Vielleicht der Beginn eines neuen Trends: Ein Gastdesigner verantwortet eine komplette Kollektion. Kim Jones machte für Dior Menswear den Anfang – hat den Venice Beach Native Eli Russell Linnetz zu Dior geholt.
„Wir haben mit vielen Menschen an unseren Kollektionen gearbeitet. Aber dieses Mal wollte ich mit jemandem anders zusammenarbeiten. Ich wollte, dass jemand Dior aus einem anderen Blickwinkel sieht“, wie Kim Jones erklärt. „Bei Eli Russell Linnetz mag ich nicht nur seine Arbeit, sondern es fühlte sich auch unglaublich inspirierend an, mit einem jüngeren Designer an Dior zu arbeiten und die Dinge aus seiner Perspektive zu sehen. Es war sowohl vertraut als auch aufschlussreich und bekräftigte, warum wir beide überhaupt davon geträumt haben, in der Modebranche zu arbeiten.“
Es wäre zu kurz gegriffen, sich diese Zusammenarbeit mit der Notwendigkeit zu erklären, dass die High Fashion von den Besten der Besten ständig neue Ideen der Positionierung auf der Höhe der Zeit verlangt, die sich in perfektes Marketing und noch bessere Bilder wandeln lassen.
Eli Russell Linnetz ist in Venice Beach geboren und dort aufgewachsen; hat die Venice Beach Vibes in den Genen. Wie geht ein junger Designer, der nie davor eine Kollektion in der High-Fashion verantwortet hat, an diese Aufgabe heran?
„Wir begannen mit der Durchsicht des Dior-Archivs seit meinem Geburtsjahr 1991. Dies war während der Zeit als Gianfranco Ferré als künstlerischer Leiter Teil der Geschichte Diors war, die sich sowohl für Kim als auch für mich völlig neu anfühlte. Von dort und von mir kommt die Idee des Maximalismus – ein Zusammentreffen von Chaos und Perfektionismus. Es gibt eine Kollision von Momenten in Zeit und Geschichte in den Sammlungen, von Generationen übergreifenden und räumlichen Begegnungen in der Zeit.“ erklärt Eli Russell Linnetz.
ERL takes on Dior Men’s Spring 2023
Dass Venice Beach auch ein Sammelpunkt für gescheiterte Existenzen ist, die Los Angeles entweder produziert oder anzieht, da man dort anders hofft, es könne doch noch funktionieren mit dem amerikanischen Traum, wurde hier ausgeblendet. Andererseits, die Welt produziert so viel Elend, dass man kaum noch Plätze finden kann, an denen nicht dergleichen mit dem Glamour der High Fashion kollidieren könnte.
Daher ist das Szenario der Runway Show ein Frühlingsabend auf der Windward Avenue, mitten in Venice Beach. Kunst und Leben treffen auf Mode, die das Nicht-Alltägliche abbilden soll. Die Silhouetten, die dadurch entstehen, verbinden Pariser High-Fashion Savoir Faire mit kalifornischem Popkultur Pomp. Venice Beach Subversion trifft auf die Perfektion des 8. Arrondisements.
Die Wertschätzung gegenüber der Historie des Hauses und dessen Gründer Christian Dior schwingt auch hier mit. Nicht auf den ersten Blick zu sehen, aber heute muss man ja nicht nur gucken – sondern auch lesen, wie was gemeint ist, was die Artistic Directors und Directricen kreieren.
Kim Jones ist seit langem als Leser und Denker unter den Kollektionsverantwortlichen bekannt. Da steckt der Geist echter Erneuerung innerhalb der eben nicht roten Linien der Historie des Hauses dahinter. Der Bogen soll immer in Richtung der Zukunft gespannt werden, ohne das Handwerk und den hohen Anspruch, den man bei Dior an alles stellt, zu vergessen oder ganz kurz zu übersehen.
Das Haus wird von jedem Designer erneut interpretiert und wiederbelebt; aufeinanderfolgende Generationen inspirieren sich gegenseitig. Die Geschichte des Ortes Venice Beach „pfeffert“ die Kleider, so Kim Jones. Pop-Sensibilität und amerikanische männliche Archetypen durchdringen klassische House-Motive, die größer als das Leben geschrieben sind.
„Die lässige, entspannte Alltagssensibilität täuscht über die Präzision der Schneiderei und die Beherrschung der Stoffe im Atelier hinweg, insbesondere bei den maßgeschneiderten Looks aus dem Ozean wiedergewonnenem Polyester, die als Anspielung auf das Ferré-Dior-Archiv gepolstert sind.“
Über allem steht Christian Diors geliebtes Grau. „Auch als eine Anspielung auf Kim Jones erste Kollektion für das Haus; wie eine schelmische Interpretation der Schulblazer, die von einem frischen Prinzen in Bel Air getragen werden. Lametta breitet sich aus – schließlich sind wir in der Lametta-Stadt.“
Einfach mal gucken und lasst uns dann bitte wissen, ob euch die Dior Venice Beach Vibes in der Prince Of Bel Air 2023 Edition erreicht haben.
Gastautorin: Eva Parke
Carsten
30. Mai 2022 at 16:46Ferre Anzüge. Ein Slimane Schal und ein Blüschen. Ein Galliano Überwurf.
Zitate der Zeitzitate, lebensoptimistisch nach Venice geholt.
Immerhin kann man zu dieser Kollektion mal ein paar Meinungen haben.
Und wenn wir nicht auf Dior warten wollen, bespritzen wir uns einfach mit dem ERL Comme des Garcons Duft.