(Martin Andersson; Bild: COS)
Synergie, Reduktion und japanische Architekturinspiration – Ich darf Euch an dieser Stelle meinen Horstson-Herzenswunsch, vielmehr eine „ganz große Nummer“ vorstellen: Ich bin Kunde seit erster Stunde, stöbere regelmäßig mitsamt Schwester im Schlepptau durch das Sortiment und freue mich riesig, dass ich Karin Gustafsson und Martin Andersson von COS zum Gespräch beten durfte. Die beiden stecken als Kreativchefs hinter den Entwürfen des Ästheten-Ausstatters und sorgen saisonübergreifend für bezahlbare Mode – funktional, zeitlos und modern. Karin ist für die Damenkollektion verantwortlich, während Martin (mit-)entscheidend verantwortet, was kommende Saison in meinem Kleiderschrank wandern wird. An dieser Stelle verrate ich lieber nicht zu viel über die beiden, sondern lasse sie selber zu Wort kommen und verweise auf den ersten Teil des umfangreichen Interviews…
Wichtiger Bestandteil bei COS: Künstlerkooperationen! Erinnert Ihr euch noch an die erste Begegnung mit Michael Sailstorfer?
KG: Wir wollten schon immer mal mit einem Künstler innerhalb von Deutschland zusammenarbeiten. Der deutsche Markt ist enorm wichtig für uns – der zweitstärkste müsste es insgesamt sein! Alleine aus diesem Grund wollten wir unseren Kunden gewissermaßen etwas zurückgeben, etwas vor Ort auf die Beine stellen. So sind wir auf Michaels Arbeiten gestoßen. Wir waren mehr als beeindruckt von seiner Kreativität, seinem Oeuvre. Nachdem wir uns dann zum ersten Mal in London getroffen hatten, war für alle Beteiligten klar, dass sein Kunstgedanke eine wunderbare Synergie mit unserem COS-Ethos bildet.
Was unterscheidet Michael von anderen Künstlern?
MA: Seine Arbeiten sind einfach unglaublich spannend. Wir beide, sowohl Karin als auch ich, sind von seiner kreativen Herangehensweise fasziniert – von seinem Gedanken an Reduktion, seinem einzigartigen Zusammenspiel technischer und herkömmlicher Komponenten sowie seiner Fähigkeit, aus etwas Gewöhnlichem Ungewöhnliches zu erschaffen.
Dem kann ich nur beipflichten, vor Kurzem habe ich Michael Sailstorfer interviewen dürfen und war mehr als begeistert von seinem Oeuvre. Vielleicht erzählt Ihr mir an dieser Stelle noch etwas über Eure weiteren Projekte?
KG: Kunstprojekte dieser Art machen wir seit nunmehr fünf Jahren. Wir sind mehr als glücklich, dass wir seitdem mit jeder Menge spannenden Persönlichkeiten aus dem Design- und Kunstbereich kooperieren konnten: So war beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem japanischen Architekten Sou Fujimoto anlässlich des Salone del Mobile 2016 eine tolle Erfahrung für uns. Sein “Forest of Light”-Konzept war mehr als interessant… Dass man mit jemandem, von dessen Arbeiten man immer wieder selbst Inspirationen sammelt, gemeinsam an Projekten arbeiten darf, ist eine große Ehre für uns.
Karin Gustafsson; Bild: COS)
Stichwort Japan: Lassen sich irgendwelche Unterschiede zwischen dem asiatischen und europäischen Modemarkt ausmachen?
MA: Wenn wir über unsere Kunden nachdenken, machen wir das weniger landes- und marktabhängig. Vielmehr sehen wir sie als eine Gruppe von Freunden, wo jeder ähnliche Ansichten oder Interessen, aber auch seinen eigenen Geschmack hat. Ich finde es äußerst spannend zu sehen, wie die Kollektionen weltweit interpretiert und kombiniert werden: Wer trägt wo was und vor allem wozu kombiniert sie oder er COS-Kleidungsstücke?
Die Leidenschaft ist ganz klar rauszuhören! Was bedeutet Euch Mode überhaupt?
KG: Das Besondere an Mode ist doch ihre damit verbundene Möglichkeit der Individualität. Jeder nimmt Mode unterschiedlich wahr, interpretiert sie anders – das macht erst den Stil eines jeden Trägers aus.
Sind Trends dabei nicht eine wiederkehrende Neuinterpretation von bereits Gesehenem?
MA: Wir fokussieren viel eher das Entwerfen einer essentiellen, zeitlosen Garderobe, als dass wir nach Trends Ausschau halten. Bei unserer Arbeit interessieren uns Kollektionsteile, die saisonübergreifend getragen und kombiniert werden können.
