Handwerk Männermode

Was das über das Handwerk aussagt, dass bei Dior Karos im Rapport zusammenpassen

(Dior, Herbst 2022; © Elise Toidé)

Es gibt ein absolut untrügliches Anzeichen dafür, ob die Schnittzeichner und alle anderen an der Produktion von Kleidern das Handwerk beherrschen und für jemand arbeiten, der das auch bezahlt, dass handwerklich richtig gearbeitet wird. Bis hin zu den Kunden.
Da passen die Karos und andere Muster immer exakt im Rapport zusammen. Nicht einfach zu machen. Das hat mit Können zu tun, die von Handwerkskunst zeugt. Daran kann man sich erfreuen und davon überzeugen, anhand der Menswear-Kollektion von Dior für den Herbst 2022. Darin werden traditionelle Karostoffe meisterlich verarbeitet. Da besteht keine Gefahr, dass die Vertikalen das schnell kopieren. Technisch ist das viel zu schwierig und zu teuer, da man auch mal verschwenderisch mit den teuren Stoffen umgehen muss.

Dior, Herbst 2022; © Alfredo Piola

Naturgemäß kann man daran kritisieren, dass es für unsereins unrealistisch ist, darauf hinzuarbeiten, das zum Standard für alle zu erheben. Das tun wir nicht. Uns liegt aber daran, diesen Standard dennoch zum Maßstab zu erheben. Auch Herrenschneider und SchneiderInnen leben hierzulande davon, die Kundschaft mit handwerklich sauber gearbeiteten Kleidungsstücken einzudecken, deren Lebensdauer der Inbegriff von Nachhaltigkeit ist.
Hier gibt es zu sehen und zu hören, welche Überlegungen dahinter stecken, dass sich das Haus Dior ganz dem Schneiderhandwerk verschrieben hat. Inklusive dem Anspruch, hier eine noch imaginäre Brücke zur Haute Couture zu bilden.

Hier noch einige Eindrücke zum Dior Tailoring – vielleicht findet sich zwischen den Jahren mal etwas Zeit …

Re-inventing traditional tailoring for Dior men’s Fall 2022

Reassessing the role of sewing

Hand-painting brings literature to leather for Dior men’s Fall 2022

Uncover the details of Dior Men’s Fall 2022

Was haltet ihr davon? Und geht ihr auch mal zum Schneider?

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  • paule
    22. Dezember 2021 at 10:37

    Und das erste Foto oben zeigt uns, dass schlampig genäht wurde. Die Vertikalen laufen nicht korrekt. die linke Seite hängt weiter nach untern. Die Front verläuft recht schief. Das dürfte nicht sein. Punkteabzug dafür. Generell ist es aber richtig. Es sollte eine korrekte Linienführung sein. Beim Karo, bei Streifen und bei allen Mustern. Ich kaufe ja seit Jahren Stoffe und lasse mir vieles nähen. Ich habe eine sehr gute Schneiderin. Niemand näht wie sie. Alles exakt, alle Verläufe stimmig. Das Hemd kostet 120 Euro, Die Jacke 140 – 200 Euro. Es ist traumhaft und jeder Besuch bei ihr eine Freude. Ich denke, bei Dior könnte man viel von ihr lernen. Ich bin froh, dass sie nicht bei Dior ist, denn so näht sie mir Dinge, die ich mir im Leben nicht leisten könnte, wenn der Dior-Zettel drinhängen würde.

  • Eva Parke
    22. Dezember 2021 at 11:45

    @PAULE

    Ich bin mir da nicht so sicher wegen der Schlamperei … oft hängt das damit zusammen, dass man das wegen der Knopflöcher ein par Milimeter in Position zupfen muss.

    Schön, dass Du auch eine Schneiderin hast. Für mich sagt das viel aus. Ich liebe es ebenfalls, mir aus sorgfältig ausgesuchten Stoffen etwas schneidern zu lassen. Und ich wünsche Dir, dass Du, falls das nicht schon hinter Dir liegt, mal Gelegenheit hast, meine weltweite Lieblingsmesse in Paris zu erleben. Die Stoffmesse Premiere Vision …

    Ich liebe Dior, aber für so ein Karosakko würde ich das Geld auch nicht ausgeben.

