Zuviel des Guten kann wundervoll sein – ein Satz, den Mae West prägte. Ich weiß nicht, wie die amerikanische Schauspielerin über Gucci, geschweige denn über die neue Prefall-Kampagne von Gucci denken würde. Vielleicht würde sie sich aber auch bestätigt fühlen, wenn sie die Kollektion von Alessandro Michele sieht.
Gucci
Letzte Woche gab François-Henri Pinault, CEO von Kering, die Ergebnisse der französischen Markenholding bekannt und lobte, dass Gucci auf einem guten Weg ist. Die Ergebnisse haben sich verbessert und das Potential von Gucci sei immens. Das ist für einen Wirtschaftsboss schon sehr viel, denn meistens bedeutet schweigen schon ein Lob. Also gute Aussichten für den Mann, der aus einer ganz anderen Welt kommt, nämlich einer Welt der intelligenten Kreativität und der Energie, mit seinen Visionen die komplette Marke umzudrehen: Alessandro Michele.
Und so war es auch Michele, der mit der Herbst/Winter-Kollektion 2016 den Auftakt für die Mailänder Schauen machte.
Bild: Courtesy of Gucci
Unglaubliche 84 Looks hat Alessandro Michele zusammen mit seinem Team für die Prefall-Kollektion von Gucci entworfen. Wahnsinn – doch es ist zu hoffen, dass Michele das Tempo durchhält und sich nicht verheizen lässt.
Bild: Courtesy of Gucci
Mit höchster Spannung wurde die Modenschau des Designers erwartet, der 2015 dafür gesorgt hat, dass nicht nur bei Gucci ein Imagewandel stattfand. Alessandro Michele sorgte in der gesamten Fashionwelt für eine Aufruhr, die eine neue Sichtweise auf eine eklektische Opulenz geöffnet hat, die weder protzig noch neureich wirkt. Michele, den man ohne zu übertreiben als einen intellektuellen und gebildeten Mann beschreiben kann – zumindest wenn man seine die einzelnen Kollektionen begleitenden Texte liest – scheint gar nicht zu wissen, wohin mit der ganzen Fantasie. Jedes Einzelteil seiner vergangenen Damen- und Herrenkollektionen sprudelt nur so vor Zitaten aus der Modegeschichte, die er aus dem EffEff beherrscht und in die Gegenwart transferiert. Zusätzlich verfügt er über ein ganz besonderes Gespür für Farbe, für das Handwerk und für poetische Anspielungen.
Bild: Glen Luchford
Irgendwie war es ja klar, dass der Gucci Kreativdirektor Alessandro Michele Berlin mit seinem ganz besonderen Flair als inspirierend empfindet. Besonders die Popkultur der Achtziger Jahre, als West Berlin viele Künstler wie David Bowie anzog und durch seine Insellage und dem Ost-West-Konflikt eine völlig eigene Stilistik entwickelte, scheinen ihn zu inspirieren.
Genau diese Kulisse wählte er jetzt zusammen mit Artdirector Christopher Simmonds aus, um seine Spring/Summer-Kollektion zu inszenieren. Glen Luchford als Fotograf zeigt die immer etwas „nerdig“ wirkenden Models in U-Bahn Stationen, in psychedelischen, mit David Hicks-Tapeten dekorierten Badezimmern, auf Hoteldächern und S-Bahn-Passagen, die genauso öde wirken, wie bei Edward Hopper.
Kein Designer scheint so vor Ideen zu sprudeln wie Alessandro Michele – just wurde seine Womens Pre-Fall Collection 2016 in Mailand vorgestellt. Mit dem immensen Umfang von 80 Looks begibt sich Michele auf die Spuren von Altmeister Lagerfeld, der seine Kollektionen auch immer in diesem Umfang präsentiert – im Gegensatz zu den anderen Häusern, deren Energie meist schon nach weit weniger Durchgängen verpufft zu sein scheint. Michele zeigt allerdings für diese – für den Verkauf wichtige – Kollektion keine Schau, sondern lediglich ein Lookbook. Inszeniert wurden die Bilder von Ari Marcopoulos in typisch römischer Manier in einem Palazzo, der, wie Michele es nennt, „pompejanisch“ dekoriert ist. Die Fresken der im Jahre 79 nach Christus durch den Vulkanausbruch des Vesuvs untergegangenen und im 18. Jahrhundert wiederentdeckten Stadt, prägten die italienische Kunst sehr und faszinieren den Gucci-Designer.
