Paris Fashion Week

Peter‘s Cutting – Schiaparelli Haute Couture Winter 2014

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Bild: Schiaparelli

Marco Zanini zeigte in der letzten Woche seine zweite Haute Couture Kollektion für das Haus von Elsa Schiaparelli am Place Vendôme.
Nachdem Diego Della Valle (Tod’s) die Marke und die Räumlichkeiten, des besonders in den dreißiger Jahren unglaublich erfolgreichen Modehauses unter der Leitung der exzentrischen Elsa Schiaparelli, gekauft hatte, wollte er die Marke langsam aber sicher revitalisieren und sie dann sozusagen „marktfähig“ machen. Der Kauf ist jetzt drei Jahre her und man lässt sich für die Revitalisierung Zeit, was in der heutigen Welt fast unglaublich ist, wo doch alles im „Hurra“ und binnen kürzester Zeit immer große Dividenden und Profite abwerfen muss. Klar ist aber, dass die Marke Schiaparelli nur mit dem Ausblick auf Kommerzialisierung über den Prêt-à-porter und Accessoires Bereich eine Chance hat, im Markenportfolio von Tod’s & Co zu bestehen …
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Bilder: Schiaparelli

Nachdem die Räumlichkeiten an der Nummer 21 des legendären Place Vendômes, dem Stammsitz mit Boutique, Büros, Ateliers und dem Appartement, in dem Elsa Schiaparelli einst Salvador Dalí, Max Ernst oder die Duchess of Windsor empfing, restauriert und neu gestaltet wurden, kreierte Christian Lacroix eine einmalige Couture Hommage Kollektion, die im Musée des Arts Decoratifs gezeigt wurde. Lacroix verbindet viel mit der Frau, die von 1927 bis 1954 ein Modehaus betrieb, das dem Surrealismus verfallen war und exzessive und überspannte Mode zeigen wollte.
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Bilder: Schiaparelli

Im Gegensatz zu Chanel, die ein Frauenbild und eine Mission der neuen Femininität verfolgte, ging es Elsa Schiaparelli um den Humor und um den Effekt der Kreationen. Sie machte im wahrsten Sinne des Wortes „Mode“, während ihre Konkurrentin zwei Straßen weiter einen ewig gültigen Stil formte. Schiaparelli ist tief im Zeitgeist der Vorkriegsepoche verankert und kam vor allem bei Amerikanerinnen hervorragend an. Sie arbeitete eng mit den Spaniern Dalí und Vértes zusammen aber auch Cocteau lieferte ihr Schmuckentwürfe. Breite gepolsterte Schultern und enge Taillen wurden ebenso ihr Markenzeichen, wie extravagante Hüte und kurze Jacken, die nach Kollektionsthemen mit Clowns, Sternzeichen oder der Fontaine von Versailles bestickt wurden. Heute hat Karl Lagerfeld im Laufe der letzten Jahrzehnte viele Themen bei Chanel umgesetzt, die zuvor Schiaparelli in ihren Kollektionen hatte. Allerdings hat er das Glück, dass seine Vorgängerin über ein halbes Jahrhundert tätig und nicht so stark an den Zeitgeist eines Jahrzehnts gebunden war. Bei Schiaparelli liegt die Schließung ein halbes Jahrhundert zurück und außer einer mehr schlecht als recht laufender Parfüm-Lizenz mit „Shocking“ blieb wenig erhalten.
Zanini hingegen muss sich das Comeback mühsam erarbeiten, viele Zeichnungen, alte Werbungen oder Originalstücke in Modesammlungen sichten, oder in Kollektionen wie bei Didier Ludot die Macharten der Schiaparelli Couture erkunden. Die Enkelinnen von Schiaparelli, wie Marisa Berenson, unterstützen allerdings das Haus.
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Bilder: Schiaparelli

