Ich bin etwas spät dran mit einem Post zum Fashion Revolution Day. Das Gute daran ist, dass wir den Tag jetzt wenigstens Revue passieren lassen können. Also frage ich doch mal in die Runde, wer von Euch heute seine Kleidung „auf links“ getragen und so das Label „Made in…“ gezeigt hat?! Ich habe ehrlich gesagt niemanden gesehen. Wenn mir dann doch jemand begegnet wäre, hätte ich eher an Gianfranco Ferré, Jean Paul Gaultier oder an Martin Margiela als an den Fashion Revolution Day gedacht. Der Grund dafür, dass der Schnitzel- und Blowjob-Tag (14. März) vermutlich mehr Anhänger findet, liegt vermutlich daran, dass der Anlass einerseits ein sehr trauriger ist und andererseits beim Fashion Revolution Day an die Eigenverantwortlichkeit eines jeden appelliert wird:
Bild: Fashion Revolution
Heute, also am 24. April 2015, jährt sich zum zweiten Mal der Zusammensturz der Rana Plaza Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch. Ein Unglück, das über 1.100 Menschenleben forderte, mehr als 2.200 ArbeiterInnen wurden schwer verletzt. Weltweit arbeitet jeder sechste Mensch in der Lieferkette der globalen Modeindustrie – und auch zwei Jahre nach dem Unglück in Bangladesch tun es viele von ihnen immer noch unter katastrophalen Umständen.
Der Fashion Revolution Day fordert mehr Transparenz: Wo und unter welchen Bedingungen wird die Kleidung hergestellt? Wie setzt sich der Preis zusammen? Werden die Fabrikarbeiter gerecht entlohnt und wer arbeitet überhaupt in der Fabrik? – Fragen, bei denen die Pressebüros der großen Labels kreativ antworten und manchmal lügen, dass sich nicht nur die Balken biegen.
Genau darauf will der Fashion Revolution Day die Aufmerksamkeit von uns allen lenken. „Durch den Fashion Revolution Day können Menschen weltweit zeigen, dass ihnen die teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Textilbranche nicht egal sind. Rana Plaza hat vielen klar gemacht, wie schlimm die Zustände in manchen Ländern immer noch sind. Jetzt können wir zusammen etwas erreichen und eine transparentere Lieferkette fordern“, erklärt Annett Borg, Koordinatorin des Fashion Revolution Day Deutschland.
Bild: Fashion Revolution
Begleitet wird der Fashion Revolution Day von einer Aktion auf Instagram, Twitter und Co.: In den sozialen Netzwerken kann jeder eine Antwort auf sein ganz persönliches „Who made my clothes?“ fordern. Dazu einfach die eigene Kleidung auf links krempeln, ein Foto machen, in das soziale Netzwerk seiner Wahl hochladen und natürlich den passenden Hashtag nicht vergessen. Mit den Schlagwörtern #FashRev und #whomademyclothes kann jeder sein Bild markieren und sich durch die Selfies anderer Teilnehmer klicken. Die Modelabels, die das jeweilige Kleidungsstück hergestellt haben, können auf diese Art auch direkt adressiert werden: einfach „Who made my clothes?“ und @“Name des Labels“ zum Foto hinzufügen. Vielleicht antworten Zara, H&M, Primark und Co. ja … Ich glaube es aber nicht.
Ins Leben gerufen hat den Fashion Revolution Day Carry Somers, ihres Zeichens Pionierin der Fair Trade Bewegung und Gründerin des Hut-Labels Pachacuti. Der Ansatz war damals wie heute, nicht mit Oberlehrerfingern auf Missstände zu deuten, sondern ein leichter Umgang mit einem schweren Thema.
Vielleicht trägt ja heute noch jemand von Euch seinen Pulli auf links, vielleicht auch nicht. Im Grunde genommen ist es auch egal, denn es ist nur eine Geste. Das Shirt von „Primark“ auf links getragen wäre auch nur ein Lippenbekenntnis – dass ein 2€-Shirt nicht unter sozialen Bedingungen hergestellt werden kann, sollte eigentlich jedem klar sein. Wichtig ist aber, dass sich was ändert.
Siegmar
27. April 2015 at 11:24Dann muss man aber auch sehr genau bei den Labels im oberen Preissegment hinsehen, die lassen auch viel in 3.Welt-Länder produzieren. Ein Aspekt wird bei dem ganzen Szenario vergessen, das die meisten Menschen in den Ländern froh sind einen Job zu haben, das befreit nicht von der sozialen Verantwortung der Unternehmen. Ich habe niemanden gesehen, der seine Kleidung auf links trug.