Nach der Fashionweek in Berlin widmen wir uns noch einer Show, die wir natürlich besprechen müssen. Saint Laurent Frühjahr/Sommer 2014. Ein fast drei Minuten langes Intro brauchte Show für den kommenden Sommer 2014 bis die zu raumschiffartigen Geräuschen hochfahrenden Metallmasten mit ihren stadionartigen Flutlichtern in die Höhe gefahren waren. Zu den ersten Akkorden von Sam Flax Song „Fire doesn’t burn itself“ ertönten, schickte Designer Hedi Slimane eine Gruppe Teddy Boys über den Laufsteg. Diese hatten zwar vom Alter her die 50er nicht im Ansatz miterlebt, standen ihren Originalen aber in Punkto Outfit in nichts nach. Wer nicht mehr weiß was Teddy Boys waren, für den zitiere ich schnell mal Wikipedia:
„(…) Neu an der Teddy-Boy-Bewegung war, dass sie sich bewusst nicht als Subkultur unter die Gesellschaft stellten, sondern durch vornehme Kleidung und einen affektiert wirkenden vornehmen Gestus den etablierten Mittelstand als die Proletarier abstempelten. Der Protest der Teds war hauptsächlich gesellschaftlich ausgerichtet ohne politische Intention. (…)“
Affektiertes Auftreten: Check, vornehme (teure Kleidung): Check. Gesellschaftlicher Protest: Bedingt. Aber das sollte auch nicht Aussage der Kollektion sein. Was Slimane für den kommenden Sommer präsentierte ist vielmehr das Ausrufezeichen hinter der letzten Herbst/Winter Kollektion, in der er das erste mal klar machte wie Saint Laurent im 21. Jahrhundert in seinen Augen aussehen soll. Ted’s, New Wave und Punk, Ströumngen die Slimane diese Saison hauptsächlich zitierte, waren wie auch schon Grunge (Herbst/Winter 2013) allesamt gesellschaftliche Strömungen, die musikalisch geprägt wurden. Und wie auch schon im Herbst/Winter 2013 adaptiert Slimane Basics der jeweiligen Zeit für das Luxussegment. In diesem Fall hieß das: Trenchcoats aus beschichtetem Leder, Seidenblousons mit aufwendig besticktem Vampirgebiss aus Strass auf dem Rücken, Bandanas (wahrscheinlich aus Kaschmir/Seide), hautenge Lacklederhosen oder aufwendig bestickte Pailletten T-Shirts. Die noch immer messerscharf geschnittenen, aber jetzt längeren und teilweise auch weiteren Sakkos sind noch immer gerade und schmal, wirken aber entspannter und zeigen wieder einmal mehr Slimanes Schnittkunst. Die Jeans und Lacklederhosen bleiben hauteng (und lassen teilweise keine Geheimnisse der Models offen) und sind bis zum Anschlag nach oben gezogen. So hat man freie Sicht auf die extrem spitzen und mit Sicherheit hoch gefragten Stiefeletten mit Western-Buckles. Die aufwendig produzierten Showteile wie Paillettenblazer, Zebrahose oder das Babycat-Bolerosakko werden es mit Sicherheit wieder auf die „Skandalpreislisten“ diverser Blogs schaffen. Manchmal blitzte bei an der Wade extrem schmalen aber zum Oberschenkel hin jodhpurartigen Hosen ein bisschen New Wave a la David Bowie auf. Vielleicht war das ja bereits ein kleiner Hinweis auf die nächste musikalische Ära mit der uns Saint Laurent nächste Saison überraschen wird? Ach ja und dann war da ja noch die Front Row mit den obligatorischen Musikern wie Beck und Konsorten. Dieses mal aber sah man neben Mila Jovovich in einer fantastischen Paillettenjacke von Saint Laurent auch Azzedine Alaia und Rei Kawakubo im Publikum. Ein kleiner Ritterschlag für den bisher oft kritisierten Slimane.
Bilder gibt es zum Beispiel beim Modepiloten und bei style.com zu sehen!
peter
8. Juli 2013 at 12:00Yepp!!!Love it!!!
Daisydora
8. Juli 2013 at 12:12Ich verstehe nicht alles aus dieser Kollektion, mag aber den größeren Rest und den guten Bericht 🙂
vk
8. Juli 2013 at 14:37slimane is back. – not with a bang, but… hey, lots of food for thought. – nach seinem appetite for destruction steigt er langsam wieder zu alter form auf – und doch anders. denn noch bleibt alles spannend. – das ist noch nicht der kuenstler slimane, der neue formen findet, subtil und reduziert den dingen ureigenes – und neues – leben abringt. er ist nicht mehr der retter der moderne, sondern eben postmoderner kostuemkumpel. fast ein galliano zu seinen besten zeiten. – das ist lustig und funktioniert besonders deshalb, weil man slimane diese oberflaechlichkeit nicht glaubt.
Horst
8. Juli 2013 at 16:33Nein, ich kann (leider) auch nach dem wirklich guten und wertschätzenden Artikel nichts an dieser Kollektion finden … Sorry. Und die Models fand ich wirklich nicht schön ausgewählt, um es nett zu sagen…
Das Intro mochte ich, baut einen schönen Spannungsbogen auf!!! Sam Flax‘ Song kannte ich nur durch die Show..
Siegmar
8. Juli 2013 at 17:00das sind sicherlich einige nette Teile dabei, die man sich dann direkt ansehen sollte an den Models(?) sieht fast alles blöde aus. Sind das Models od. hat er da einfach nur ein paar unsägliche Typen gecastet,
Junikäfer
8. Juli 2013 at 17:30Fabelhaftes Styling! Fabelhafte Musik!
Wieder einmal eine absolut tragbare Klamotte. Hier und da mit eigener Garderobe kombiniert – perfekt.
Stephan Berlin
9. Juli 2013 at 08:26Er will wohl die Grenzen der Mode ausloten: how low can you go?
Und wenn Hedi so Retro wird, ist das trist!
Daniel
9. Juli 2013 at 15:59Für diesem Hedi wäre Karl dick geblieben
monsieur_didier
9. Juli 2013 at 17:27…nein, vielen Dank, aber nein Danke…!
monsieur_didier
9. Juli 2013 at 17:33…ach, noch ein Nachtrag…
obwohl ich die Klamotten und die Models geradezu fürchterlich finde
gefällt mir der Film und die Art der Präsentation…
…das ist dann aber schon alles…!
Wolfram
9. Juli 2013 at 22:34meine schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden. Nie, wirklich niemals, sollte „Mann“
Hosen tragen, die bis unter die Achseln gezogen werden, der Rest ist unsäglich, wo bloß hat er die Jungs rekrutiert?
x x x
10. Juli 2013 at 06:52…nicht gerade respektvoll dem Namen YSL gegenüber !!!!!!!!
loewenherzblut
10. Juli 2013 at 12:20Slimane gelingt es, mich meisterlich zu enttäuschen. Modeklamauk at its best.
vk
10. Juli 2013 at 14:28wenig leichtigkeit hier im deutschen bloggersommer. – wir sprechen uns wieder, wenn ihr in ein paar monaten statt expeditionsflausch alle knackig schwatte lederjacken und kuschlige xl bandanas tragt.