J.W. Andersons zweite Kollektion für das spanische Label Loewe begann mit einer für Anderson typischen, etwas schrägen Inspirationsquelle: „Kleidungsstücke im heimischen Schrank, bei denen man sich fragt, warum man sie jemals gekauft hat“. Klingt herrlich skurril, sieht aber super aus. In der überschaubaren Kollektion tümmeln sich weite, überlange Hosen, kastige Lederjacken, ein Poncho, ein Anzug mit buntem Mosaikmuster und diverse Blousons. Das meiste davon in lässigen Oversize-Silhouetten in einer von den 70er Jahren geprägten Farbpalette. Riesige Weekender, Leder-Totes und kleine Umhängetaschen passen perfekt zu den Outfits mit dezenter Dandynote. Ich persönlich wäre mehr als happy, wenn ich ähnliche Teile noch in meinem Schrank finden würde …
Fall-Winter
Sehr schade: Viktor & Rolf stellen ihre Prêt-à-porter-Linie ein. Begründet wird dieser Schritt durch die „Only the Brave“-Holding mit einer strategischen Notwendigkeit – sprich: die Prêt-à-porter verkaufte sich zu schlecht. Bleib dem Label Viktor & Rolf also noch die Haute Couture und die vergleichsweise lukrativere Beautylinie – der Goldesel der Branche, ohne den es einige Labels schon gar nicht mehr geben würde. Auch hat 2006 anscheinend die Kooperation mit dem schwedischen Textilunternehmen „H&M“ offensichtlich nicht für eine nachhaltige Steigerung des Bekanntheitsgrades gesorgt.
Das die „günstigen“ Linien eingestellt werden, ist ein Schritt, der einem bekannt vorkommt und der mit Sicherheit auch nicht der letzte seiner Art sein wird: Erst im September gab Jean Paul Gaultier bekannt, seine Ready-to-Wear Kollektionen nicht mehr weiter zu verfolgen und seinen Fokus ebenso auf die Haute Couture und die Parfum-Linie zu richten.
Was nun also bleibt, ist ein etwas wehleidiger Blick auf die letzte Fall-Winter Kollektion von Viktor Horsting und Rolf Snoeren – Adieu Monsieur!
Bild: Walter Van Beirenonck; PR
Die Ansage war eindeutig: ‚Stop Terrorising Our World‘ steht auf dem transparenten Etwas, mit dem Walter Van Beirendonck seine Fall-Winter Kollektion vor ein paar Tagen im Hôtel d’Evreux am Place Vendôme in Paris begann. Eigentlich wollte Van Beirendonck keine politischen Statements über den Laufsteg schicken, doch aufgrund des Anschlages auf die Redaktion von “Charlie Hebdo” ließ sich der belgische Designer doch zu einer Botschaft hinreißen.
Antwerpen, Paris? Paris, Antwerpen! – Ihr ahnt es sicherlich schon, von keinem Geringeren als Dries Van Noten ist die Rede. Belgiens everlasting Wunderkind (Obacht: Ich bin immer begeistert von seinen Kollektionen und gewähre keinerlei Objektivitätsgarantie.) hat diese Saison den Lagenlook perfektioniert.
Louis Vuitton Homme Automne-Hiver 2015-2016 – Hommage to Christopher Nemeth
Posted on 28. Januar 2015Bei Louis Vuitton ist die Herrenkollektion für den nächsten Winter so etwas wie eine geschlossene Veranstaltung. Kim Jones, als Artistic Director verantwortlich für die Männerlinie des Hauses, geht das Wagnis aber auch die Konsequenz ein, seine gesamte Kollektion einer Richtung und einem Thema zu widmen. Dadurch, dass nicht für jeden Trend und für Geschmack etwas dabei ist, präsentiert Jones eine sehr harmonische, in sich geschlossene Kollektion, die man eher wie eine sehr tragbare und luxuriöse Kunstinstallation sehen sollte.
Alle Looks und Accessoires sind dem vor fünf Jahren gestorbenem Londoner Künstler Christopher Nemeth gewidmet. Jones muss tief von ihm geprägt sein, dass er eine solch fulminante Hommage an Nemeth startet. Kleidung als freier Künstler zu sehen, ist eine Grundphilosophie von Nemeth. Natürlich wird das in Jones‘ Interpretation für Vuitton nicht ganz so ernst genommen und so ist in den Grundformen eher eine klassisch-sportliche Kollektion zu sehen, die als eine Art Leinwand genutzt wird.