  • paule
    22. Dezember 2021 at 15:18

    @ EVA

    Nein, nein, schlampig. Schau dir bitte das Revers an. Vollkommen ungleich. Du kannst es sehen an dem gelben horizontalen Streifen über dem Knopfloch am Revers. Auf der linken Seite ist er viel weiter oben. Kaum noch zu sehen. So, das habe ich bei meiner Schneiderin gelernt. Genau hinzuschauen. Es freut mich, dass Du Dir auch viel nähen lässt. Ich denke ohnehin, ob die Pandemie nicht auch ein Nachdenken auslösen kann, dass die Rolle der Big-Brands neu beleuchtet? Brauchen wir die noch? Hat sich unsere Zeit nicht verändert? Brauchen wir noch Dior und LV? Eigentlich nicht. Diese Art von Luxus ist pre-pandemic. Wir brauchen jetzt „wirklichen“ Luxus. Ein schönes Hemd, das einzigartig ist, von einem Schneider oder eine Schneiderin gemacht. Ein schönes Stück Stoff. Kissen nach eigenen Entwürfen etc. Es gibt eine Unmenge unbekannter Designer- und Designerinnen, die eine grossartige Arbeit leisten. Die kennt keiner. Das gilt es jetzt zu entdecken. Das ist die neue Zeit, die kommt. Vor kurzem war ich in Mailand und Freunde erzählten mir von einem Designer, der jetzt schon in den 70ern sein muss, den kaum jemand kennt. Er hat hat aber einen Stamm Kunden und das ist sehr exklusiv. Es gibt auch einen Laden, die seine Sachen verkaufen, aber keiner kennt den Laden und noch weniger bekommen Einlass. Er arbeitet sehr experimentell, gräbt Stoffe über Jahre ein und verwendet sie dann, setzt sie der Witterung aus usw. Er macht nur wenige Stücke, hat aber eine Riesen-Warteliste von Kunden und Sammlern. Diese Leute gilt es zu entdecken. Das ist das Schöne, das uns 2022 bringen wird. Big-Brands mit ihren ewig gleichen Versprechungen, das braucht und will keiner mehr. Ich denke, Du kannst damit was anfangen, was ich schreibe. Herzliche Grüsse!

  • Eva Parke
    23. Dezember 2021 at 11:23

    @PAULE

    Ich danke Dir für diese sorgfältige und interessante Antwort. Vermutlich hast Du recht … ich neige ja dazu, mir meine Lieblingsmarken schön zu denken …

    Meiner Ansicht nach sind die besten Zeiten der besten High-Fashion Marken noch nicht vorüber, aber es sind auch welche darunter, die überhaupt nichts kapiert haben.

    Du hast mich mit Deinen Schilderungen über den wahren, nachhaltigen Luxus von Tailor Made Mode auf die Idee gebracht, darüber gründlich nachzudenken und dann zu schreiben. Vielleicht auch ein Gespräch mit Dir inden Bericht zu integrieren, mal sehen. Muss cdas dann mit Horst und Dir koordinieren.

    Jedenfalls gruselt es mich, wenn ich durch die viel zu lange Liste all der Marken scrolle, die heute High Fashion anbieten. Wer soll das alles noch kaufen und tragen? Aber so lange die Handtaschen die Kassen der großen der Branche füllen, geht das trotz schlechter werdender Zahlen wohl noch eine Weile so weiter …

    Happy Holidays! Lass es Dir gut gehen!

    Eva

  • paule
    23. Dezember 2021 at 20:29

    @EVA

    Die Lieblingsmarke kann ja noch immer die Lieblingsmarke bleiben. Das ist ja kein Problem. Ich habe das ja auch. Ich reflektiere in den letzten Jahren nur stärker. Also, ist meine Lieblingsmarke noch meine, oder halte ich ihr nur aus Nostalgie die Treue. Gibt es dann eine Alternative dazu, die ich sinnvoller finde. Achte aber dennoch eine gewisse Zeit, in der ich die Marke mochte usw. Ich denke, die Pandemiezeit lässt uns da viel Raum nachzudenken. Im Moment gibt es ja, für die meisten zumindest, das grosse Schaulaufen nicht mehr. Ich kann anders werten. Also, wenn ich jetzt 300 Euro zu Verfügung habe, kann ich mir überlegen, ob ich alles für ein weisses T-shirt ausgebe, auf dem klein Valentino steht (was mir vor Covid) Credits gebracht hätte, oder ob ich das Geld nehme, mir ein gutes Buch kaufe.
    (Buchtip: Ernst Kantorowicz, Eine Biographie, von Robert E. Lerner), mir eine tolle Duftkerze kaufe, zwei Gläser Marmelade und noch ein Kaschmirkissen aus Stoff, den ich gekauft habe). Die Credits verlagern sich. Ich mochte ja immer sehr gerne Comme des Garcons. Seit einiger Zeit aber nimmt mein Interesse ab. CdG wird mir zu Businessmässig. Es war meine Lieblingsmarke. So langsam ist sie es aber nicht mehr. Eine zeitlang habe ich es aufhalten wollen und habe deshalb noch mehr CdG gekauft, bis ich gemerkt habe, mein Grundrespekt ist da. Ich verknüpfe damit gute Gedanken. was sie aber jetzt machen ist Massenware und vor allem auch schlecht verarbeitet (zumindest bei „Shirt“). Es schleicht sich aus. Und so lasse ich eben im Moment mehr Hemden nähen, in denen ich mich wohl fühle, als noch welche von CdG zu kaufen, die ich eigentlich nicht mehr will. Ich habe mir Labels drucken lassen, die werden in die Hemden eingenäht und es ist ein tolles Gefühl. Schon alleine die Tests, auf welche Art die Labels eingenäht werden, war toll. Wir haben einen Mittag lang alles mögliche ausprobiert. Das ist ja was, auf das ich schon immer geachtet habe. Wie ist das Label eingenäht. Wie Du das „Finish“ machst, zeigt meiner Meinung nach, wie sehr du Deinem Produkt verbunden bist. Es sind interessante Themen. Alles Gute und SCHÖNE FEIERTAGE!!!

