(Prada Men, Herbst/Winter 2018; Bild: Courtesy of Prada)
Dass Miuccia Prada zweifelsohne die Grande Dame der Mailänder Designer ist, braucht sie eigentlich nicht mehr nach so vielen Jahrzehnten beweisen, doch sie weiß auch in unruhigen Zeiten noch einen draufzusetzen.
Prada passt sich in keiner Weise den Streetwear-Tendenzen und dem allgemeinen Aufspringen der meisten Designer in Richtung Gucci oder der „Vetements & Co.“-Liga an. Zu souverän ist die Mailänderin ihrem Stil verhaftet, der immer mit Contemporary Art, grafischen Elementen, dem italienischen Film und dem Bekenntnis zu Architektur und Design zu tun hat.
Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Francesco Vezzoli, Konstantin Grcic und Ronan Bouroullec; Bild: Courtesy of Prada
Diesmal zieht sie gleich zwei Asse aus dem Ärmel, indem sie Architekten und die bedeutendsten Industrie- und Interieurdesigner Europas – die Franzosen Ronan & Erwan Bouroullec, den deutschen Konstantin Grcic, die Schweizer Herzog & de Meuron und den Niederländer Rem Koolhaas – bittet, Accessoires mit den Augen und den Materialien der Prada-Heritage zu gestalten. Dazu mixt sie auf einer grafischen, fast zweidimensionalen, überdimensionierten Silhouette die Codes, die die Heritage des Labels ausmachen, im wahrsten Sinne des Wortes zu einer beeindruckenden Kollektion. Neben der Männerlinie für den Winter 2018 überträgt sie diese Ästhetik auch auf Damensilhouetten. Wir widmen uns zunächst den Herrenlooks.
Prada Men, Herbst/Winter 2018; Bild: Courtesy of Prada
Eines ist klar: Mein nächster Mantel ist von Prada. Die gebondeten Mäntel sind eines der vielen Highlights dieser Kollektion. Fast stehend hüllen sie wie große Glocken ein und mit übergroßen klobigen Schuhen wirkt der Träger wie aus einem Kinderbuch entstiegen. Die Raffinesse der Materialien und deren Mix sind nicht zu übertreffen. Im Vordergrund steht das Material, das Prada weltberühmt machte: Schwarzes Nylon, mit Reißverschlüssen versehen; allen voran der Rucksack und die Messenger Bag.
Der Rucksack „verwandelt“ sich in Westen, Jacken und Safeguard Outfits; Hosen, Shorts und die Ende der Achtziger Jahre lancierten Nylonanzüge der Linea Rosso werden im Stil der 2018er interpretiert.
Prada Men, Herbst/Winter 2018; Bild: Courtesy of Prada
Der berühmte Reporter Hut, ein absoluter Prada-Klassiker, wird in Farben und als unabdingbares Accessoire zu fast jedem Look zum Must-have-Begleiter.
Die legendären Drucke und Prints sowie die Illustrationen von Künstlern wie Christophe Chemin und vielen anderen, mit denen Miuccia erfolgreiche Kollektionen gestaltete, werden zitiert und dekonstruiert und neu zusammengesetzt, wie ein Film überlagert von einem alles umzüngelnden Flammenmotiv. Kastige Hemden im Dekonstruktivismus, dazu breite Nylonshorts und Fantasiestrick in Jacquardmustern, wie sie nur Italiener erdenken können.
Prada Men, Herbst/Winter 2018; Bild: Courtesy of Prada
Jedes Model trägt eine Art Ausweishülle, die anzeigt ob, es sich um feminine oder maskuline Modelle handelt und die Prada-DNA enthält. Die Show Space, wie ein überdimensioniertes Warehouse mit typischen Prada-Icons plakativ gezeichnet, Roboter, Schuhe, Taschen – als hätte man alles archiviert, um die Heritage-Elemente bei Bedarf zur Hand zu haben und etwas völlig Neues daraus zu gestalten.
Prada, mit ihrer verstörenden, fast immer wieder zunächst verschreckenden Sichtweise von Proportionen, Materialien und Farben und dem ewigen Schwarz des Nylons, Bananendrucken und Fifties- und Sixties-Mustern, die dann zu eigenen, immer perfekt zur Marke passenden Looks werden, schafft es immer wieder, das scheinbar Schräge zur Normalität werden zu lassen. Das kann nur Miuccia Prada und eben das macht sie so einzigartig.
Eine grandiose Männerkollektion, die voller Details aber doch eben mit meisterhafter Schlichtheit, sich weder immer schnelleren und angepassteren Strohfeuern noch der derzeitigen „Wir bedienen uns der Erfolge anderer Labels“-Adaptionen anpasst. Die Verbindung und das immerwährende Bekenntnis zu Design, Architektur und Kunst lassen Prada eher zu einem Zeitzeugnis über die letzen Jahrzehnte werden, der völlig eigenständig ist und sich in dieser Herrenkollektion wie ein aufspringendes Kaleidoskop neu definiert. Kein Zufall also, dass die im Moment bedeutendsten europäischen Architekten und Produktdesigner dort nur zu gern mitmischen.
Miuccia Prada setzt auch bei dieser Mailänder Fashion Week den Maßstab. Prada ist ein Stil und eine Haltung – das beweist diese Kollektion wie unter ein Vergrößerungsglas gelegt. Mit vielen, vielen Lieblingsstücken …
vk
18. Januar 2018 at 20:34interessant, peter, was du sagst.
fuer mich ist es das komplette gegenteil. prada goes ritzenhoff.
find ich mega uncoool.
my verdict:
two thumbs down.
Horst
18. Januar 2018 at 21:03Ich verstehe die kurzen Hosen nicht – ist ja eigentlich Fall/Winter.
Ansonsten hübsch, aber sehr verkopft 🙂
Peterkempe
18. Januar 2018 at 21:41@vk Die hatte ich ganz vergessen, die Ritzenhoff Sachen! Stimmt, so kann man das natürlich auch sehen, aber ich denke mir, dass sie ganz klar mit ihren Elementen zu ihrer DNA zurück wollen, was, da hat Horst recht, natürlich sehr verkopft erscheint. Vielleicht bin ich aber auch genau noch die Prada-Generation, die mit der Marke sozialisiert wurde und Jüngere verstehen das gar nicht mehr? Da müsste ich mal mit Kids drüber diskutieren …
M.W.S.
19. Januar 2018 at 20:08Auf Miuccia ist Verlass…. nicht für jedermann, aber wohltuender Gegenpol zu all den Gucci look alikes und Brunello Belanglosigkeiten….. bravissimo