Warum sollte eines der Orakel der Mode, Miuccia Prada, die den erfolgreichen Familienbetrieb (als Koffermacher 100 Jahre alt) nun im 35. Jahr nicht nur führt, sondern zu einer der stärksten zeitgenössischen High-Fashion Marken der Welt weiter entwickelt hat, ausgerechnet jetzt erklären, wie man sich ihrer Womenswear Spring/Summer 2014 modisch nähert?
Während ich über all die Fragezeichen in Berichten und vor allem in Kommentaren auf „führenden“ Modeblogs schmunzeln musste, die ich zu dieser Kollektion lesen konnte, wurde mir Miuccia Prada, die ich immer schon mochte und verehrte, noch sympathischer …
Wo steht den geschrieben, dass High-Fashion Kollektionen von Modemädchen und Frauen, die nicht mal die Basics wie klassische Cardigans, Business Suits, Kostüme und Jacken, die es bei PRADA bekanntlich immer gibt, dort kaufen, verstanden werden müssen (und mich freut schon an dieser Stelle, dass sich diese Kollektion nicht ganz so einfach kopieren lassen dürfte)?
Miuccia Prada dient sich niemand an, noch nicht mal ihren Kunden. Mal gibt es sehr gut verständliches und gefälliges, dann wieder schwer verdauliche Verkleidungen, die aber richtig getragen genau den Nerv der Zeit treffen. Und für Jederfrau war High Fashion in dieser Preisklasse ohnehin noch nie gedacht.
Im kommenden Sommer sieht man die PRADA Frau jedenfalls als wandelndes Großformat von Kunst, genau genommen sind es Zitate auf die Werke der mexikanischen Muralisten Diego Rivera, David Alfaro Siqueiros und José Clemente Orozco, auf deren politisch verankerte Wall Art.
Doch das Drumherum zur Kollektion war ein beeindruckendes Bühnenbild und ein Show Space, der selbst Kunst sein sollte … „In the Heart of the Multitude“, die großformatigen Bilder von vier Muralisten und zwei Cartoonisten wurden auf die grauen Wände des Via Fogazzaro Show Space in Mailand projeziert.
Miles “El Mac” Gregor, Mesa, Gabriel Specter, und Stinkfish, sowie die Illustratoren Jeanne Detallante und Pierre Mornet wurden von Miuccia Prada dazu eingeladen, ihre Ideen zu den Themen Femininity, Representation, Power und Multiplicity beizusteuern. Draus entstand eine homogen-heterogene Symbiose aus dem Geschehen im Raum und den durchwegs expressiven Outfits der Kollektion. Allesamt in Farben, die mich an Expressionisten wie Gauguin erinnerten.
In solchen Kleidern kann man sich nicht hinter der Mode verstecken, ist als Frau auf der Höhe der Zeit immer präsent. Noch Radikaler als die Createure anderer auffallender Kollektionen, scheint Miuccia Prada darauf zu bestehen, sich im Sommer 2014 für das Ganz oder Garnicht zu entscheiden.
Und das Ganz hat dem Betrachter so einiges zu bieten: Prints von Portraits, die schon ohne das Drumherum aus Glassteinen, Borten, Pailetten und anderen kunstvollen Deko-Elementen hart an der Geschmacksgrenze entlang schrammen, wohl nur, weil man das so nicht auf teure Kleider zu drucken hat … muss teuer immer vornehm und geschmackvoll im Sinne von stilvoll sein? Mal ja, hier aber eindeutig nein!
Auch wenn es ganz sicher ein Wagnis ist, in der Hauptsache Kleider mit Cut-Outs, halterlose Bustierkleider und solche mit Bikinioberteil als Halterung zu zeigen, sind diese Ideen an der richtigen Frau und eloquent kombiniert, genau das, was mir in dieser Saison noch an Highlights gefehlt hat.
Es hat in der Mode alles schon mal gegeben, im übrigen auch einige von Miuccias Teilen sind Zitate auf Teile eines Kollegen, aber wie Raf Simons so schön sagt: „Ein offensichtliches Zitat halte ich für ehrlicher, als seine Quellen verstecken zu wollen.“ (GQ Style). Und echte Modernität ist das, was mir zu Miuccas Kollektion auf den ersten Blick einfiel. Man muss sich halt schon was trauen und als Modemaus – mitten im Mainstream – wird man diese Entwürfe vielleicht besser wirklich nicht tragen (und man muss sowieso halbwegs groß sein!).