  • Eva Parke
    27. Dezember 2021 at 14:54

    @PAULE

    Das mit Dior ergeht mir schon seit John Galliano so, hat sich durch Raph Simons nicht verändert und nunmehr durch Maria Grazia Chiuri nochmals verstärkt.

    Aber ich merke, dass wir beide ein Faible für Japaner hatten oder haben. Bei mir hat das auch kuriose Gründe. Die Schwester eines damaligen Freundes, für den ich gearbeitet habe, hatte mit ihrem Freund die Vertretung der japanischen Designer in Wien und die übrigen Klamotten, die im Shop (Emis) keinen Platz fanden, hingen in so einer Art Jagdzimmer, das sich neben der Produktion (ganz andere Branche) befand, herum. Ich konnte jederzeit probieren und wurde ab und an fündig.

    Es ist sehr interessant, was Du da erzählst. Ja, das große Schaulaufen dürfte erst mal beendet sein und ich bin gespannt, ob sich das in künftigen High-Fashion-Kollektionen niederschlägt. Ich würde es mir wünschen, dass diese Karnevalsklamotten für Oligarchen-Kinder und Nouveau Riche ohne Geschmack und InstagrammerInnen bzw. InfluencerInnen wieder weniger werden.

    Ich weiss noch nicht, ob es mich mal wieder erwischt. Aber ich habe die guten Zeiten der besten Designer voll ausgekostet, bedauere es sehr, dass einige dieser Könner aussortiert wurden und keine der großen Labels mehr verantworten. Aber das spart auch jede Menge Geld, da ich in den neuen Klamotten und Schuhen von Gucci, Louis Vuitton, Burberry und so weiter größtenteils seltsam verkleidet aussehen würde …

    Lass es Dir gut gehen!

    Happy New Year!

