(Johanna Perret und Tutia Schaad; MBFW Berlin 2013; Foto: Patrick Raczek; CC BY 2.0)
Gestern Nachmittag ereilte uns eine traurige Nachricht aus der (deutschen) Modewelt: Das Minimalisten-Duo Perret Schaad wird fortan keine neuen Kollektionen mehr entwerfen, äußerst schade! Der ein oder andere hatte sich vielleicht schon bei der letzten Herbst/ Winter Show im Kronprinzenpalais Gedanken gemacht, dass es doch etwas verdächtig ist, „bloß“ Archivstücke und keine neuen Entwürfe der Fachpresse vorzustellen. Halt, warte…
Das bloß führe ich hierbei ganz bewusst in Anführungszeichen an, um bewusst überspitzt zu verdeutlichen, in was für einem Wahnsinn die Branche steckt: Wisst ihr was ich meine? Alles muss zwingend, immer und meiner Meinung nach, krampfhaft neu um die Ecke kommen! Gewohntes wird gerade in den letzten anderthalb Jahren seit Erstarken von Einflüssen wie ugly streetwear chic und den Neunzigern allzu schnell als yesterday aka innovationslos abgetan zeitlose Entwürfe haben es dabei nicht unbedingt leicht gegen omnipräsent grellbunte Multifunktionsjacken, Muster oder Logomania-Drucke anzuhalten, oder was denkt ihr? Der ein oder andere munkelt seit gestern hinter vorgehaltener Hand, dass sich die feminin-geradlinigen Entwürfe des Berliner Labels einfach nicht rentabel und gut genug verkauft hätten.
An dieser Stelle muss ich jedoch subito eingrätschen und allen potentiellen Schlechtrednern und Pessimisten einen Strich durch die Rechnung machen: Stimmt de facto nicht! Die Gerüchte sind, nach eigenen Angaben der beiden Designerinnen Johanna Perret und Tutia Schaad, schlichtweg falsch. So wurde im Laufe der letzten siebzehn Kollektionen sogar von internationalen Einkäufern über den Großen Teich nach Amerika geordert. Der asiatische Markt schien auch Interesse an den Entwürfen bekundet zu haben. Was kann also Grund für das Aus des Labels sein?
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichten die beiden selbst über ihre Entscheidung und bringen Licht ins Dunkeln der verlässlich brodelnden Gerüchteküche (den empfehlenswerten Artikel von Alfons Kaiser gibt es hier zum Nachlesen): So waren die beiden immerzu selbstständig und ohne Investoren mit ihrer kreativen Arbeit beschäftigt. Ein Spagat, den man erst einmal meistern muss. Wir wissen mittlerweile von dem ein oder anderen Jungdesigner, dass gerade hier Vieles auf rechtlicher Ebene (Stichwort Namensrechte) schieflaufen oder gar zum Ende eines Labels führen kann. Die beiden talentierten Designerinnen Perret und Schaad standen demnach vor eben diesem großen Schritt der Investorenverhandlungen denn für den weiteren Ausbau der Marke hätten zusätzliche finanzielle Ressourcen beschaffen werden müssen.
Laut Berichterstattung im Spiegel Online (den Artikel gibt es hier zum Nachlesen) scheinen aber genau diese Verhandlungen gescheitert zu sein. Die Türen des Studios werden also geschlossen, glücklicherweise vermerken die beiden jedoch in den Stellungsnahmen der beiden Tageszeitungen, dass sie weiter ihre Karrierewege gehen würden und eine zukünftige Zusammenarbeit per se nicht ausschließen. Ganz wichtig und vielleicht ein Hoffnungsschimmer für alle Fans von Perret Schaad: Der Name wird nicht verkauft und bleibt in Obhut der Gründerinnen, ein Glück.
Wir wünschen viel Erfolg für die Zukunft der Beiden und sind doch ziemlich wehmütig über das Wegfallen eines durchweg verlässlich-interessanten Labels, dessen Entwürfe Berlin als ernstzunehmenden deutschen Modestandort maßgeblich (mit-)geprägt hat! Platter Satz, aber ganz bestimmt passend: Man sieht sich immer zweimal im Leben und wir drücken die Daumen, dass wir bald schon wieder von Perret, Schaad oder als gemeinsames Duo hören werden…
Monsieur Didier
19. April 2018 at 22:29…wirklich traurig…!!!
Reinhard
20. April 2018 at 00:10Vielleicht auch ein Zeichen wie es um die deutsche Mode steht? Wer hat denn von den Designern Relevanz bzw. welches Label steht solide da? Malaikaraiss? Kerner? Michalsky? Thomaszewski?