KG: Ganz genau. Ich trage zum Beispiel bis heute ein klassisches Wollkleid aus der ersten COS-Kollektion. Der Anspruch an Langlebig- und Zeitlosigkeit ist das, was uns beim Entwerfen neuer Kollektionen antreibt!
Man nehme meine COS-Kaschmirpullis, die mich seit Jahren begleiten! Habt Ihr selbst Designvorbilder?
KG: Ich habe immer schon die Arbeit von Coco Chanel bewundert. Ihre kreative Herangehensweise ist ganz besonders für mich, denn sie hat bei der Erarbeitung ihrer Kollektionen für Chanel viel mehr drapiert als gezeichnet.
MA: Ich bin großer Fan von Helmut Lang und liebe es, unsere Entwürfe mit Vintage-Stücken seiner früheren Kollektionen zu kombinieren.
Bild: COS
Eure Lieblingskünstler?
KG: Für unsere nächsten Kollektionen haben wir beispielsweise bei Thomas Demands Arbeiten genauer hingeschaut, der deutsche Künstler ist für seine großformatigen Fotoaufnahmen bekannt. Dann wären da noch das Londoner Design Studio Swine und Installationen des amerikanischen Künstlers James Turrell – allesamt Kunstrichtungen, die uns sehr interessieren.
Es schwingt eine beneidenswerte Leichtigkeit mit, wenn man Euch beim Erzählen zuhört: Habt Ihr zwischendurch auch “Ob-Sich-Das-Wohl-Verkauft”-Momente? Schließlich werden Eure Entwürfe auf der ganzen Welt angeboten!
KG: Das ist eine berechtigte Frage, lass mich kurz überlegen. Für uns ist es eher schwierig, wenn es eine unserer Ideen nicht in die finale Kollektion schafft. Das kann unterschiedliche Gründe haben, zum Beispiel weil Kostenfragen nicht geklärt oder keine passenden Stoffe gefunden worden sind. Das sind dann eher Dinge, über die wir nachdenken.
Gibt es irgendwelche Ratschläge, die Du gerne zu Beginn deiner Karriere gehört hättest?
KG: Mir gefällt dieser „Alles ist möglich“-Gedanke. Der entspricht meiner persönlichen Einstellung und auch als Team arbeiten wir bei der Vorbereitung neuer Kollektionen nach diesem Grundsatz – ganz gleich, ob beim Einbeziehen ungewöhnlicher Materialkombinationen oder im Umgang mit neuartigen Fertigungstechniken.
Das hört sich nach einem passenden Schlusswort an! Zuallerletzt würde ich gerne noch folgendes von Euch wissen: Ein (gutgekleideter) Mann sollte niemals ohne … aus dem Haus gehen?
MA: Hier übernehme ich! Gerade der Mix von casual und formal birgt oftmals eine geschmackvolle Ästhetik: Das kann ein Paar verwaschene Jeans zum Lederschnürer und weißem Hemd sein oder aber die Kombination von T-Shirt, Slip-On’s und elegantem Anzug.
Bild: COS
Egal ob Fragen zur Kollektionsvorbereitung, dem persönlichen Werdegang oder Karrieretipps – die sympathischen Designer haben im Interview auf alle meine Fragen geantwortet und mir einen umfangreichen Einblick in ihre kreative Arbeit ermöglicht. Einmal mehr merke ich, dass ich mit Karin und Martin Gesprächspartner gefunden habe, die nicht nur von den renommiertesten Modeschulen kommen und unglaublich versiert über Design und Kunst sprechen, sondern zudem auch ein ausgeprägtes Interesse an allen Dingen haben, die um sie herum passieren.
Ich hoffe der Einblick hat Euch gefallen? Anbei auch ein paar Aufnahmen der aktuellen COS-Kollektion Frühjahr/ Sommer 2016! Ich freue mich über Feedback und wünsche bis dahin eine gute Zeit…
PeterKempe
7. Juni 2016 at 14:52Das Interview gefällt mir sehr, weil es mir bestätigt, dass die Beiden wirkliche Designvorbilder haben und nicht nur Stangenware produzieren wollen.
Irgendwie unterscheidet das COS auch von allen anderen Anbietern im günstigeren Segment, dass sie eine eigene Linie und einen Designanspruch haben.
Die Woche auf Horstson – KW 23/2016 | Horstson
12. Juni 2016 at 19:07[…] Den zweiten Teil von Julians Interview mit den zwei Kreativchefs des Labels COS gab es am Dienstag. Wer Teil eins verpasst haben sollte, klickt bitte zuerst […]