(Bild: Closed)
Der Unisexgedanke ist fast so alt wie die Mode selbst; dass man gerne in den Kleiderschränken des anderen Geschlechts wildert, sicher auch. Zahlreiche Beispiele aus der Fashionhistory belegen, dass die eigene Garderobe scheinbar nicht ausreicht: So lieh sich schon Coco Chanel die Tweed-Jacketts des Herzogs von Westminster, um sich zu den berühmten Bouclés inspirieren zu lassen. Yves Saint Laurent steckte Frauen in Smokings und seine berühmten Safarijacken waren – egal für welches Geschlecht – begehrt.
Helmut Lang schickte in den Neunziger Jahren Männer und Frauen in identischen Teilen über den New Yorker Catwalk, während geschnürte Church Schuhe für Damen aktuell ein gigantisches Comeback erleben. Diana Vreeland war angetan von dem Gedanken der geschlechtslosen Kleidung und steckte die Models für einige Vogue-Produktionen in weiße Männeroberhemden – für sie hatten sie etwas Reines und Cooles.
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In den letzten Jahren gibt es verschiedene Variationen des „Equal-Looks“. Entweder wie bei Gucci, wo Männer Schluppenblusen tragen und den Mut zum weiblichen Geschlecht beweisen oder aber wie beim schwedischen Label Acne Studios, wo man versucht, der Genderdiskussion eine intellektuelle Plattform zu geben. In jedem Falle geht es um das Verwischen klassischer Geschlechterrollen und auch um den Spaß der Verbindung. Dabei haben sich die meisten Designer allerdings von dem Grundgedanken entfernt und im Endeffekt reine Männer- oder Frauenkleidungsstücke gezeigt und die Proportionen entsprechend verändert.
Dass aber die gesamte Kollektion geschlechtsneutral ist und man einfach tauscht, wurde in letzter Konsequenz nur selten umgesetzt. Im Pariser Le Bon Marché gibt es eine ganze Abteilung, die für Frauen einfach nur die kleinen Größen von Männerkollektionen wie Ami Alexandre Mattiussi oder auch A.P.C. verkauft. Es ist also an der Zeit, den Gedanken professionell und mit einer plausiblen Konsequenz auszuspielen.
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Toni Garrn und ihr Bruder Niklas haben sich schon als Kinder gegenseitig Sachen aus ihren Kleiderschränken stibitzt. Sie trug seine Jeansjacke und er ihre Oversize-T-Shirts. Die Geschwister haben, so scheint es, ein enges Verhältnis zueinander, was vermutlich auch der ausschlaggebende Grund war, gemeinsam zu designen.
Toni Garrn ist, seitdem sie 2006 in Hamburg entdeckt wurde, auf allen Runways der Welt zu Hause und wurde von sämtlichen namhaften Fotografen abgelichtet. Ihr Durchbruch wurde durch einen Vertrag für Calvin Klein besiegelt und die Kampagnen für Burberry, Chloé, Jil Sander, Etro oder auch Donna Karan sind nur ein Bruchteil dessen, was sie mit Paolo Roversi, David Sims, Steven Meisel oder Karl Lagerfeld abgeliefert hat.
Von Anfang an war Garrn aber auch dem in Hamburg beheimateten Label Closed verbunden und stand 2008 das erste Mal für deren Kampagne vor der Kamera. Die pure, offene und klare Art des Models passt ideal zum „Easy Chic“ des Labels, das durch die Wurzeln einen puren, aber immer mit italienischer Lässigkeit gepaarten Stil weltweit etablieren konnte. Der Stil steht für modisches Selbstverständnis, wozu auch Toni und Niklas Garrn perfekt passen. Logische Konsequenz ist eine eigene Capsule Collection aus 12 identischen Kleidungsstücken, die gleichermaßen von Damen und Herren getragen werden können: „EQL by Toni und Niklas Garrn“ .
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„EQL by Toni und Niklas Garrn“ steht nicht nur für Gleichberechtigung, sondern ist auch das Motto und die Headline der Kollektion. EQL, darunter ein Gleichheitszeichen, das für die Geschwister der Ausdruck von Gleichheit, Freiheit, Flexibilität und individuellen Stil ist. Schnitte, Passform und Style sind – gleich welche Größe – identisch; es ist eine Art Baukasten, in dem man sich wohlfühlt.
Moderner Minimalismus und das klare Bekenntnis für die Essenz der Mode. Chic bis sportlich als Leitfaden für das „perfekte“ Shirt, den Oversize-Mantel für jede Gelegenheit aber auch die Office Hose, die bequem, aber fashionable ist.
Toni und Niklas Garrn bringen mit dieser Kollektion auch die Philosophie auf einen Nenner, die das Label Closed ausmacht. Denn genau das ist es, was die vor vierzig Jahren gestarteten Sportswearpioniere schon immer ausmachte – Klarheit gemischt mit Raffinesse und Selbstverständlichkeit.
Bild: Closed
Für Closed ist Gleichberechtigung schon immer selbstverständlich. Das Design und die Firmenphilosophie basieren auf einem internationalen Team und freundschaftlichem Arbeiten. Toni und Niklas Garrn waren sicherlich genauso wie die Menschen in Paris, Mailand oder New York, denn da gehört das deutsche Label längst zu den Top 5 in Highend-Boutiquen und Department Stores, davon angetan.
Die Genderdiskussion scheint bei „EQL by Toni und Niklas Garrn“ ausgeschlossen; der Unisexgedanke wurde auf die Spitze getrieben. Einziges Problem: Man muss auf seine Sachen noch ein bisschen mehr aufpassen oder den Kleiderschrank abschließen – es könnte sein, dass sich der Partner bedient.
Siegmar
20. Oktober 2016 at 17:48gelungen, gefällt mir sehr
Ulla
20. Oktober 2016 at 19:55Schön schön, aber ist das ein Kampagnenbild auf dem Cover?
http://www.grazia-magazin.de/heft/43-16-20570.html
Horst
20. Oktober 2016 at 21:43Hallo Ulla, nicht, dass ich wüsste. Wir fragen nach!
Sophia Lella
21. Oktober 2016 at 10:21Wirklich gut geschrieben! Danke für den tollen Artikel 🙂
Alena
23. Oktober 2016 at 20:02Cooler Beitrag, ich mag die sehr großen Bilder besonders 🙂
Horst
24. Oktober 2016 at 11:25Hallo Ulla, ich habe Rückmeldung von Closed bekommen. Das Bild hat die Grazia am gleichen Tag mit Toni & Niklas für sich produziert. Also gleicher Tag, eigenes Team und eigener Ansatz.
Viele Grüße!