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Vom Espace Culturel Louis Vuitton München zum Platzl …

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Bilder: © Courtesy of the Artist and Johann König, Berlin

Gerade die Verschiedenheit der Städte, Plätze und Bundesländer in einem großen Land, sorgen für Faszination und (lebens)kulturelle Spannung …. Nicht überall in der Republik macht man sich damit beliebt, sich als München-Fan zu outen. Aber für mich spricht so viel für die Stadt, dass mich gelegentliches Kopfschütteln nicht groß irritiert. Es gibt so viel Kultur und typisches Münchner Dolce Vita, das man nirgends sonst mit dieser urbayerischen Gedehntheit erleben kann. Und im Jahr der Fußball WM werden die Bayern vom FC vermutlich wieder das Schlimmste verhindern 😉 ….
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Bilder: © Courtesy of the Artist and Johann König, Berlin

Zuerst geht’s zur Kunst: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“, hat schon das Original Karl Valentin gewusst. Überhaupt muss an diese Stelle gesagt werden, dass die Sprache, der Wortwitz, die bayerischen Originale und so Genies wie Gerhard Polt – eben nicht von ungefähr kommen. Geist und Mutterwitz entstammen einem fruchtbaren Nährboden für Kunst und alles Originelle … und mit einem kleinen Augenzwinkern versteht man selbst die Mir-san-mir-Mentalität … kann das Münchner Savoir Vivre genießen … und da steht die Kunst immer mit im Zentrum!

Weil unser Horst live dabei war, als das Espace Culturel Louis Vuitton in München öffnete, erinnere ich an dieser Stelle gerne daran, dass die Exponate der Künstlerin Annete Kelm, ebendort bis zum 8. August 2014, Montag bis Freitag 12–19 Uhr, Samstag 10–19 Uhr, zu sehen und gerne auch zu bestaunen sind. Bitte, guckt unbedingt auch auf die leere Milchtüte, von der Horst mir berichtete … nebst der Anekdote: „Das ist ja soooo herrlich Achtziger“ … die hatte er dort aufgeschnappt.

Ich habe Teile der Kunst Annette Kelms erst mal lange nicht wirklich verstanden. Nur das Vertrauen in Kunstkenner wie Johann König und nunmehr auch in den Kurator der Schau im Espace Culturel Louis Vuitton München, Jens Hoffmann, machten mich sicher, dass sich der Schalter auf meiner Kunstfestplatte ganz sicher mal umlegen wird. Und je öfter ich Werke betrachte, die hier und hier vorgestellt werden, desto griffiger werden Gedanken und Intentionen der Künstlerin auch für mich. Kunst soll ja auch gar nicht auf den ersten Blick gefallen, wie Dekorationen das können … so erkläre ich mir, dass die Reihe „Paisley and Wheat“ (hier im Bild Paisley and Wheat Babyblue und Paisley and Wheat Orange), auch heute noch nicht vom Hocker reißt. Aber, seht einfach selbst.
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Bilder: © Courtesy of the Artist and Johann König, Berlin

Wirklich originell sind für mich die Exponate der Vitrine 2013. Das ist so eine Art künstlerischer Gebrauchsanleitung für Feministinnen, inklusive Lila Latzhose mit Anti-AKW-Button und Emma … auch die Reihe der mit politischen Parolen beschrifteten T-Shirt-Rückseiten empfinde ich als künstlerisch griffig: „Wir fordern Abrüstung bis zum Küchenmesser“, steht da zum Beispiel zu lesen. Auch Brechts berühmte Figur der Frau Carrar und deren Gewehre hat die Künstlerin Kelm in dieser Feminismus und Anti-Gewalt-Reihe bedacht … „Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen …“ (aus seligen Schulzeiten, lange her bei mir) .… Dafür brauchen wir die Kunst auf ewig, uns andere Blickwinkel zu geben und unauflösbare Knoten zu knüpfen. Das allzu einfache ist doch immer nur Täuschung!

Das sagt die Fachfrau Maren Lübbke-Tidow zu Kelms Kunst: „Mit Aufnahmen von Vitrinen zur Geschichte der Frauenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland, die die Künstlerin unter anderem im Deutschen Historischen Museum in Berlin gefunden hat, hat diese Auseinandersetzung eine unmissverständlichere Form gefunden. In dieser neuen Arbeit geht es um die Frage der Darstellbarkeit von komplexen politischen Bewegungen bzw. um ihre schematische Engführung im Kontext Museum, das mit wenigen zeitgeschichtlichen Zeugnissen nur allzu klischeehaft Bild und Vorstellung einer noch gegenwärtigen Zeit bedient. Mit ihrer Aufnahme untersucht die Künstlerin die Vitrine als ein Instrument der Wissensvermittlung mit klarem Zeige- und Aufklärungsgestus, dessen Ausschnitthaftigkeit Vertiefung nicht nur nicht zulässt, sondern sogar im Gegenteil Geschichte und geschichtliche Zusammenhänge verunglimpft, und zum Schaufensterformat schrumpfen lässt, an dem die historische baudelaire’sche Figur des Flaneurs seine Freude gehabt hätte. Die notwendige kritische Distanznahme vollzieht die Künstlerin hier durch das offene Mitausstellen des fotografischen Apparats, der sich im Glas der Vitrine spiegelt. Er zeigt an, dass die Bilder durch die Apparate hindurchgehen, die Arbeit und das Denken über das Bild an dieser Stelle aber nicht zu Ende ist. Die Lesbarkeit der Zeichen zu hinterfragen, und sich ihnen zu widersetzen ist ein großer Motor der Künstlerin, der auch in dieser neuen Arbeit zum Ausdruck kommt.“

