Auf Einladung von Montblanc Interview

Nachgefragt bei … Nicolas Baretzki, CEO von Montblanc

(Nicolas Baretzki; Bild: Courtesy of Montblanc)

Wechsel der Federführung – Im wahrsten Sinne des Wortes ging es so im April diesen Jahres bei Montblanc zu: Nicolas Baretzki hält seitdem die Führung inne und löste damit Jérôme Lambert ab. Der wiederum leitete knapp vier Jahre das Hamburger Traditionsunternehmen, ist nun konzernintern in der Leitung von Richemont tätig, und stand mir 2015 Rede und Antwort (das Interview von damals gibt’s hier zum Nachlesen). Es war also konsequent, dass ich auch an Baretzkis Türe klopfe und einen Gesprächstermin erfrage. Gesagt, getan: Anlässlich der Vorabpräsentation der „1926 Montblanc Heritage Collection“ in Florenz nahm sich der charmante Franzose Zeit für einen Schnack. Ein Gespräch über Beständigkeit, Handwerk und das passende Storytelling.

Aus gegebenen Anlass: Wie fühlt es sich an, als CEO von Montblanc tätig zu sein?
Bedingt dadurch, dass ich schon seit mehreren Jahren für das Unternehmen tätig bin und immer eng mit Jérôme (Anm. d. Red.: Lambert) zusammenarbeiten durfte, kommt mir die Situation nicht komplett neu vor. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich ein so traditionsreiches Unternehmen führen darf – mehr als 110 Jahre Firmenhistorie sind ein fantastischer Anreiz! Montblanc ist eine sehr vielseitige Maison mit verschiedenen Produktsparten und -bereichen, jede Menge Potential an Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft. Neue Ideen werden angegangen, Projekte durchgeführt und Neuvorstellungen wie die „1926 Montblanc Heritage Collection“ präsentiert. Im gleichen Atemzug sind Zusammenarbeiten mit Organisationen wie Unicef zu nennen, wir sind immer in Bewegung. Für den Launch der „Writing is a Gift“-Edition waren wir beispielsweise in New York – ein sehr schöner Abend mit interessanten Gästen.

Aktuelle Bestandsaufnahme?
Wir stoßen bei Montblanc immer neue Projekte an, entdecken und bestreiten die unterschiedlichsten Wege und kommen dabei nie zum Stillstand. Das ist mitunter der Hauptgrund, warum ich so gerne für die Hamburger Maison tätig bin. Gemeinsam mit Jérôme haben wir viele Ideenumgesetzt und unsere Produktpalette erfolgreich ausbauen können. Kontinuität spielt dabei eine wichtige Rolle: Als CEO werde ich dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft diese Ideen vorantreiben und realisieren können. Ich bin also sehr froh, dass ich heute hier sitze und dieses Gespräch mit Ihnen führe.

Sie haben es gerade schon angesprochen, der Launch der „1926 Montblanc Heritage Collection“ steht an: Wie wäre es mit einer kleinen sneak peek?
Klar, sehr gerne! Nicht weit von hier, vielleicht fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, liegt unsere Pelletteria. Hier, vor Ort in Florenz, werden unsere Lederwaren von Hand gefertigt. Bei der neuen Kollektion, welche ab September erhältlich sein wird, haben wir uns stark mit den klassisch-toskanischen Fertigungsprozessen und dem Einsatz von pflanzengegerbtem Leder auseinandergesetzt. Die traditionelle Bearbeitung des tierischen Materials unterscheidet uns von branchenüblichen Herstellungstechniken, die meist kostengünstig auf Masse produzieren. Bei uns erzählt jedes Stück der Kollektion seine eigene Geschichte, wir verwenden beispielsweise ausschließlich natürliche Ingredienzen: Unsere verwendeten Tannine werden aus Rinde gewonnen, Akazie und Nelke kommen ebenfalls zum Einsatz. Wenn man sich die einzelnen Lederwaren – sprich: Etuis, Taschen, Rucksäcke oder Reisegepäck – genauer anschaut, sieht man sofort, dass sie sich von der Lederfärbung her unterscheiden. Oberfläche, Schattierung und auch der Geruch des Leders sind einzigartig.