In der Nähe seiner Heimatstadt Nottingham archiviert der Sammelbegeisterte Designer Sir Paul Smith in mehreren Lagerhallen all seine Kollektionen. Kürzlich durfte nun sein junges Londoner Designteam dort eine ausgiebige Runde in der Vergangenheit stöbern. Smith berichtete danach, dass sie alle sehr aufgeregt waren. Er selber ist schließlich von Anfang an dabei und vergisst manchmal, dass die heutigen 19 bis 30-Jährigen sich an seine längst vergangenen Kollektionen nicht erinnern können oder niemals gesehen haben …
Silvia Venturini Fendi widerlegt alle Vorurteile, die es gegenüber Menschen aus der Fashionbranche gibt und die als oberflächlich gilt. Silvia Fendi wirkt bescheiden und macht zusammen mit Karl Lagerfeld seit Jahren einen fantastischen Job in der Women’s Wear. Der Men’s Wear gibt Fendi, ohne Lagerfeld, eine sehr eigenständige Note und bringt sie immer mehr nach vorne …
Längst hat sich FENDI von „nur Pelz“ in ein ganz anderes Brand mit vielen Facetten verwandelt. Sicherlich können die Römer gut mit Leder und Lammfell umgehen, aber genauso stark sind sie bei den Stoffen und Strick. Dass die Baguette-Tasche zu einem Synonym für Verkaufserfolge geworden ist, war nur Silvia Fendis erster Streich – mittlerweile hat sich die nächste Tasche, die Peekaboo, endgültig zum Klassiker mit Humor entwickelt und gehört zum festen Repertoire des Hauses. Silvia scheint es hingegen nicht wichtig zu sein, was sie selbst trägt und so ist ihr persönlicher Stil leise und zurückhaltend; sie ist intellektuell und man kann sie eher mit einer Perle in einer Muschel vergleichen: Es ist schwer, an sie heranzukommen, aber hat man sie geknackt, offenbaren sich Humor, Kreativität und eine wunderbar fantasievolle Frau, die voller Ideen steckt – und sie auch umsetzt.
Auf ein Highlight folgt das nächste – Während Peter noch vor Kurzem von der Bottega Veneta Männerkollektion geschwärmt hat (den Artikel gibt es hier zum Nachlesen), habe ich gegrübelt, welche Outfits von Chefdesigner Tomas Maier in meinen heimischen Kleiderschrank passen würden. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, das Grübeln definitiv der falsche Ausdruck ist und ich vor lauter Begeisterung die gesamte Kollektion ordern müsste. Mindestens genauso euphorisch war ich, als ich soeben erstmals Zeit gefunden habe, die Entwürfe von Jil Sander zu sichten.
Bild: Bottega Veneta
Eines der Highlights der Mailänder Männerschauen präsentierte vor ein paar Tagen Tomas Maier für Bottega Veneta. Immer, wenn es lässiger wird, läuft Maier zur Hochform auf und zeigt eine seiner schönsten Kollektionen der letzten Jahre – so auch dieses Mal.
Die Farben, die Linie, das Zufällig-gar-nicht-zufällig-kombinierte und der Stil – alles auf den Punkt gebracht und vor allem etwas, was richtige Männer gern anziehen: modeorientiert, aber kein Style für Fashionvictims.
Facettenreich und ungeheuer stilvoll will man mit der Kollektion, die eher einer gewachsenen Garderobe gleicht, sofort jeden Tag zusammen und in ihr verbringen. Vorbild könnte der Kleiderschrank eines Kreativen, bei dem sich Job und Privates vermischen, sein. Business – und Casualwear werden nonchalant vermengt, unerwartete Kombinationen werden zur individuellen Note des Trägers …
Very, very British – Die Diesel Black Gold Männerkollektion wurde zwar in Mailand gezeigt, gehört mit seinen Looks wohl doch eher nach London. Andreas Melbostad, Kreativchef des Hauses, setzt für Herbst/ Winter 2015 gezielt auf Brit-Chic à la Punkphase heranwachsender Teenager. Ich bin mir noch nicht sicher, ob und wie mir die gezeigten Entwürfe gefallen. Ein Annäherungsversuch: