Richard Buckminster Fuller, gewachsene Partnerschaften und tierische Familienmitglieder – Die Hamburger Produktions- und Designagentur Paperlux mit angrenzender Werkstatt im Schanzenviertel zählt zu einer der renommiertesten Adressen für hochwertige Papierprodukte und macht ihren Job verflixt gut. Egal ob Alexander McQueen, Montblanc oder Hermès – sie alle gehören zum Kundenstamm des jungen Unternehmens, letztere haben Paperlux sogar mit dem Titel ‚Atelier Artisan’ geehrt. 2009 von Max Kuehne gegründet, sprudelt es seitdem an Ästhetik, Inspiration und jede Menge Konzepten. Ich möchte an dieser Stelle wieder das Wort an Max weiterreichen (Teil I des Interviews gibt’s hier zum Nachlesen), der als Creative Director gemeinsam mit seiner Frau Soraya – sie ist als leitender Managing Director für das aufstrebende Unternehmen verantwortlich – und fast einem Dutzend Teammitarbeitern immer neue Ideen zu Papier bringt. Weiter geht’s …
Fertigt ihr eigentlich alle Papierprodukte vor Ort im Hamburger Schanzenviertel?
Wir haben noch unterschiedliche Partner, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Das sind teilweise hochkomplexe Maschinen, die wir für unsere Entwürfe benötigen – Alles hier vor Ort? Dafür ist das Investitionsvolumen viel zu hoch! Außerdem macht es viel zu viel Spaß, mit anderen Partnern und Werkstätten zu arbeiten.
Ich bin direkt angesteckt von deinem Elan…
Bei Zusammenarbeiten dieser Art entstehen immer wieder auch neue Impulse, das mag ich nicht missen! So haben wir beispielsweise bei dem Novum-Cover die Stanzform mit Zigarettenpapier, mit dem man eigentlich Joints dreht, ausgeglichen. Warum? Weil es das dünnste Papier ist, dass es auf der Welt gibt! Das wussten jedoch nicht unsere Kooperationspartner aus der Druckerei, das Papier habe ich dort angeschleppt. (lacht)
Findige Idee!
Dachte ich mir auch, als ich mich länger mit den Papiersorten beschäftigt habe. Wichtig ist bei solchen Zusammenarbeiten, dass man seinem Gegenüber auf Augenhöhe begegnet: So achte ich immer darauf, dass wir nicht in den „das sind unsere Lieferanten“-Jargon verfallen, sondern immer von Partnern sprechen. Denn egal wen wir vor uns stehen haben, man kann sich immer gegenseitig mit Ideen befruchten. Bei Paperlux kann ich durchaus von gewachsenen Partnerschaften sprechen, die auf uns, und im Umkehrschluss wir auf sie vertrauen.
Stichwort Vertrauen: Bist du selbst immer vor Ort?
Ich habe großes Interesse daran zu sehen, wie und wo unsere Ideen umgesetzt werden. Soviel steht fest, unsere Partner müssen mindestens genauso viel Leidenschaft für das Material mitbringen, wie wir. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir uns temporär mit einer Werkstatt zusammengetan haben, die uns jedoch immer wieder den Zutritt verweigert hat. Ich konnte also nicht beurteilen, wie es hinter den Fassaden aussieht. Mir war es einfach wichtig zu sehen, in welchen Schritten unsere gemeinsame Arbeit angefertigt wird. Mehrmals habe ich versucht, das Gespräch mit den Verantwortlichen zu suchen. Vergeblich! Vielmehr war ich dem ständigen Gefühl von Misstrauen ausgesetzt, sie hatten scheinbar Angst, dass ich deren Knowhow wortwörtlich aus der Werkstatt tragen würde.
Wie hast du dich in dieser Situation verhalten?
Im Nachhinein denke ich mir, dass sie eigentlich hätten froh sein sollen, dass wir ihnen Input und Ideen vermittelt haben. Es wäre absolut nicht in meinem Interesse gewesen, die Arbeit eines Partners so zu missbrauchen. Bei unserer Paperlux-Werkstatt spreche ich immer vom sogenannten „open house“-Charakter: Jeder, der Interesse an unserer Arbeit hat, ist herzlich willkommen. Ich mache mir dabei keine Gedanken über Ideenklau. Unsere Quintessenz ist die Leidenschaft für unsere Produkte, die kann man nicht aus unserer Werkstatt tragen! (lacht) Mein Motto bei neuen Partnern? Kommt vorbei, schaut euch alles an und tauscht euch mit uns aus!
Eine etwas abstraktere Frage: Was für eine Papiersorte entspricht dir am ehesten?
