Groovy, aber elegant

Paul Smith Herbst/Winter 2020; Foto: Courtesy of Paul Smith

50 Jahre Paul Smith – unter diesem Motto präsentierte der britische Designer vor wenigen Tagen seine Herbst/Winter-Kollektion 2020. Um dieses Jubiläum zu unterstreichen, ließ Smith noch vor Schauenbeginn per Videoleinwand ein Best-of seiner vergangenen fünf Jahrzehnte Revue passieren.
Da, wo vielleicht der ein oder andere Besucher Gänsehaut vor Rührung hatte, beschlich mich die Angst, dass die Herbst/Winter-Kollektion lediglich vergangene Entwürfe interpretiert. Doch weit gefehlt: Kein bunt gestreiftes Hemd weit und breit in Sicht. Puh, Glück gehabt.

Aber ohne Farben durch den Winter gehen, wie bei vielen der Kollegen, muss der in Paul Smith gekleidete Mann nicht. Wem ganz danach ist, dem tristen Wintergrau in einem himmelblauen Mantel mit passender Hose in dieser Farbe zu begegnen, dem kann definitiv geholfen werden.
Die zylindrisch-strengen Schornsteinkragen geben der gesamten Kollektion doch noch einen futuristischen Look. Überhaupt wechseln sich hier tragbare, elegante und schmale Schnittführungen, die dennoch bequem aussehen, mit sehr entspannten Outfits ab, die das Arbeitsthema der Kollektion visualisieren – Paul Smith blickt also zurück und startet nach vorn.
Um dieses Kunststück zu erreichen, bedient sich Smith den Archetypen bisheriger Kollektionen. Drucke und Formen aus der Vergangenheit werden erneut aufgegriffen und neu interpretiert. Klassische zweireihig gearbeitete Melton-Mäntel werden mit kontrastierenden Steppnähten und rauen Kanten veredelt, während die schlanke Silhouette an die Siebzigerjahre erinnert, allerdings gleichzeitig ein minimales Feeling vermittelt. Kein Austin Powers, dafür groovy, aber elegant.
Neben Himmelblau finden sich viele Naturtöne in der Kollektion: Blaugrün, Terrakotta und Grau geben sich ebenso die Klinke in die Hand, wie das geschwungene Logo und Drucke, die Paul Smith irgendwo in den Untiefen des hauseigenen Archivs gefunden hat und die der Kenner sicherlich dechiffrieren kann.

Lässt man die letzten 50 Jahre Revue passieren – gleich, ob mit oder ohne Paul Smith – fällt auf, dass die Kollektion, die der Brite hier abgeliefert hat, in jedem Jahrzehnt tragbar gewesen wäre und mindestens für das kommende halbe Jahrhundert ihren Träger gut kleidet, ohne ins Modische abzugleiten. Da kann sich so manch anderer Designer ein Scheibchen von abschneiden … Happy 50th Birthday!