    Eva

  • paule
    27. Dezember 2021 at 22:36

    @ Eva
    Exakt. Ja, ich weiss, was Du meinst. Bei mir war es so, dass es einen tollen Laden gab, die CdG hatten und damals auch Gaultier. Alles war neu und frisch. Der Laden wurde von zwei Männer gemacht, die mir damals alt vorkamen. Ich schätze, sie waren auf keine Fall älter als 35 (ha, ha). Und es war mein Lieblingsladen. Da ich nie einen Ferienjob gemacht hatte, hatte ich kaum Geld. Ich ging immer in den Laden und habe mir Sachen angeschaut. Und irgendwie gab es immer Spezialpreise. Ich hatte also schon in der 13. Klasse Gaultierschuhe, damals von Stephane Kelian, an. Ich fand das normal. Vor zwei oder drei Jahren habe ich meinen alten Lehrer getroffen und er fragte mich, wo ich immer das ganze Geld herhatte. Ich wusste nicht, was er meint. Er meinte dann, ich hätte Sachen angehabt, die sich niemand leisten konnte. Dann habe ich ihm die Geschichte der beiden Männer erzählt. Nun, in dem Moment schaut er mich an und sagt „Spezialpreise“. Gut, ich hatte verstanden, was er meinte. Ich glaube, die fanden mich süss. Ich, ein Blümchen (bis heute), habe das nie geblickt. Jetzt in der Rückschau erschliesst es sich mir natürlich, warum ein paar Schuhe von Gaultier 50 Mark gekostet haben. Uuuuuuuufffffffff und ich hatte ein unglaubliches Hemd von Bikkenberg, der damals wirklich tolle Sachen gemacht hat. Das ging sehr in Richtung Gaultier und später Margiela. Ein riesen Leinenhemd, asymmetrisch geknöpft in einem schönen Karo.
    Ja, ich weiss, was du mit verkleidet meinst. Ich denke, vieles ist auch verkleidet. Ich sehe auch wenig neue Ideen. Gucci mag ich mittlerweile lieber. Valentino mochte ich gerne, muss aber nicht sein. Ist seit ein, zwei Jahren langweilig. Mir fehlt Alber Elbaz, der wirklich unglaublich gut war. Ich hatte eine zeitlang wieder über Marc Jacobs nachgedacht. Aber das ist nicht wirklich der Brüller. 2005 war alles Marc Jacobs. Aber irgendwie ist das vorbei. Und die Japaner, wie gesagt, von CdG bin ich enttäuscht mittlerweile. Ich stelle ja gerade meinen Look für das Frühjahr zusammen. Und der sieht wie folgt aus: eine alte Jeans von 2006, die ich gestern bei meinen Eltern gefunden habe, zusammen mit einem weissen Hemd, auf dem Porsche steht und das auch bei meinen Eltern in einer Kiste lag. Es muss noch vom Austausch-Franzosen von 1991 sein. Dazu habe ich mir gestern eine riesige rote Sonnenbrille von Walter van Beirendonck bestellt. Und dazu Timberland Bootsschuhe (die ich mir noch kaufe). ich denke, das wird mein Frühjahrslook. Und vielleicht mal einen Trenchcoat. das hatte ich noch nie. Ich denke, das gibt einen guten Look und er wäre auch noch passend, wenn das Schaulaufen wieder beginnen würde. Ich mag die Jeans und das Porschehemd, beides ist uralt und die Stoffe sind noch so dicht gewebt, dass sie einem Halt verschaffen. Von GdG entferne ich mich leider immer mehr. Erinnerst Du Dich noch an American Appareal? (Die Tasche, die alle hatten?).

  • Eva Parke
    29. Dezember 2021 at 10:29

    @PAULE

    Schuhe von Stephane Kelian hatte ich auch. Da gab es in Paris einen Laden um die Ecke von Louibutin, den damals noch niemand so richtig auf dem Schirm hatte, ich auch nicht.

    Bikkenberg hatte gute Sachen. Aber die angesagten Labels für Männer waren ja Gaultier und Mugler. Ich erinnere mich noch an jedes einzelne Sakko in Dunkelorange und so weiter.

    Viele der Labels von damals gibt es ja nicht mehr. Isaak Mizrahi, Romeo Gigli, Donna Karan, Norma Kamali, Sibylla, Rifat Ozbek … daran kann man ablesen, wie schwer es selbst für gute Designer ist, ihre Marken auf dem Markt zu halten.

    Schön, dass Du Deinen Frühlingslook schon gefunden hast, klingt gut … ich laufe mich gerade warm für eine realtiv weisse Saison, die es bei mir noch nie gab. Werde auch bei CdG nachschauen; malsehen, ob ich Deine Kritik verstehe, vermutlich schon. Es gibt einfach viel zu viele Labels. Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr …

    Finde es interessant, dass Du Gucci aktuell gut findest. Die Klassiker oder Basics sind für mich auch in Ordnung, aber da gibt es zu viel von diesen Karnevalsoutfits, die ich ablehne, da es für mich seltsam anmutet, sich für mehrere tausend Euro so anzuziehen, dass man mit den Gucci-Klamotten schlechter aussieht als ohne … aber vermutlich schaffen es diese Outfits ohnehin nicht in die Läden.

    Valentino fand ich auch immer irgendwie gut. Du hast so recht, mir fehlt Alber Elbaz auch, in jeder erdenklichen Hinsicht. Da gab es Kleider (eines habe ich gekauft), an denen man sich ein ganzes Leben lang erfreuen kann.

    Ich sehe das mit aufrichtigem Bedauern, dass so einige der besten Designer aussortiert wurden. Darunter auch Marc Jacobs und ganz sicher Christopher Bailey. Ich habe gestern bei Mytheresa.com alle Teile von Burberry angeguckt, größtenteils grausamer Ramsch wie aus dem Andenkenladen … und ganz schlimm finde ich das, was Nicolas Ghesquiere bei Louis Vuitton bringt.

    Aber der Markt wird sich wieder verändern; die Zahlen sprechen auch diese Sprache. Der Laden läuft schlecht.

    Weiterhin viel Freude an der Beschäftigung mit Mode und dem Handwerk und

    Happy New Year!

    Eva