Was Raf Simons in einem komplett mit weißen Orchideen ausgeschlagenem Pavillon im Garten des Musée Rodin in der Rue de Varenne zur Couture Woche in Paris zeigte, ist der Ansatz, wie Haute Couture im einundzwanzigsten Jahrhundert den Bogen zwischen Tradition und Moderne spannen kann. Er spricht mit seiner Kollektion nicht nur die Stammkundinnen von Dior an, sondern auch die neue Generation der Frauen, die sich Couture leisten kann, um einmalig zu erscheinen, die aber diese Einmaligkeit in ihre normale Garderobe übertragen möchte …
Bild: Dior
Natürlich liegt das Hauptaugenmerk jeder Haute Couture Kollektion auf den großen Anlass und den Ballroben, aber bei Raf wird die Philosophie des Tragbaren auch in die „gehobene Schneiderei“ des Hauses Dior übertragen und man kann sich gut eine Mischung von Prêt-à-porter und einigen Couture-Stücken vorstellen.
Raf Simons große Stärke ist definitiv, dass er die althergebrachten Handwerkstechniken und das Know-how der Schneiderinnen auf moderne Weise nutzt und akzentuiert, aber immer mit einem Hinweis zur Gegenwart einsetzt.
Bilder: Dior
Bei der Haute Couture für den Winter 2014 springt sofort über, dass die moderne Marie Antoinette und die Kleidung des Rokoko als Inspiration für heutige Prinzessinnen im Vordergrund steht. Hätte Monsieur Dior zu seiner Zeit diese Kollektion gemacht – er liebte die Zeit von Louis XVI. und die Ausstattung seines Modehauses fußte auf dieser Zeit – hätte er die Kollektion sicherlich „La Ligne Princesse“ genannt. Alle seine Linien waren mit fantasievollen Namen ausgestattet, die die Aussage auf den Punkt brachten.
Spannungsreich mischt Raf Simons Korsagen und die Männerjacke des Rokoko, den sogenannten „Justaucorps“ (Richard Strauss‘ Rosenkavalier lässt grüßen …) zu zeitgemäßen Hosen und lässt die Übergänge wie eine Zeitreise wirken.
Bilder: Dior
Simons gelingt es, eine Verbindung von historischer Inspiration ganz ohne den Look von Theaterkostümen für seine Kundin von heute herzustellen. Couture muss in der Sprache des Hauses, aber auch in einer zukünftigen Vision agieren, damit sie eine Zukunft hat. Dafür sind seine puren, aber von äußerst ausgeklügelter Schnitttechnik und aufwendiger Schlichtheit geprägten Mäntel und Kostüme ein gelungenes Beispiel in dieser Präsentation.
Ganz den Bedürfnissen der Kundinnen, die bereit sind, ihre individuellen Kleidungsstücke mit vielen Tausend Dollar zu bezahlen, entspricht dann auch die moderne Variante des Chinchilla Mantels und die „veredelten“ Overalls, die sehr neu für eine Couture Kollektion erscheinen. Couture Jumper, die Sportlichkeit in die Eleganz führen.
Überhaupt macht Raf Simons Rezept, schlichte Formen zu präsentieren, die dann zum Beispiel mit wertvollen Perlenstickereien verziert sind, seine Couture so jung und heutig.
Bilder: Dior
Die Frau, die Christian Dior im Sinn hatte, als er sein Modehaus begründete, war eine Frau, die auf Weiblichkeit und Romantik großen Wert legt und es ist bis heute der Grundwert, auf dem der gesamte Dior Stil und die Heritage des Hauses basiert. Dior war auf seine Weise ein Träumer, der feminine Frauen nach dem Vorbild seiner Mutter und Schwester als Idealbild ansah. Sicherlich hätte er seinen Spaß gehabt, wenn er sehen würde, wie geschickt Raf Simons den Stil des Hofes von Versailles und die großen Cour-Roben in die Avenue Montaigne bringt. Ein Stil, der so französisch, pastellig, hell und anmutig ist und der in den Ateliers „diorisiert“ und in etwas ganz modernes verwandelt wird.
Bilder: Dior
Raf Simons hat in der Haute Couture für Dior eine Richtung eingeschlagen, die ganz klar eine moderne Träumerin beschreibt, die mit beiden Beinen im Leben steht, die sich aber auch zugesteht, Weiblichkeit zu beweisen. Seine Dior Handschrift wird immer klarer, ohne seine eigenen Werte und Stilistiken abzulegen. Die Tagesgarderobe ist sehr Raf und die „Grand Tenues“ sind sehr Dior.
Eine Mischung, die moderner Couture eine Berechtigung und Schönheit gibt und in jedem kleinen Detail die Liebe und den Respekt vor dem Handwerk symbolisiert.
Für mich ist Raf Simons in der Dior Couture mit dieser Kollektion endgültig angekommen und richtungsweisend für dieses Genre …
monsieur_didier
21. Juli 2014 at 10:46…absolut atemberaubend…
auf den Bildern kann man absolut die belgische Schule und Herangehensweise erkennen…
das hat mir bei seinen letzten Kollektionen für Jil Sander schon so gefallen…
ganz ganz großartig…!!!
Horst
21. Juli 2014 at 11:37Sehr sehr schön, sehr modern ohne die ganz große Dramatik! Gefällt!
Siegmar
21. Juli 2014 at 13:39ich schließe mich in allem Monsieur_didier an-
Atemberaubend schön
Manfred
21. Juli 2014 at 16:04Schöner Artikel, noch besseres Handwerk!