(Prada Herbst/Winter 2018/19; Bild: Courtesy of Prada)
Futurismus im Cyberzeitalter und die Wurzeln von Miuccia Prada im Feminismus – das bringt ihre Herbst/Winter-Kollektion 2018/19 auf den Punkt. Unter dem Titel „Nocturne“, das so etwas wie Abendständchen bedeutet, fand an spektakulärer Location die Schau in dem fast fertiggestellten Turm statt, der das Ende des von OMA in Mailand entworfenen Fondazione Prada-Komplexes bildet. Als neue architektonische Referenz bietet der Turm einen einzigartigen Blick auf die Skyline der Stadt. Mailand liegt quasi der Fondazione Prada zu Füßen …
Das Dekor der Schau ging genau darauf ein und das von AMO entworfene Setting bestand aus einer einfachen geometrischen Anordnung von Tribünen – ausgerichtet auf das Zentrum von Mailand. Das Defilee davor sollte einen Dialog zwischen Mode, Architektur und Stadt schaffen. Der Runway wurde durch eine schwarze Kunstharzlackierung betont, die magisch in das Licht reflektiert und das nächtliche Panorama der Natur mit dem schwarzen Nachthimmel und den Lichtern der Großstadt aufnimmt.
Prada Herbst/Winter 2018/19; Bild: Courtesy of Prada
Der Blick auf Scalo di Porta Romana und die Stadt im Hintergrund ist mit fluoreszierenden Prada-Tafeln angereichert, die den postindustriellen Charakter der Gegend verstärken. Die Prada-Gifs sind mit dem mysteriösen Cybermodel und Künstlerin Lil Miquela kreiert und bilden die Verbindung von Realität und Cyberwelt. Die physische Manifestation des Ereignisses in der maßgeschneiderten Stadtlandschaft bestätigt die Beziehung zwischen Prada und der Stadt, in der die Marke ihren Ursprung hat, sind aber auch sicherlich auf das asiatische Klientel von Prada, das solche Gadgets liebt, abgezielt.
Prada Herbst/Winter 2018/19; Bild: Courtesy of Prada
Was dann folgt, passt perfekt ins Dekor. Pradas Lagenlook von typischen Prada-Materialien, diesmal mit viel Neon und glänzender Workwear, punktet. Technische Materialien treffen auf Pailletten. Tüll und der ikonische Prada-Nylon treffen auf Grobstrick und Netzeffekte. Technische Verschlüsse wechseln sich mit durchscheinender Spitze und Fransen ab.
Die Prada-Frau ist nicht sexy, sie ist feministische Botschafterin, die sich die Freiheit nimmt, nicht über ihre Kleidung zu flirten, sondern über ihre Persönlichkeit. Hochgeschlossene, starkfarbige Kombinationen mit Reporterhüten erinnern an Laboranzüge. Trapezsilhouetten werden durch Neoprenhüllen oder Shearlingsjacken betont. Wollkaromäntel und Bouclé-Kostüme mit Faltenröcken bekommen Abschlüsse aus Neopren oder Gazar-Neon blitzt als Flashlight darunter hervor.
In der Kollektion gibt es aber sehr feminine Akzente, die die Weiblichkeit durchscheinen lassen. Wichtiges Accessoire wird, wie schon bei der Herrenschau im Januar gezeigt, die Ausweishülle, die, als wenn man in einer Industrieanlage oder im Reaktor arbeitet, immer mit dem eigenen Foto angeklickt getragen wird – Uniform trifft auf Verspieltheit, wenn man so will. Gummistiefel werden mit breiten leuchtenden Manschetten geschlossen, große Taftschleifen akzentuieren den Nacken. Mary Janes werden mit Söckchen und Stulpen fast retromäßig erscheinend zu futuristischen Looks gezeigt.
Die Prada-Frau ist ‚dekorativ‘, steht aber fest im Leben und weiß virtuelle Welten und die Realität zu verbinden. Aber Prada wäre nicht Prada, wenn nicht Bezug zur Contemporary Art hergestellt wird. Moderne Kunst und die Fondazione als Veranstaltungsort weisen auch in den Modellen darauf hin, dass Prada keinem Trend hinterherläuft, sondern ihre Vision, der multikulturell interessierten Frau folgt.
Prada knüpft in vielen Elementen stark an die große Phase in den Neunziger Jahren an, in denen neue Technomaterialien und experimentelle Gewebe ihre Premiere in der Mode hatten und erstmals von Miuccia Prada für Mäntel, Kleider und Kostüme eingesetzt wurden. Kein Haus hat mit solchen Materialien so eine lange Erfahrung. Der Prada-Look bekommt immer mehr in einer Zeit von gleichmäßigen Strömungen und Vergleichbarkeit unter den Designern seine Nische manifestiert. Für die einen erscheint das verstörend, doch die Kontinuität der Botschaft, mag sie einem gefallen oder nicht, ist es eigentlich das, was die Stärke eines wirklichen High-Fashion-Hauses und deren Designern ausmacht.
Prada steht für sich selbst, einen Stil und das klare Bekennen zum Feminismus der Mailänderin. Es verkörpert eine klare Haltung und das ist sehr selten in der Modebranche geworden. Wie immer ein Highlight der Modewoche in Mailand und der Kollektionen für die nächste Herbst/Winter-Saison.
Horst
28. Februar 2018 at 11:53Schöner Beitrag, danke dafür!
Die Kollektion gefällt mir nur zum Teil und frage mich, wer da die Zielgruppe ist.