Neben der Ausstellung im Espace Culturel Louis Vuitton in der Residenzpost in München gibt es noch bis zum kommenden Samstag, 19.04.2014, bei Johann König in Berlin ( Dessauer Straße 6-7, 10963 Berlin) Arbeiten der Künstlerin zu sehen.

Was man sonst noch so in München an Kunst sehen kann, dazu mehr hier. Und wenn ihr dann schon mal vor Ort seid, lasst euch auch das bayerische Lebensgefühl wie den ofenfrischen Leberkäse oder die Fleischpflanzerl buchstäblich auf der Zunge zergehen …. Zum Glück besteht Deutschland nicht nur aus den goldenen Tempeln der Hauben- und Molekularküche, oder?

Menschen in München – Alfons Schuhbeck

Menschen in München – Gerhard Polt

à tout à l’heure … for Bavarian Native Speakers … Oiso, Buam und Maadln, des is fia olle, de no boarisch kinnan und si ned schamman, dasses zuagem. Und iatz riats eich, wurscht ob Bayer, oder Sechzga, ob evagolisch oda echta Pfarra, de junga und de oidn, de blädn und de deppatn, de Ehrlichn und de Baubeamtn ….

🙂 Oisdann, pfiat eich in Minga!

  • Siegmar
    11. April 2014 at 16:03

    Irgendwie fehlt mir der Draht zu München, habe sogar mal da gelebt und mich nicht wirklich wohl gefühlt. Selbstverständlich gibt einige tolle Museen dort und der neue Anbau am Lenbachhaus muss wirklich toll sein. Ich schaue mir trotzdem lieber hier in Berlin Kunst an, bin immer noch sehr beeindruckt von der gelungenen Ai weiwei Ausstellung im Martin-Gropius-Bau.

  • Daisydora
    11. April 2014 at 16:29

    @Siegmar

    Das kommt eben vor. Für mich ganz normal, dass nicht jeder Ort für jeden gleich gut und schön ist. Ich habe auch schon in München gelebt, fand es damals irgendwie viel zu einseitig gemütlich … aber ich will auch gerecht sein, Vieles in der Stadt finde ich gut. So, wie auch Berlin seine großen Vorzüge hat, hat der Süden welche … Danke für die Erwähnung von Ai Weiwei … 🙂 … und schönes WE in BERLIN!

  • Siegmar
    11. April 2014 at 17:12

    @Daisydora

    wünsche auch ein schönes WE 🙂

  • monsieur_didier
    11. April 2014 at 19:55

    …wer Berlin liebt, gerade, weil es ist wie es ist, wird eher seine Schwierigkeiten mit München haben…
    ein paar Tage finde ich durchaus schön und angenehm in München, aber mir geht immer wieder mein Herz auf, wenn ich nach Berlin zurück fahren kann…
    das Espace Culturel Louis Vuitton München steht aber auf jeden Fall auf meiner Liste, wenn ich das nächste Mal in München bin…

  • Horst
    12. April 2014 at 12:32

    Ich war ja schon da und kann sagen, dass es lohnt – München, wie auch Espace 😉

  • Daisydora
    12. April 2014 at 13:20

    @Monsieur_Didier

    Du weißt ja, ich liebe es, Stereotype zu konterkarieren … und man muss sich ja nicht für das Entweder-Oder entscheiden … für mich hat es sich immer gelohnt, einer Stadt eine weitere Chace zu geben … so habe ich sogar mit Deutschlands größter Kleinstadt, die ich architektonisch ziemlich mißlungen finde, Frieden zu schließen … aber ich kann auch dei Berlin-Fans verstehen … 😉

    @Horst

    Bayern ist einfach urkomisch und lustig. Gerhard Polt könnte niemals aus Berlin stammen und darauf können Deutsche eigentlich stolz sein, dass es in einem an sich modernen Land so viele verschiedene Kulturkreise gibt … 🙂 … aber ich habe eben einen Migrationshintergrund … daher ist mein Zugang zu allem in Deutschland ein neugieriger …

  • Die Woche auf Horstson | Horstson
    13. April 2014 at 14:18

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