“Making money is art and working is art and good business is the best art” – Oh je, was Andy Warhol wohl zur aktuellen Schlagzeilenlawine rund um sein Magazin Interview kommentieren würde? Man weiß es nicht, aber eins ist sicher: er wäre ganz bestimmt nicht begeistert! Losgelöst wurde die Lawine aka das Dilemma des US-amerikanischen Kunst-, Mode- und Lifestyle-Magazins bereits vor ein paar Jahren, seitdem schwappten immer wieder unheilvollbringende Gerüchte um finanzielle Engpässe sowie juristische Miseren über den großen Teich in Richtung Europa. Jetzt heißt es wohl aus in- und offizieller Quelle, dass das Magazin – gegründet von keinem Geringeren als Warhol himself – eingestellt wird.
Schade, so finde ich. Denn sein Alleinstellungsmerkmal und Augenmerk lag auf der Interviewführung bevorzugt von/mit Berühmtheiten aus der internationalen Kunst-, Mode- und Musikbranche. Jede Ausgabe bot ein Potpourri aus Einblicken ins Showbusiness gepaart mit ansprechenden Modestrecken. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich als Jungspund immer mal wieder für Ingo Nahrwold (bester Stylist von Welt, um das festzuhalten) als Stylingassistenz bei Shootings für die deutschsprachige Ausgabe des Magazins mitarbeiten durfte und stolz wie Oskar durch die Seiten blätterte. Das war immerzu spannend, gerade weil die Macher des Heftes großen Wert auf Input außer Mainstream-Reichweite leg(t)en.
Bei der Einstellung des amerikanischen Heftes habe ich ehrlicherweise gar nicht viele Hintergrundinformationen vorliegen, diverse Gründe wie z.B. Vorwürfe sexueller Belästigung und nicht bezahlter Honorare geistern durchs Netz. Die wichtigste Nachricht für deutschsprachige Leser scheint aber geklärt zu sein: die deutsche Ausgabe ist nicht von dem Aus betroffen! Sie läuft zwar als Lizenzausgabe, ist aber nicht an den Verlag Brant Publications gebunden. Eben dieser Verlag, unter der Leitung des US-amerikanischen Multimilliardärs und Ehemanns von Stephanie Seymour, Peter Brant, übernahm nach dem Ableben Warhols die Rechte an dem immer wieder schillernden und seinerzeit visionären Kulturmagazin. Jetzt wurde es von Brant abgestoßen, vielmehr dicht gemacht, schade. „I think everybody should like everybody“ – schön wär’s …
Soviel dazu. Hat jemand von uns den amerikanischen Titel regelmäßig gelesen? Ich freue mich über Feedback und klar, falls jemand über mehr Informationen zum aktuellen Stand/ Einstellung des Interview Magazins verfügt, lasst es uns gerne wissen!
Peterkempe
23. Mai 2018 at 08:36Fuer mich geht damit etwas zu Ende was Magazin Geschichte bedeutet! Denn vor 35 Jahren musste man Stewardessen bitten, einem das Magazin aus Amerika mit zu bringen um überhaupt daran zu kommen. Ich habe Interview geliebt und auch die wunderbare Ingrid Sischy ! Interview war ein Konzept das Europäer nie verstanden haben : Zwei Personen, die moeglichst voellig gegensätzlich sind diskutieren …Ich werde jede Ausgabe, besonders die aus der Warhol Zeit wie einen Schatz hueten, denn man kann daraus wunderbar zitieren. Adieu Interview- willkommen kaltes Avatar Model Zeitalter !
Reinhard
23. Mai 2018 at 09:34Die Entwicklung einiger Magazine ist vergleichbar mit dem Einzelhandel – man muss die Magazine genauso kaufen, wie man auch in den Laden gehen muss. Online shoppen und gleichzeitig mangelnde Auswahl in den Innenstädten zu bemängeln funktioniert eben nicht, wobei man sagen muss, dass es auf beiden Seiten (Einzelhandel und Print) an mutigen Menschen fehlt.
Siegmar
23. Mai 2018 at 10:40Ich bin traurig, eines der besten Magszine ever. Ich habe mir die Ausgaben aus den USA mitgebracht und finde auch die deutsche Ausgabe sehr gut gemacht. Leider verschwinden die guten Print-Magazine sang- und klanglos. Das nächste wird leider der „ New Yorker „ sein, wie man hört, ebenfalls große finanzielle Probleme.
fred
23. Mai 2018 at 21:42Ich gebe den dreien vor mir vollkommen recht. Mein Vater musste mir zweimal im Jahr die Interview von seinen USA-Reisen mitbringen in den 80er Jahren. Es war mein absolutes Lieblinsmagazin. Ich habe noch die kompletten Jahrgänge der frühen 90er Jahren. Es gab seitdem kein besseres Magazin. Die Cover UNGLAUBLICH! Um die 2000er Jahre wurde es leider langweiliger. Die deutsche Ausgabe war nie wirklich gut. Ich habe lange keine amerikanische mehr in Deutschland zu kaufen gesehen.
Die amerikanische stand des öfteren vor dem Aus. Und wie oben gesagt, wenn man es nicht kauft, geht es kaputt. Das betrifft viele Zeitschriften. Vor allem ausserhalb des Mainstream. Schade um diese tolle Zeitschrift!
Was den besten Stylisten von Welt betrifft, bin ich mir nicht ganz sicher. Ich denke da nur an das unsägliche Magazin „Horst“ (hiess es Horst?) oder den drittklassigen Aufguss einer wirklich spitzenmässigen Steven Meisel Calvin-Klein- Jeans Kampagne aus den 90ern. Ich denke, es gibt da doch bessere (weltweit). Regional sicher ok. Weltweit eher flau (Aber das ist natürlich Geschmacksache und meine persönliche Einschätzung).
Horst
23. Mai 2018 at 21:56@Fred Das Magazin hieß tatsächlich Horst! 🙂 (btw: ich fand es super, nicht nur, weil wir bei Ausgabe 1 einige Texte beigesteuert haben). Immerhin hatte Armin Morbach Mut, mal was zu wagen …