© Rahi Rezvani
Grau geflieste Gänge, Abläufe an den Wänden und der Essensgeruch der Catering-Küche. So sieht es an diesem Abend ca. vier Stunden vor dem Auftritt der Editors im Backstage Bereich der Berliner Columbiahalle aus. Im Interview-Raum zwei Ledersessel, ein Tisch, eine Lampe und nach kurzer Zeit auch Russell Leetch (auf dem Foto rechts zu sehen), Bassist und Gründungs-Mitglied der Editors. Routine ist selbstverständlich, ist er doch bereits seit 2000 Mitglied der Band „Pilot“ (zusammen mit Tom Smith, Chris Urbanowicz und Geraint Owen), welche 2004 zu den Editors wurde. Wir sprachen mit Russell vor der Show über das neue Album „In Dream“, die Freundschaft zu Sänger Tom Smith und neue Fans.
Jan Who: „In Dream“ ist das fünfte Album von euch. Wann wird es Zeit für ein Best-Of Album ?
Russell Leetch: Lustig, dass diese Frage kommt. Wir haben uns tatsächlich damit beschäftigt. Wir hätten sicher schon nach dem dritten Album genügend Material gehabt, aber von so etwas bin ich kein Fan. Ich würde sagen, solange wir kreativ sind, machen wir lieber noch neue Alben.
Also keine Best-Of Alben in Hinsicht auf Verkaufszahlen?
Nein, wenn wir so etwas machen, dann aus den richtigen Gründen. Als wir zum Beispiel ein Editors-Boxset gemacht hatten, war das ein eher nischiges Produkt. Es war relativ teuer, aber qualitativ hochwertig und das finden wir besser als einfach zu sagen: Hier ist unser Best-Of Album, viel Spaß.
„In Dream“ klingt, zumindest beim ersten Hören, anders als die vorherigen Editors Alben. Wie hat das den Aufnahmeprozess verändert?
Ich finde man kann eindeutig Gemeinsamkeiten zwischen „In Dream“ und unserem ersten Album („The Back Room“) erkennen. Songs wie zum Beispiel „Camera“ oder „Distance“ könnten sich auch auf „In Dream“ wiederfinden. Ich denke man findet immer Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Alben. Dennoch haben wir dieses Album anders aufgenommen. Es gab keinen richtigen Aufnahmeraum und die ganzen klassischen, analogen Geräte. Die Songs wurden vielmehr mit Synthesizern und Drum Machines zusammengefügt.
Aber du hattest keine Befürchtungen, dass deine Arbeit als Bassist durch die modernen Geräte ersetzt werden könnte?
(lacht) Nein, denn ich bin der Meinung: Solange ein Song in einer gewissen Art und Weise präsentiert und gespielt wird, ist es egal wie er letztendlich aufgenommen wurde.
Woher kam die Idee, dem Album diesen elektronischen Touch zu verleihen? „No Harm“ klingt zum Beispiel ein wenig nach Depeche Mode.
Das Album kann man quasi als Nachfolger von „In This Light And on This Evening“ bezeichnen. Es fühlt sich eigentlich wie eine Fortsetzung an. Vielmehr sogar als „The Weight of Your Love“, da wir zu dieser Zeit eine schwierige Phase hatten…
… Mitglieder haben die Band verlassen…
… ja wir haben sozusagen aufgehört als Band zu spielen, da wir mit uns fünf ein neues Lineup hatten. Insofern ist „In Dream“ eigentlich das Album, welches an „In This Light and on This Evening“ anknüpft.
Ihr habt eine kleine Online-Schnitzeljagd zu „In Dream“ veranstaltet, in dem ihr gesagt habt: „No Harm“ ist auf irgendeiner CD „da draußen“. Wie wichtig ist Social Media für eure Art von Musikgenre? Von den Popstars sind wir es ja gewohnt.
Es ging dabei um die Awareness bei unseren jüngeren Fans und darum, diese zu erreichen. Wir haben unsere Fans, die uns seit zehn Jahren hören und bei denen es super läuft. Jüngere Fans jedoch, die jetzt 25 sind und zu Beginn unserer Karriere 15 waren, sind vielleicht nicht so up to date was uns anbelangt. Wenn du erstmals rauskommst, bist du in all den Magazinen und Medien, aber dann wird es immer schwieriger neue Fans zu bekommen. Dann musst du natürlich Medien wie z.B. Twitter nutzen, wobei die ganze Masse an Informationen, mit denen man sich da auseinandersetzt, manchmal verwirrend ist.
Zumal ihr ja auch keine Band seid, die durch typische Rock-Skandale oder Geschichten in den Medien auffällt.
(lacht) Wir machen das einfach hinter verschlossenen Türen.
Du kanntest Tom schon lange Zeit vor den Editors und hast zum Beispiel in einem Callcenter mit ihm zusammengearbeitet. Inwiefern hat der Erfolg und das ganze Touren eure Freundschaft über die Jahre verändert oder belastet?
Eigentlich hat sich da gar nicht soviel verändert. Natürlich ist es erst einmal komisch wenn man erstmals bekannt wird bzw. groß in den Medien rauskommt. Aber solange die Leute, die du vorher kennenglernt hast, nette Leute sind, ist das kein Problem. Wir waren und sind tatsächlich immer noch Freunde, die noch hinter der Bühne abhängen, Fußball zusammen schauen und so weiter. Natürlich gibt es diese Zeit nach der Tour, wenn du permanent miteinander unterwegs warst und nach Hause kommst. Da brauchst du dann erst einmal ein paar Tage Zeit für dich.
Also keinerlei Reibereien?
Nein wirklich nicht. Die Probleme gab es beispielsweise mit Chris und der ist nicht mehr in der Band. Das war die Freundschaft, die belastet wurde.
PeterKempe
19. November 2015 at 00:41Ganz große Kiste das Interview! Love it!
Jan Who
19. November 2015 at 12:41Danke Peter 🙂