ärmellose Gelb-Schwarze Paisley-Shiftkleid könnte man zumindest Michelle Obama stecken, ihr wisst schon warum. Mit dem Rest der Kleider, insbesondere mit diesen aufgebauschten Keulenärmeln, kann ich gar nichts anfangen. Die sind ja nicht neu und so oft die ihre Renaissance feierten, konnte man feststellen, dass Keulenärmel und diese gebauschten Rundschulterpartien irgendwie an fast allen Frauen komisch aussehen.

Aber ich verspreche euch, sobald die Kollektionen an die Flagshpistores zwischen New York, Paris, München, Hamburg und Düsseldorf ausgeliefert wurden, werde ich ganz genau hinsehen, was davon im Handel gelandet ist und wie sich der Abverkauf von Raf Simons Ideen für den Sommer 2012 dann anlässt …. und auf horstson darüber berichten.
Ich hoffe jedenfalls auf einen kräftigen Innovations- und Kreativitätsschub bei der nächsten Kollektion.
Aber vielleicht habt ihr ja im Geiste schon einige Teile der Kollektion für euch reserviert und alles ist schon nach Tagen ausverkauft, wer weiß ….

  • siegmarberlin
    4. Oktober 2011 at 15:29

    mehr schlecht als wirklich gut, sicherlich vereinzelt schöne Teile dabei und das sage ich als grosser Jil-Sander-Fan, die Herren waren ähnlich mittelmässig gelagert. Man sollte sich überlegen daß das 3. Kleid von oben links Kao m. fast durchsichtigem Rock im Laden 6.500€ kosten soll.

  • Daisydora
    4. Oktober 2011 at 17:17

    @siegmarberlin

    Das sehe ich ähnlich wie du. Die Herrenkollektion ist ja auch sehr durchwachsen und das Label baut einfach ab.

    Bitte, welches Kleid soll 6.500€ kosten? Ich find’s zu bieder und dafür auch viel zu teuer…

    Aber ich bin echt gespannt, welches Bild sich in den Läden zeigen wird. Das werde ich diesmal nachverfolgen…