(Bild: Mit freundlicher Genehmigung, Anton Meyer)
Fein gekleidet, guter Sitz – Wo findet man heutzutage den perfekten Anzug? Polyesterfalle oder Massenabfertigung beim Discounter ausgeschlossen! Einen zeitlosen Schnitt, hochwertig verarbeitet und nicht dem Modezirkus samt Mustermix verfallen? Keine plakativen Extravaganzen, schlichtweg: Gute Qualität zu einem bezahlbaren Preis? Max Meyer-Abich und Marc Anthony schaffen Abhilfe, soviel steht fest! Mit ihrem Label Anton Meyer folgen sie dem Vorhaben, deutsche Männer besser anzuziehen. Spätestens an dieser Stelle bin ich neugierig geworden und möchte natürlich mehr über die Geschäftsidee erfahren. Für Horstson horche ich nach, das klingt doch mal nach einem spannenden Thema. Also: Hörer in die Hand, Interviewtermin vereinbart. Ein Gespräch über Bestseller, Zweireiher und das britische Königshaus – Max Meyer-Abich steht Rede und Antwort, Teil 1 unserer Unterhaltung gibt’s hier zum Nachlesen.
Wann habt Ihr Euren ersten Store hier in Hamburg eigentlich aufgemacht?
Den Laden haben wir vor ungefähr vier Jahren eröffnet, eine spannende Zeit war das damals. Wir waren ehrlich gesagt etwas blauäugig, ich komme schließlich nicht aus dem Textilbereich und hatte sowas noch nie zuvor gemacht. Ich habe mir beispielsweise nie eine Textilwirtschaft durchgelesen, da stehen ja alle wichtigen Branchenzahlen drin. Einer unserer engsten Partner, mit dem wir bis heute erfolgreich zusammenarbeiten, meinte letztlich noch mal: „Jungs, ihr habt euch damals den Tiefpunkt der Textilbranche ausgesucht!“ Wenn man sich das rückblickend überlegt, hat er damit völlig Recht. Alle Einzelhändler hatten zu dem Zeitpunkt die Lager voll, haben nichts verkauft bekommen. Banken haben keine Kredite gegeben und zig sind Pleite gegangen. Selbst die großen Highstreet-Ketten haben damals umstrukturieren müssen, das war schlichtweg Katastrophenstimmung.
Und Ihr mittendrin…
Naja, wir haben es zum Glück geschafft. Das liegt aber auch daran, dass wir unsere Idee der Umsetzung relativ einfach gehalten haben: Es ging uns darum, das anzubieten, was wir auf dem Markt missen. Das, was uns und unserem Freundeskreis fehlt, nichts wovon es schon zig Alternativen gibt. Wir haben den Laden in Hamburg aufgemacht, weil wir an unsere Produkte geglaubt haben. Unsere Zielgruppenanalyse basierte nicht auf dem Vergleich von Zahlen und Tabellen, nein.
Sondern?
Wir haben mit Freunden und Bekannten gesprochen, um herauszufinden, was ihnen wirklich fehlt: Eine feine Klamotte, gute Qualität und nicht zu teuer. Selbst wenn man vermeintlich günstig einen Anzug bei Zara kauft, legt man gerne mal 200 Euro plus auf den Tisch. Das ist dann oftmals richtiger Schrott und im Preisleistungsverhältnis wenig Schnäppchen.
Du hattest es im ersten Teil des Interviews bereits angerissen: Bis heute macht Ihr so gut wie alles selber, oder?
Richtig. 2012 haben wir unsere GmbH gegründet und sind im folgenden Jahr hier eingezogen. Das war – wie soeben kurz erwähnt – erst einmal reines Offline-Geschäft. Vielleicht sogar ein bisschen spießig, aber das war völlig okay für uns. (lacht) Dann kamen immer mehr und mehr Leute, die wiederum ihre Freunde mitgebracht hatten. Dann kamen noch deren Bekannte und so ging es dann immer weiter. Glücklicherweise haben viele von denen ihr Interesse an Anton Meyer beibehalten. So sind wir stückweise größer geworden. Da gab es noch keine weltbewegende Seite mit Online-Shop und tollen Bildern. Ich habe mich da mit der Zeit reingefuchst und peu à peu an der Bedienerfreundlichkeit und Visualisierung gearbeitet.
Stichwort Expansion?
Erstmal haben wir uns auf unser Kerngeschäft in der Kleinen Johannisstraße 7 unweit vom Hamburger Rathaus konzentriert. Irgendwann kam dann die Idee mit einem zweiten Store in München. Da haben wir es ähnlich aufgezogen wie im Norden. Laden eröffnet und geschaut, wie es läuft. Lief gut, sind rundum happy. Jetzt haben wir den Online-Shop ins Visier genommen. Der ist aber auch selber gebaut und klar, an manchen Stellen merkt man das natürlich.