Das ist eine gute Frage, lass mich kurz überlegen: Ich glaube, dass ich immer ein Baumwollpapier für mich wählen würde. Elegant und handwerklich ansprechbar. (lacht)
Beinahe eine kitschige Frage: Deine Vorbilder?
Es gibt immer wieder Menschen, die mich inspirieren: Richard Buckminster Fuller zum Beispiel. Seine technischen Ideen und sein Umgang mit Nachhaltigkeit haben mir schon immer imponiert. Mir sagt jedoch auch die unverblümte Art eines Karl Lagerfelds zu, er sagt immer seine Meinung und muss sich nicht an irgendwelche Normen anpassen. Das sind jedoch keine direkten Vorbilder sondern vielmehr Ikonen, die einen bestärken das alles möglich bleibt. . Im Alltag vertraue ich auf Menschen von denen ich lernen darf.
Thema Ikone – Lass uns über eure Werkstatt im Schanzenviertel sprechen, die ist ja auch schon etwas älter!?
Mittlerweile ist das Gebäude über 200 Jahre alt und somit definitiv etwas älter! Das ist ein richtiges Fachwerkhaus, das wir nur durch Zufall entdeckt haben. Früher hatten wir in dem Vorderhaus unser Gründungsbüro, eine Etage höher habe ich gewohnt. Dieses Häuschen im Hinterhof gehörte unserem Vermieter, ein Typ, der auf dem Kiez sein Geld gemacht hat. Der saß damals in dem kleinen Häuschen und bei anstehenden Mietverhandlungen haben wir uns immer dort getroffen. Ich habe mir jedes Mal gedacht: „Geil, hier möchte ich irgendwann mal arbeiten.“. Gesagt, getan. Im richtigen Moment haben wir die Immobilie mieten und aufwändig renovieren können.
Das nenne ich mal einen glücklichen Zufall! Wie groß ist eigentlich euer Team?
Momentan sind wir elf Leute. Für meinen Geschmack reicht das auch absolut. (lacht) Wenn ich mich hinsetze und etwas gestalten will, mache ich das oftmals abends. Dann ist es ruhig und ich habe Zeit für mich.
Wie schaffst du es, abzuschalten?
Ein klassisches Abschalten benötige ich im Alltag nicht, Freunde und Bekannte bringen mich glücklicherweise immer wieder auf tolle Ideen. Körperlich anstrengende Arbeit kann beispielsweise wunderbar entspannend sein: Die letzten paar Wochen haben wir bei der Renovierung eines Hauses in Mecklenburg ausgeholfen, Decken dämmen. Wir haben morgens angefangen und wussten mit ziemlicher Sicherheit, dass wir nachmittags oder abends mit der Decke fertig sein werden. Hingegen sind wir mit Paperlux oftmals über Wochen, Monate und Jahre an Entwicklungsschritten beteiligt und eingebunden – das ist ein ganz anderer Prozess.
Das musst du mir näher erklären!
Erst einmal verbinde ich meinen Alltag bei Paperlux nicht per se mit Arbeit. Ich verstehe ihn viel mehr als einen weiteren, wichtigen Teil meines Lebens: ich gehe morgens nicht ins Büro und denke „das MUSS heute gemacht werden“. Vielmehr starte ich in den Tag mit „das WILL ich heute gerne machen“ und bin dementsprechend ausgeglichen. Zum Teil mag das bestimmt auch an Mishko unserem neuen vierbeinigen Familienmitglied liegen! (lacht)
Mishko?
Genau, unser Hund. Gestern waren wir noch mit ihm auf dem Land unterwegs und sind drei Stunden durch den Wald gelaufen. Das ist dann immer eine Regenerations- und Inspirationsphase für Soraya und mich. Diese freie Gedankenzeit ist perfekt, um nachdenken zu können und Lösungsansätze für aktuelle Herausforderungen zu finden. Kurz vor dem zu Bett gehen, Zähneputzen und duschen sind vergleichbare Momente.
Bei der Spaziergang-Auszeit bin ich ganz bei dir, ein perfekter Ausgleich vom Alltag. Vielen Dank für das spannende Gespräch!
Ich hoffe, das Interview mit Max von Paperlux hat euch genauso zugesagt wie mir? Freue mich über ein kurzes Feedback von euch!
Siegmar
16. November 2015 at 15:41sehr sympathischer Typ und gutes Gespräch. Welche Rasse ist sein Hund Mishko ?
Soraya
16. November 2015 at 18:39Danke für den netten Kommentar, Siegmar!
Ich erlaube mir mal zu antworten: Unser Mishko ist aus Bosnien, wo er auf der Strasse lebte – wir glauben, dass er eine Mischung aus Labrador und Pinscher ist. Könnten aber auch schwören, dass Katze dabei ist – so, wie er sich manchmal verhält. 🙂