Christian Lacroix sagte, als bekannt gegeben wurde, dass er nur eine Hommage Kollektion für Schiaparelli macht, dass es genau wie in seinem Haus ist, das er 2009 aufgab. Es sind totale Einzel-Kreationen, die eher wie Bühnenkostüme oder für den Auftritt von Frauen à la Daphne Guiness gemacht wurden. In Prêt-a-porter oder sogar noch kommerzielleren Kollektionen sind sie hingegen kaum zu übersetzen. Kann man sich eine Jeans mit einem Schiaparelli Etikett vorstellen oder schlichte Shirts?!
Es ist eine wahnsinnig fragile und prätentiöse Aufgabe, die sich Della Valle dort gesetzt hat und es scheint fast so, dass man Zanini unter keinerlei Druck setzt. Auch die zweite Couture Kollektion des Designers ist klein aber fein. Sie wurde nach besten handwerklichen Grundsätzen des Metiers gemacht, ist eine reine Hommage an die Gründerin und mit dem Verzicht, seine eigene Handschrift oder wesentliche Brüche einzubringen. Jeder Look ist von Stephen Jones, der seit Jahrzehnten für Couture Häuser von Saint Laurent über Dior bis zu Chanel gearbeitet hat und ein Könner seines Faches ist, mit einem spektakuläreren, korrespondierenden Kopfputz versehen. Der kleine Clownshut aus der Frühjahrskollektion 1938 ist ebenso vertreten, wie die Turbane, die während der Kriegszeit durch Schiaparelli in Mode kamen und die schon Yves Saint Laurent zu seiner legendären Frühjahrskollektion 1971 inspirierten.
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Bilder: Schiaparelli

Die aufgestickten Anfangsbuchstaben von Madame Schiaparelli prangen auf einem puder-pinken, bodenlangen Mantel, während die Harlekin Tasche zum Intarsien-Pullover (die machten Schiaparelli berühmt) mit Kroko-Rock und amerikanischer Nordstaaten-Mütze kombiniert werden.
Die allover-bestickten Kleider sind hingegen eine eindeutige Referenz an die berühmten Abendjacken der Zodiac Kollektion. Alles kann man herleiten und es ist auf die heutige Zeit übertragen und hat natürlich eine sehr gute Qualität, ist aber auf der anderen Seite ein bisschen brav. Spätestens in der nächsten Saison muss etwas passieren, das den Twist zwischen der Tradition und der Innovation erzeugt, denn das ist das, was Zanini scheinbar nicht als Herausforderung sieht. So wirkt die Kollektion eher so, als wäre sie für Kostümkundler oder für die Ausstattung eines Filmes geschaffen. Sie ist einhundert Prozent Schiaparelli aber Marco Zanini ist ein sehr begabter Designer, der für Rochas raffinierte Kollektionen machte … Daher hier mein großer Wunsch für die Zukunft: mehr Zanini bitte!

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Bilder: Schiaparelli

Selbst mit der Etablierung der Couture ist man bei der heutigen“ Konzernisierung“ noch viele Schritte vom Kommerz bzw. Global Business entfernt und vielleicht geht es ja langsam aber stetig nach vorn. Schiaparelli ist es wert und es wäre ein Exempel dafür, nicht unendlich gierig die Marke zu verheizen … Es bleibt also spannend bei Elsa Schiaparelli am Place Vendôme!

  • blomquist
    14. Juli 2014 at 13:11

    Einige Teile/Outfits sind wirklich ganz großartig!

  • Manfred
    14. Juli 2014 at 13:46

    Sicher nicht marktfähig aber schön. Lady Gaga wird’s freuen 😉

  • Horst
    14. Juli 2014 at 20:29

    Ich mags auch, trotz eines auf den ersten Blicks lustigen Durcheinanders….
    Ich drücke die Daumen, dass es nie Jeans von ES geben wird 😉

  • Siegmar
    15. Juli 2014 at 12:00

    für den großen Auftritt bestimmt gut, sonst eher nichts für den markt.

  • monsieur_didier
    15. Juli 2014 at 17:58

    …in der Tat ein paar schöne Einzelstücke,
    ansonsten für mein Empfinden „…aus jedem Dorf ein Hund…“…
    ich hätte mich gefreut, wenn Lacroix es weitergemacht hätte…

  • monsieur_didier
    15. Juli 2014 at 18:27

    @ Horst: …ich muss gerade an die Vanderbilt – Jeans denken, die erste Jeans mit einem Desingernamen 😀

  • Shout-Outs: Die Blogger-Woche | Fashion Insider Magazin
    18. Juli 2014 at 20:49

    […] Paris drehte sich vor einigen Tagen zudem alles um die Haute Couture: Auf „Horstson“ zeigt man uns die entsprechende Kollektion von Schiaparelli und verbindet dies auch gleich mit einigen […]

  • Monsieur_Didier
    19. Juli 2014 at 12:55

    …am besten gefallen mir die Jacke und der Mantel mit diesen überdimensionierten Pelz-Keulenärmeln…
    ganz ganz großartig…
    auch die Seidenbluse mit der großen Schleife auf dem letzten Bild…
    …perfekt für den großen, dramatischen Auftritt…!

  • Horst
    19. Juli 2014 at 13:00

    @monsieur Da muss ich gerade passen. Vanderbilt kenne ich leider nur vom Namen her … Eigentlich mal ein tolles Thema 😀