British Fashion Council: Alessandro Michele bekommt „International Designer Award 2015“
Posted on 17. November 2015
Bild: Ronan Gallagher; Courtesy of Gucci
Am 23. November 2015 werden die renommierten Preise des britischen Fashion Council vergeben. Karl Lagerfeld wird ihn für sein Lebenswerk und für seine zukünftigen Arbeiten bekommen. Wie jetzt bekannt wurde, geht der „International Designer Award“ des Jahres an Alessandro Michele.
Man könnte sagen, dass es Micheles Jahr ist. Nachdem er schon 13 Jahre bei Gucci gearbeitet hat, wurde er in den letzten Monaten zu einem der Innovatoren der gesamten Modebranche. Anfang des Jahres 2015, aus der zweiten Reihe zum ‚Head of Design‘ gekürt, schaffte es Michele, das gesamte Bild und den Auftritt der Marke Gucci zu verändern.
Wenn es ein Label der Stunde gibt, dann ist es Gucci. Nun bietet für das neueste Kampagnenvideo eine runtergerockte Villa eine spektakuläre Kulisse. Gedreht hat das Schmankerl der britische Fotograf und Regisseur Glen Luchford, der Models wie Kadri Vahersalu, Rhiannon McConnell, Tami Williams, Laurie Harding und Taavi Mand zum Joy Division-Cover „She’s lost control“ von Alive She Died in Entwürfen von Alessandro Michele tanzen ließ.
Nun finden wir Cover von Joy Division schon aus Prinzip daneben, allerdings ist die Version der griechischen Band mit 30 Jahren auch fast schon so alt wie das Originalwerk von Joy Division, dass 1978 seine Premiere feierte.
Beide Bands gibt es nicht mehr – weder Joy Division noch Alive She Died, doch den Tanz der Models in Slow Motion untermalt „She’s lost control“ perfekt …
Parallel wurde nun auch das neueste Lookbook zur Cruise Spring-Summer-Kollektion veröffentlich – ich bin mir sicher, dass sich auch dort Klassiker finden, die noch in 30 Jahren erstaunlich modern wirken, oder?
Camilla Filippi; Bild: Courtesy of Gucci
Mode und Kunst, auch wenn es durch die zahlreichen Kunststiftungen wie der Louis Vuitton Fondation oder der Fondazione PRADA so wirkt, sind nicht erst in den letzten Jahren eine Verbindung eingegangen. Von Anfang an haben sich Kreateure und Händler für alte oder zu ihrer Zeit avantgardistischer Kunst interessiert und sie gesammelt. Künstler haben zu jeder Zeit für Inspiration gesorgt. Schon einer der ersten Couturiers, Jacques Doucet, hatte eine der besten und umfangreichsten Antiquitäten- und Gemäldesammlungen, die 1912 in einer spektakulären, mehrere Wochen dauernden Auktion verkauft wurde. Coco Chanel war mit vielen Künstlern ihrer Zeit, wie Pablo Picasso und Salvador Dalí, befreundet und Christian Dior betrieb eine Galerie, lange bevor er mit seinem New Look die Weltmode revolutionierte. Man könnte die Kette endlos bis heute fortsetzen.
Gucci Spring-Summer 2016 – Alessandros „Carte de Tendre“
Posted on 7. Oktober 2015
Gucci Spring-Summer 2016; Milan Fashion Week; Bild: Courtesy of Gucci (PR)
Die Gucci-Kollektion für das nächste Frühjahr kann man jetzt schon als ein Highlight der Saison verbuchen. Alessandro Michele setzt kontinuierlich das um, was man als dauerhafte und intelligente Veränderung bei dem italienischen Traditionslabel ansehen kann.
Er macht nicht den Fehler, nach zwei Saisons krampfhaft Neues zu bringen. Oberflächliche Betrachter haben ihn vorschnell in die Schubladen ‚Eklektizismus‘ und ‚Vintage Mix‘ gesteckt. Doch was er bietet, ist so viel mehr, mit so einem Tiefgang und einer kulturellen Intelligenz, dass er wirklich eine positive Ausnahme in der sich immer mehr überschlagenden Modewelt ist.