Bild: Courtesy of 080 Barcelona
Hola, hola Barcelona – Mitten in der Abgabephase meiner Bachelorarbeit stehe ich vor folgenschwerer Entscheidung: Pfeife ich auf die deutsche Modewoche und verpasse damit den vielversprechenden Vogue Salon mit seinen Talenten und einer Handvoll interessanten, international besprochenen Schauen? Oder: Lasse ich die spanische Modewoche 080 Barcelona sausen und damit liebevoll organisierte Events, die vor Energie nur sprühen? Ich entscheide mich für ersteres und mache mich auf den Weg Richtung Süden – eine willkommene Abwechslung vom Unialltag, zum Glück habe ich etwas vorgearbeitet…
Antonio Miro Spring/Summer 2017; Bild: Courtesy of 080 Barcelona
Nachdem ich im ersten Teil des Barcelona-Berichts bereits einige Designer vorgestellt habe, geht es nun mit dem Label Antonio Miro und seiner Kollektion „Arquitectura“ weiter: Polka Dot, Orange, Rosa – farbenfroh soweit das Auge reicht. Ich konzentriere mich primär auf die Details und bekunde Interesse an der Gürtel-Strick-Alternative, muss ich zuhause nachmachen.
Antonio Miro Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Antonio Miro Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Antonio Miro Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Wenn ich nicht gerade Backstage versuche, den ein oder anderen Moment für euch festzuhalten, sichte ich die Entwürfe der Studierenden:
Fashion Market Spring/Summer 2017; Bild: Courtesy of 080 Barcelona
Hier muss ich unbedingt das Prädikat „wertvoll“ fallen lassen, denn: Wenn das so weiter geht, sollte der internationale Modezirkus bald seinen Fokus noch stärker auf die spanische Küstenstadt richten. Die Kreativköpfe freuen sich über meinen Besuch, man kommt ins Gespräch und es wird einem bedingungslose Euphorie entgegengebracht. „Die nutzen ihre Plattform“, denke ich mir und verspüre ausnahmslos Professionalität und Bodenständigkeit (ein Student berichtet davon, wie er sechs Tage die Woche kellnern geht, um seinen Traum von der Mode realisieren zu können). Sehr gerne wäre ich noch länger vor Ort geblieben, hätte mir den Fashion Market genauer angeschaut und weitere Gespräche geführt.
Fashion Market Spring/Summer 2017; Bild: Courtesy of 080 Barcelona
Die Uhr tickt jedoch rasend schnell (der ein oder andere unter uns kennt dieses omnipräsente, gerade während Fashion Week aufkommende Phänomen) und ich orientiere mich am reich bestückten Schauenplan. Shit, beinahe hätte ich zwischen beinahe 40 anderen potentiellen Kollektionen Brain & Beast vergessen:
Brain Beast Spring/Summer 2017; Bild: Courtesy of 080 Barcelona
Das Label zeigt zur Prime Time und gehört zu meinen absoluten Favoriten der 080 Barcelona. Nicht unbedingt wegen seiner Entwürfe (über die lässt sich durchaus diskutieren, an dieser Stelle habe ich bereits in der Vergangenheit über das Label berichtet), sondern aufgrund der Inszenierung auf dem Laufsteg. Es geht eigentlich immer, immer, immer um die Auseinandersetzung mit Gesellschaft- und Geschlechterrollen, das Aufbrechen festgezurrter Normen.
Brain Beast Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Brain Beast Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Brain Beast Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
Brain Beast Spring/Summer 2017; Bilder: Courtesy of 080 Barcelona
2010 gegründet, gehört das Label gefühlt schon jahrelang zu meiner Modevorstellung von Barcelona. Die Köpfe hinter dem Label, Ángel Vilda, César Olivar und Verónica Raposo, wirken wunderbar entspannt im Backstagebereich und grüßen ihre Ehrengäste ausnahmslos persönlich. Hier herrscht eine vertraut-familiäre Stimmung. Das Casting ist gewohnt bunt gemischt, Heteros treffen auf uns Homos und Transvestiten – so muss das sein! Ich verspüre ein warmes Gefühl um mein Herz, warum?
Gerade in Zeiten akuter Unsicherheiten, Brexit und dem täglich ausgelebten Rechtsruck unserer Gesellschaft. In Zeiten von AfD, Verfolgung und Diskriminierung von Minderheiten wie Homosexuellen, soll und muss es Leute wie Olivar und Raposo geben. Am liebsten hätte ich mir eine Liveübertragung ins weltweite Netz gewünscht, Medienecho und Diskussion inklusive. „Das ist 2016“, denke ich mir. Diese Leute stehen für eine offene, tolerante Gesellschaft und niemand rümpft die Nase, weil Männer mit toupierter Mähne ihren Lidstrich nachziehen. Hier darf und kann ein nicht besonders ästhetisch anmutender Männerpo im Jockstrap über den Laufsteg flanieren, Frauen mit burschikoser Männlichkeit stampfen und Kinder in die Arme der umjubelten Designer flitzen – alles wirkt so herrlich normal, akzeptiert. Eine Farb- und Formenexplosion, taillierte Kleider treffen Volant-Tops und Branding. Hier ist alles möglich, von Konformität und Engstirnigkeit keine Spur. Ein mehr als gelungener Abschluss der 080 Barcelona. Für das letzte Dinner geht es ins Fairmont Rey Juan Carlos I. Ein Traum für jeden Futurismus-Liebhaber (zumindest kann ich das bei Nacht und spektakulärer Beleuchtung beurteilen), sehr gutes Essen gibt’s auch – gracias, gracias!
Apropos, während ich hier am Schreibtisch sitze und die spannende Zeit anhand zig Fotogalerien Revue passieren lasse, fällt mir wieder einmal auf: Abwechslungsreichtum und eine schier unfassbare Vielschichtigkeit von Ideen wird in der katalonischen Kreativmetropole ganz groß geschrieben! Anbei ein paar Impressionen von meiner Zeit, La Barceloneta, Mies van der Rohe Pavillon, verschiedene Museen und Meer inklusive…
Siegmar
15. Juli 2016 at 15:24Brian Beast noch nie gehört und das ist auch gut so 🙂