Besonders mag ich die Mischung aus Elementen der Sportswear und Streetwear, wie die immer wieder hervorblitzenden geringelten Rippbündchen und Tops zu den bestickten Kleidern. Das bricht den Look auf weniger pompös und festlich herunter und lässt sich auch gut dafür nutzen, andere Looks aufzufrischen. Die Leibrock-Kleider mit Cut Outs oder trägerlos, die ich gleich als Nummern 01 bis 08 zeige, sind aus meiner Sicht alle sehr gelungen. Dazu kann man Jackets, Cardigans, Mäntel, schmale Hosen und darunter Shirts und so weiter tragen und ist immer wieder toll und neu angezogen.
Als Mantel würde ich aus dieser Kollektion aber ganz klar den schwarzen auf Bild 02 nehmen … auf den bedruckten ist mir dann doch etwas zu viel los. Ganz sicher werden uns tolle Kombinationen mit den Trafalgars in den Hochglanzmagazinen da aber noch Lust auf mehr Muster und öffentliche Aufmerksamkeit machen.
Die Wadenstutzen ohne extra Klimbim gehen auch zu ganz vielem, das muss man dann einfach mal vorab mit einem Paar abgeschnittenen Fußballstutzen probieren, ob einem das auch wirklich steht (nur zu langen und schmalen Beinen) … und da sehe ich auch tolle Möglichkeiten vor meinem geistigen Auge, genau diese Wadenstutzen zu Boots und Sneakers zu tragen, auch wenn das wahrscheinlich nicht im Hochsommer infrage kommt.
Für mich ist die PRADA Womenswear Summer 2014 eine Hommage auf unsere Zeit, in der wir angeblich alles schon mal gesehen haben und glauben, schon alles zu kennen, aber in Wirklichkeit nach der Freiheit suchen, Mode ab und zu wirklich so für uns zu nutzen, wie sie gedacht ist: Laut, schrill, bunt und auffallend, als Statement, wie Kunst!
Wer noch einmal die komplette Schau sehen möchte …
PRADA Womenswear Spring/Summer 2014
peter
27. September 2013 at 13:33Super Bericht!!Auf den Punkt gebracht!!Sie ist die mutige Schiaparelli unserer Zeit!!!Love it!!!
eigenwilligkeit hat sich immer ausgezahlt und Prada ist mal wieder weit abseits der Langeweile!!!
Wolfram
27. September 2013 at 14:06Warum muss man eine Kollektion erklären? Entweder sie gefällt oder nicht. Persönlich hatte ich in der Vergangenheit öfters Schwierigkeiten mit Prada, stelle aber fest, dass ich mehr und mehr ein Prada-Fan werde, auch die Herrenkollektion sticht
zweifelsohne aus der Beliebigkeit anderer Kollektionen hervor.
Auryn
27. September 2013 at 14:23Ganz toll!!! (und eine tolle rRezension!)
Siegmar
27. September 2013 at 14:28ich als Prada-Fan, bin wie immer begeistert
loewenherzblut
28. September 2013 at 16:17Für mich ist diese Kollektion schrulliger Mode-Klimbim ohne jeglichen ästhetischen Zeitgeist-Mehrwert.
monsieur_didier
28. September 2013 at 21:07…ich mag Miuccia Prada ja, finde das sie eine ganz tolle Persönlichkeit ist und mag meistens, was sie präsentiert…
aber eben nur meistens…
die Kleider und Mäntel mit dem Gesichtern finde ich ziemlich albern…
stilvoller, ruhiger und sensationeller hat YSL das schon vor Jahrzenhnten präsentiert…
…das Styling der Models finde ich toll, das gefällt mir…
und: …es gibt auch eine andere Sichtweise auf Mode als laut und schrill…
es ist eine Sichtweise, aber eben nur eine Sichtweise…!
…nichts desto trotz, werte Daisy, ein schöner Bericht…!
Die Woche auf Horstson | Horstson
29. September 2013 at 12:59[…] 1) Miuccia Prada überzeugte mit einer ganz großartigen Kollektion für Sommer 2014: Triumph der Unverstandenen – PRADA Womenswear Spring/Summer 2014 2) Das Label Björn Borg zeigt in Russland Flagge gegen Homophobie – das finden wir gut! […]