Warum ausgerechnet jetzt eine vintage-angelehnte Kollektion?
Wie Sie bestimmt wissen, steht Montblanc für jahrhundertealte Handwerkstradition. Unser Unternehmen assoziiert man dabei in erster Linie mit Schreibgeräten und unserer Federmanufaktur in Hamburg. Die wenigsten wissen jedoch, dass es schon über einen langen Zeitraum verschiedenste Accessoires und Lederelemente in der Produktpalette von Montblanc gab. Meist in Form von Stiftetuis oder kleineren Aufbewahrungsmöglichkeiten. In den letzten zehn Jahren haben wir diesen Bereich kontinuierlich ausgebaut, der steigenden Nachfrage angepasst. Mittlerweile sind Lederwaren wichtiger Bestandteil unseres Angebots, wir haben damit einen festen Platz auf dem Markt eingenommen. Kollektionen wie beispielsweise „Extreme“ oder „Sfumato“ von 2014-15 sind sehr gut angenommen worden, viele Kunden entscheiden sich nicht nur für Schreibgeräte oder Uhren aus dem Hause Montblanc. Unser Alleinstellungsmerkmal bei den Lederwaren sind gleichermaßen Eleganz, Funktionalität und eine Auswahl an hochwertigsten Materialien. Unsere neuen, alten Wurzeln wollen wir dieses Jahr mit der „1926 Montblanc Heritage Collection“ feiern.

Der aufwändige Fertigungsprozess in der Pelletteria bietet jede Menge Potential für das richtige Storytelling…
Immer mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, was und vor allem wie hergestellt wird. Der Trend von Slow-Food oder Fair Trade veranschaulicht diese Entwicklung sehr passend: Plötzlich steigt das Interesse an einem bewussteren Umgang mit unseren Ressourcen. Man möchte wissen, was auf seinem Teller oder in seinem Kleiderschrank landet und setzt sich bewusst auseinander. Dieser „back to the roots“-Gedanke – weg von Massenfertigung, hin zur gezielten (An-)Fertigung – sagt mir sehr zu. Er entspricht auch unserer DNA von Montblanc.

Nicolas Baretzki mit Hugh Jackman; Bild: Courtesy of Montblanc

Das müssen Sie mir bitte genauer erklären!
Selbstverständlich. Schauen wir uns hierfür den Färbungsprozess der oben genannten Kollektion an: Stück für Stück wird jedes Element von Hand gefärbt, alles beginnt mit einer hellen Lederhaut. Immer und immer wieder wird sie mit Ölen bestrichen, zum Trocknen gehangen und wieder behandelt. Mit der Zeit wird das Leder weicher, es entsteht Patina. Es werden Farben aufgetragen, ein sehr komplexer Prozess und immens arbeitsaufwendig. So entstehen die unterschiedlichen Schattierungen und Vintage-Assoziationen der „1926 Montblanc Heritage Collection“. Um auf Ihre Bitte der Erklärung zurückzukommen: Das alles lässt sich nicht per Maschine und Fließbandfertigung realisieren.

Handwerkskunst?
Genau. Man muss sich nur einmal kurz Zeit nehmen und eines der Produkte in der Hand halten. Es fühlt sich anders an, hat seinen ganz eigenen Geruch und wird sich im Laufe der Zeit an seinen Träger anpassen.

Klingt verdächtig nach einem Erbstück der Großeltern!
Da haben wir es, zeitlose Begleiter wollten wir mit dieser Kollektion schaffen. Diesen Ansatz kann man auch sehr gut an den goldfarbenen Beschlägen der Tasche erkennen, klassisch-zeitlos. Das karierte Innenfutter ist an farbenfrohe Tücher von Massai-Stämmen angelehnt, sozusagen an Safaris in Afrika. Trotz des Vintage-Looks sind die einzelnen Taschen und Rucksäcke den Anforderungen von heute angepasst, Funktionalität spielt schließlich eine entscheidende Rolle.

