Marlou van Engelen; Bild: Scotch & Soda
Kunst, Kollektionen und Tibet – Marlou van Engelen ist als Creative Director von Scotch & Soda für sämtliche Entwürfe des Modeunternehmens verantwortlich. Für Horstson hat sie sich Zeit genommen, über ihren Werdegang, relevante Märkte und bevorstehende Projekte zu sprechen (den ersten Teil des Gesprächs gibt’s hier zum Nachlesen). Kein Label steht so sehr für unzählige Variationen an Farben, Mustern und Detailverliebtheit wie Scotch & Soda. Minimalismus? Fehlanzeige! Glücklicherweise wollen die Verantwortlichen hinter dem niederländischen Exportschlager nicht mit unifarbenem Pullover und schlichter Garderobe punkten. Vielmehr setzen sie mit höchstem Anspruch auf Vintage-Einflüsse, kluge Outfits und immer neue Ideen. An dieser Stelle verrate ich nicht zu viel über das Tätigkeitsfeld der sympathischen Niederländerin, sondern lasse sie lieber selbst zu Wort kommen. Weiter geht’s mit dem zweiten Teil des Interviews.
Können Sie sich an den wichtigsten Moment Ihrer beruflichen Laufbahn erinnern?
Selbstverständlich: Das war mein Jobwechsel zum Creative Director von Scotch & Soda. Ein unglaublich intensiver Moment, es war eine komplett neue Rolle und Welt für mich. Ich musste meinen sicheren Hafen hinter mir lassen, rückblickend war das alles ziemlich aufregend.
Dann wäre da natürlich noch unser Debüt auf der New York Fashion Week: Eine verflixt spannende Erfahrung. Damit verbunden? Viele interessante Möglichkeiten! Mit den bisherigen Ergebnissen können wir als Team sehr zufrieden sein.
Welcher Märkte sind 2016 entscheidend für Scotch & Soda?
Momentan fokussieren wir unsere Heimat, die Niederlanden. Dann wären da auf jeden Fall Deutschland und die USA, beides sehr wichtige Märkte für uns als Label.
Was steht hierfür als nächstes an?
Aktuell bereiten wir die nächste Kollektion für die New York Fashion Week vor. Wir hatten dieses Jahr im Februar unsere Premiere und werden diese nun am 11. September vor Ort zeigen. Als Location für die Frühjahr/ Sommer Kollektion 2017 haben wir die Angel Orensanz Foundation Center for the Arts ausgewählt, eine beeindruckende Synagoge von 1849.
Das sind ja nur noch wenige Tage…
Genau. Außerdem beschäftigen wir uns aktuell verstärkt mit unseren Ponchos aus der Herbst/ Winter Kollektion 2016, eine sehr feine, handgemachte und limitierte Edition. Wir haben uns hierfür von einer Begebenheit in Tibet inspirieren lassen: Ein altes, zusammensitzendes Pärchen auf einem Hügel, gehüllt in bunten Lagen von Stoff. Ein magischer Moment, der uns veranlasst hat, weltweit nach traditionell geknüpften Decken und Teppichen zu suchen. In unserem Amsterdamer Atelier haben wir anschließend Statement-Pieces zum Überwerfen entwickeln können.
Bilder: Scotch & Soda
Apropos Inspirationssuche in Tibet: Ihr Lieblingsplatz auf der Welt?
Das wäre zum einen wirklich Tibet, das Land ist ein sehr schöner Platz auf dieser Erde – nicht gerade wegen seiner Menschen. Die Leute vor Ort haben nichts, nicht einmal wirkliche Freiheiten, und dennoch strahlen sie aus tiefstem Herzen Frieden aus. Zum Entspannen reise ich gerne nach Bali, Formentera oder Tulum in Mexiko.
Sie sprechen von Entspannung: Werden Sie überhaupt noch nervös wenn es um die Präsentation neuer Kollektionen geht?
Klar, auf jeden Fall. Ich bin bei der Vorstellung unserer Entwürfe immer aufgeregt. Das ist ja per se nicht schlecht, gerade wenn man etwas Neues auf die Beine stellt. Bestenfalls hilft Nervosität sogar dabei, an eigene Grenzen zu stoßen und diese zu überwinden.
Sie haben soeben von zehn Kollektionen pro Jahr berichtet: Beschleicht Sie dabei nicht zwischendurch ein Gefühl von Angst, eher Versagensangst? Gerade in Anbetracht dessen, dass Ihre Entwürfe weltweiten Anklang finden müssen?
Manchmal vielleicht, aber Angst ist hemmend. Sie ist ganz klar ein Feind der Kreativität und so musste ich erst lernen, damit umzugehen. Ich musste vielmehr lernen, das Gefühl von Angst hinter mir zu lassen. Glücklicherweise bin ich umgeben von wunderbaren Menschen, die stets an mich geglaubt haben und es noch immer tun.
Bilder: Scotch & Soda
Bilder: Scotch & Soda
Hätten Sie nicht diesen enormen Erfolg bei Scotch & Soda, wo würden Sie sich heute sehen?
Ich würde vermutlich Kunst sammeln und damit aufstrebende Talente in ihrer Arbeit unterstützen. Vom Gefühl her wäre es auf jeden Fall eine Tätigkeit in der Kunstwelt, soviel steht fest.
Welche Künstler interessieren Sie besonders?
Da gibt es unglaublich viele und es hängt immer davon ab, in welcher Phase ich gerade stecke: Heute wären das Kees van Dongen und Willem de Kooning. Wer weiß, was ich morgen bevorzuge? Vielleicht Basquiat, Breitner oder aber Picasso! (lacht)
Ich bedanke mich für das ausführliche Gespräch und bin gespannt auf die neue Kollektion! Anbei noch ein paar Eindrücke von Inspirationsreisen, welche dem Design der Kollektion Herbst/ Winter 2016 dienten…