Dior Men Herbst-Winter 2025-26; Foto: Adrien Dirand
Dior und Kim Jones haben sich für Herbst-Winter 2025-2026 tief in die Geschichte der Herrenmode begeben – und das mit einer klaren Vision. Wir blicken also zurück und starten nach vorn, soll heißen: Den kreativen Geist von Monsieur Dior zurückzuholen, dabei aber keineswegs in der Vergangenheit zu verweilen.
Der Artistic Director ließ sich von der „Ligne H“ aus der Herbst-Winter-Kollektion 1954-1955 inspirieren, um die Metamorphose der Herrenmode von der opulenten Extravaganz des 18. Jahrhunderts hin zu einer funktionaleren Ästhetik des 19. Jahrhunderts nachzuzeichnen. Doch bei all dieser historischen Verneigung bleibt die Kollektion alles andere als nostalgisch. Vielmehr ist sie eine Absichtserklärung über das Jetzt – und vielleicht eine leise Einladung, sich nicht allzu sehr festzulegen.
Kim Jones’ Vision für die Männerkollektion von Dior zeigt sich in einer geschickten Verschmelzung von Haute Couture und Prêt-à-Porter, die besonders zu Beginn und zum Ende der Show ineinander übergehen. Das Leitmotiv der „Metamorphose“ zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die gesamte Kollektion. Vom fließenden Übergang von femininen zu maskulinen Archivstücken bis hin zu Kleidungsstücken, die sich regelrecht verwandeln – etwa ein Mantel, der sich in einen Rock transformiert. Eben diese kontinuierliche Umwandlung und das Spiel mit Volumen – von körpernahen Schnitten bis zu weiten Silhouetten (insbesondere bei den Signature-Stücken) – fügen sich wild, aber dennoch äußerst elegant in das Bild eines modernen Dandys, der nicht an einem einzigen Stil festhält, sondern sich stetig neu erfindet. Wie passend in einer Zeit, die sich fast täglich ändert …
Ein weiteres Merkmal dieser Kollektion ist der Mix-and-Match maskuliner und ultra-femininer Codes, die zum Beispiel bei den Lederwaren und Schuhen zum Tragen kommt. So zum Beispiel bei den Hybrid-Sneakern, die mit handbestickten Archivstickereien aus dem Jahr 1961 versehen sind: Sie sollen Handwerkskunst mit einer Prise dekadenter Extravaganz kombinieren. Apropos Stickerei: Die zentrale Stickerei der Kollektion, inspiriert von einem Look aus der Haute Couture Frühjahr-Sommer 1948 (also dem Jahr, in dem Christian Dior einem der bedeutendsten Museen der Welt, dem Metropolitan Museum of Art in New York, ein Kleid namens Chérie aus seiner ersten Kollektion geschenkt hat), durchzieht die gesamte Kollektion. Sie wird auf der finalen Entwurf in zartem Rosa neu interpretiert, wobei die klassische Herrenkleidung in opulente Dekorationen verwandelt wird. Ob wir es auf der Straße sehen werden? Wohl kaum, dennoch löst eben dieses Stück Emotionen und Begehrlichkeiten aus.
Die Dior Männerkollektion Herbst-Winter 2025-2026 versteht sich als eine Hommage an die Historie, die jedoch in der Gegenwart lebt – und wer sich auf diese Reise einlässt, wird nicht nur Geschichte sehen, sondern eine Zukunft, die unaufhörlich in Bewegung ist …