Ein wichtiges Stichwort: „Heute“. Wen wollen Sie mit dieser Kollektion erreichen?
Das ist natürlich breit gefächert und mit einem einzelnen Satz nicht beantwortet. Es gibt zum einen den Stammkunden, er weiß unsere Produkte und Ansprüche an Qualität zu schätzen. Er möchte tiefer in unsere verschiedenen Welten eintauchen und investiert in eines der neuen Stücke – integriert es in seinen Alltag und erfreut sich dem steigenden Grad an Patina. Dann wäre da der junge Montblanc-Kunde, welcher von unserer Handwerkskunst inspiriert ist. Er möchte mehr über unsere Unternehmensgeschichte erfahren und wird bei unseren Lederwaren und Schreibgeräten fündig. Wir hoffen natürlich, dass wir mit unseren Produktvorstellungen immer auch neue Zielgruppen erreichen.

Womit wir bei den viel besprochenen Millenials angelangt wären…
Na klar, Montblanc will auch bei dieser Generation von Relevanz sein. Wir müssen also etwas anbieten, was deren way of living entspricht: Alleinstellungsmerkmale! Jedes Teil der „1926 Montblanc Heritage Collection“ ist einzigartig, keines ist dem anderen gegenüber identisch. Trotzdem vermittelt die DNA unseres Unternehmens eine gewisse Zugehörigkeit.

Dem kann ich nur zustimmen. Lassen Sie uns auf ein anderes Thema zu sprechen kommen: Überall wird über den chinesischen Markt gemunkelt, was ist da los?
Es ist allgemein bekannt, dass das Antikorruptionsgesetz in China die Umsätze fast aller Luxuswarenhersteller in Europa geschwächt hat. Ich denke jedoch, dass die Chinesen auf einem guten Weg sind und wir mit Montblanc weiterhin einen hohen Stellenwert haben. Die Stimmung vor Ort ist durchaus optimistischer als im vergangenen Jahr. Wir merken jedoch, dass es für die asiatischen Märkte immer wichtiger wird, eine authentische Unternehmensgeschichte zu transportieren. Es reichen kein plakatives Logo oder wohlklingende Namen, handwerkliches Knowhow ist gefragter denn je. Hierfür muss auch das Storytelling stimmen…

Dabei spielen Ihnen auch die sozialen Medien zu?
Am Ende des Tages ist es eher die Frage, wie man mit den Leuten, in unseren Fall potentiellen Kunden, kommuniziert. Tatsächlich ist es heute so, dass die sozialen Netzwerke enorm an Bedeutung gewonnen haben. Wenn man als Unternehmen seine Zielgruppen erreichen möchte, muss man sich auf Veränderungen einlassen. Man muss sich anpassen, um weiterhin relevant zu bleiben – auch beim Such- und Kaufverhalten im Internet.

Das heißt genau gesagt?
Dass Montblanc über eine starke Präsenz auf Facebook, Instagram und Co. verfügt! Wir sind auf den Plattformen mit unseren Kunden im direkten Gespräch, bieten Feedback und Beratung. Zudem bieten wir rund um die Uhr Einblick in unsere Themen- und Produktwelten. Wir arbeiten eng mit Bloggern / Influencern zusammen, gerade bei einem Launch wie hier in Florenz.

Wichtig dabei ist die Auseinandersetzung mit der eigenen DNA: Was trägt zum Erfolg Ihres Unternehmens bei?
Allesentscheidend ist für uns das Thema Beständigkeit. Es bedarf einer klaren Vision, um über 110 Jahre zu bestehen. Im Luxussegment für Männeraccessoires gehört unsere Maison zu den Marktführern, deckt den Bereich der Schreibgeräte, Uhren und Lederwaren ab. Wir stehen für europäisches Handwerk, Innovation und Qualität. Wichtig ist zudem, dass wir nicht nur für einen Kundentyp von Interesse sind: Wir treten breitgefächert auf, vom Business-Mann bis zum Vielreisenden und den Millennials – bei uns findet jeder stilvolle Begleiter.

Zum Schluss eine Standardfrage: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich hoffe natürlich sehr, dass die kommende Zeit weiterhin von Erfolgen gezeichnet sein wird. Dass wir bei Montblanc an unsere Ideen anknüpfen, mit weiteren Kollektion überzeugen und wachsen können – das wären Wünsche meinerseits. Ansonsten bin ich sehr zufrieden und bedanke mich für das interessante Gespräch!

  • Bild: Montblanc

Anbei noch ein paar Bilder zur neuen „1926 Montblanc Heritage Collection“, ich freue mich über Feedback und wünsche Euch allen eine gute Woche!