(Von links nach rechts: Modell „Milanesa“, Modell „Bouncer“, Modell „La Parisienne“; Bilder: Courtesy of Vetements)
Niedersachsen und Paris waren sich am Dienstag so nah wie noch nie: „Ich komm zum Glück aus Osnabrück“ stand in großen Lettern auf einem Sweatshirt, das Demna Gvasalia für die Vetements-Show Herbst/Winter 2017/2018 über den Laufsteg schickte. Ich hätte nur zu gerne die Gesichter der Gäste gesehen. Vermutlich waren diese gleichermaßen verzückt und entrückt, denn das, was zu sehen war, hätten sie auch knapp 550 Kilometer entfernt auf der Krahnstraße in Osnabrück sehen können: ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ein Punk, ein Emo, eine ältere Dame, ein Nerd, eine Sekretärin, ein Couch Potato – Gvasalia ist ein guter Beobachter, der soziale Uniformen dechiffrieren kann und auch mutig genug ist, sie zu präsentieren.
Links: Modell „Tourist“, rechts: Modell „Broker“; Bilder: Courtesy of Vetements
Nun wäre ein Leichtes, die Kollektion komplett überbewertet zu finden, genauso wie es einfach ist, Donald Trump zu verurteilen – Gründe liefern Vetements und der Präsident zu genüge. Nur gibt es jeweils eine Menge Leute, die das, was Trump und Vetements abliefern, großartig finden. Für mich unerklärlich, aber dennoch ist die Kraft, die jeweils dahintersteckt, nicht zu unterschätzen.
Rein rational betrachtet hat die Herbst/Winter-Kollektion wahnsinnig viele Elemente von Vivienne Westwood adaptiert. Die, sagen wir mal „Alltagslooks“ werden durch viele Dandy-Materialien wie Samt und Hahnentritt regelrecht geadelt, wodurch Demna Gvasalia ein kleines Kunststück gelingt: die eher prolligen Alltagsbasics werden romantisiert.
Es ist Streetwear in reinster Form, aber mit viktorianischem Touch und mit Tennissocken und Tracksuits so ad absurdum geführt, dass es dem Designer fast gelingt, erfolgreich zu verschleiern, dass sie in einer spannenden Entwicklungsphase stecken: weg von T-Shirts und Hoodies, hin zur Formal Wear. Trotzdem bleibt Demna Gvasalia dem Markenzeichen von Vetements – breite Schultern und ein oversized Schnitt – treu und hat es spätestens jetzt etabliert.
Links: Modell „Gypsy“, rechts: Modell „Granny“; Bilder: Courtesy of Vetements
Auf dem zweiten Blick finde ich die Kollektion super. Sie suggeriert, dass Vetements ganz nah an der Basis und dem Zeitgeist ihrer Kunden ist – ein Kunststück, das bei Preisen ab 1.000 EUR für eine Jeans erst mal jemand Demna Gvasalia nachmachen soll: Wir sind einer von Euch -die Mode und der Look seid ihr.
Hier die komplette Vetements Herbst/Winter 2017 – „Archetypes“-Kollektion
Links: Modell „Groom“, rechts: Modell „Social Worker“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Commando“, rechts: Modell „Ullrich“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Miss San Antonio“, rechts: Modell „Gian Carlo“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Miss N°5“, rechts: Modell „Policewoman“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Nominee“, rechts: Modell „Vagabond“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „The Punk“, rechts: Modell „Malaika“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Miss Webcam“, rechts: Modell „Pensioner“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Bro“, rechts: Modell „Angela“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Volunteer“, rechts: Modell „Texan“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Hooligan“, rechts: Modell „Secretary“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Neighbor“, rechts: Modell „Nerd“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Emo“, rechts: Modell „Couch Potato“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Gabber“, rechts: Modell „Stoner“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Trash Metal“, rechts: Modell „Metalhead“; Bilder: Courtesy of Vetements
Links: Modell „Milanesa“, rechts: Modell „Bride“; Bilder: Courtesy of Vetements
thomash
26. Januar 2017 at 11:11Passiert leider nicht viel im Kopf, wenn man die Looks anschaut. Ich hab bis zum letzten Bild auf das Gefühl gewartet, dass hier eine Kollektion zu sehen ist. Die wie auch immer geartete Absicht geht in Ironie unter.
Siegmar
26. Januar 2017 at 11:24da passiert nichts im Kopf, wie Thomash, schon schreibt, für mich völlig ohne Zugang und das liegt nicht an dem Models. Mit Vetements kann ich nichts anfangen.
PeterKempe
26. Januar 2017 at 11:52Vetements ist für mich ein Phänomen, das man zur Kenntnis nehmen muss und das wichtig ist, um eine andere Sicht auf die Mode in den Fashionzirkus zu bringen. Aber ehrlich gesagt überlasse ich gern einer jüngeren Generation den Vortritt um es gut zu finden und als begehrlich zu empfinden. Man hat schon zu viel Schönes im Leben gesehen, als davon begeistert zu sein.
Georg
26. Januar 2017 at 12:21Vetements lacht sich bestimmt eins ins Fäustchen 😉
Markus Brunner
26. Januar 2017 at 12:44schließe mich Peter an, Mode soll uns im Leben verschönern und bereichern, alles andere, verstörende, sozialkritische gehörte in den Bereich Kunst
Thorsten
26. Januar 2017 at 13:04Ein nichtssagendes Sammelsurium. Sieht aus, als hätte sich jemand im Secondhandshop bedient.
Ulrike Teterycz
5. Februar 2017 at 17:57Man kann Vetements lieben oder hassen und um Schönheit geht es ohnehin nicht, aber Demna Gvasalia auf eine Stufe mit Donald Trump zu stellen, kommt einer Beleidigung gleich, für die es sich zu entschuldigen gilt.