Bild: Mit freundlicher Genehmigung, Anton Meyer
Mir spukt dabei folgende Frage im Kopf herum: Wie bestellt man einen Anzug im Internet?
Das ist auf jeden Fall eine berechtigte Frage, der haben wir uns natürlich stellen müssen. Gerade bei Anzügen ist der Online-Bereich per se schwierig zu bedienen. Bei einer Hose alleine kann man ja bewusst nach seiner Größe suchen, bei einem Zwei- oder Dreiteiler wird es schon komplizierter. Es gibt Tausend Faktoren wie die passende Ärmel- oder Schulterlänge, um nur zwei zu nennen. Wer in dem Bereich arbeitet, kennt den Haken an der Geschichte: Retouren über Retouren. Trotzdem ist die Nachfrage sehr hoch, das macht das Rückgabe-Thema wett…
Entstehen da nicht viel höhere Mehrkosten für Euch?
Naja, man muss es so sehen: Wenn jemand zu uns in den Laden kommt und drei Teile in der Kabine anprobiert, nimmt er im Zweifel auch nur eins davon und hängt den Rest zurück. Runtergebrochen ist es beim Online-Shop ja ähnlich. Wenn wir ein Paket mit fünf Anzügen rausschicken, kommen oftmals drei oder vier zurück. Ich gehe da positiv ran: Nicht ärgern, einen haben wir doch gut verkauft! Erstaunlicherweise haben wir mittlerweile verhältnismäßig selten Retouren, das freut uns natürlich doppelt.
Die Seite sieht gut aus, schön minimalistisch.
Den Online-Shop – so wie er jetzt ausschaut, haben wir seit gut zwei Monaten. Vom Layout her sehr clean gehalten, kein Chichi oder so. Da gibt es keinen nervenaufreibenden Werberoman, sondern echtes Feedback. Das sieht man bei der ein oder anderen Produktbeschreibung auch: „Der Anzug sitzt gut, Punkt.“ Kein Bullshit, sondern nur das, was wirklich wichtig ist. Online funktioniert bei Anton Meyer unglaublich gut und es gehen Woche für Woche mehr Bestellungen raus.
Irgendwelche Kniffe, die dabei zu beachten sind?
Statistisch gesehen funktioniert der Sonntagabend mit Abstand am besten bei uns. Ich habe da erstmal gerätselt und dann gedacht: Das muss das Second-Screen-Phänomen beim Tatort-Schauen sein! Anders kann ich mir das nicht vorstellen…
Habt Ihr einen Bestseller, sowohl on- als auch offline?
Klar, das ist unser Modell „Theo“. Klassisch dunkelblauer Anzug, den gibt es mit und ohne Weste. Das ist so unser Bestseller, mit dem man absolut nichts falsch machen kann. Von dem kann man das Jackett oder die Hose einzeln tragen. Ich persönlich bin auch riesiger Fan von der Zweireiher-Variante: Den gibt es schon seit vier Jahren im Sortiment von Anton Meyer. Den zu etablieren war ein ganz schöner Kampf, ein solches Modell verkauft sich einfach nicht so gut.
Heißt es nicht, dass man(n) immer öfters auf Zweireiher setzt?
Das denke ich mir auch und generell ist das Feedback positiv. Der wird anprobiert, für passend empfunden und trotzdem bleibt er oft im Laden hängen. Da kann man machen, was man will, am Ende entscheiden sich fast alle für den schlichten Einreiher. Der Zweireiher ist irgendwie in Verruf geraten. Letztlich meinte noch ein Kunde zu mir: „Die sind doch bloß für kleine oder dicke Männer, um den Bauch zu kaschieren!“ Da kann ich nur den Kopf schütteln, absoluter Schwachsinn.
Bild: Mit freundlicher Genehmigung, Anton Meyer
Na gut, Themawechsel: Erzähle mir mehr über Euren Store-Alltag!
Unsere Anzüge sind nach wie vor das Brot- und Butter-Geschäft bei Anton Meyer. Mittlerweile kommen aber auch immer mehr Kunden rein, die gezielt nach Abendgarderobe suchen. Die wollen dann einen eleganten Smoking haben, finde ich natürlich klasse. Das ist mal ein Trend, den ich richtig gut finde. Vor zehn Jahren hätte man rumfragen können und die wenigsten hätten freiwillig verraten, dass sie Smoking tragen. Heute gehört es zum guten Ton, dass man einen im Schrank hängen hat, nicht?
Rückbesinnung auf alte Werte…
Ich orientiere mich da an den Vorreitern, Windsor, britisches Königshaus. Das sind für mich die echten Profis. Es ist ja so, dass der Smoking der kleine Bruder vom Frack ist. Da hat man Anfang des 20. Jahrhunderts gesagt: „Ich habe keine Lust mehr tagtäglich in so einen dusseligen Frack zu steigen, das ist viel zu aufwendig!“ Deshalb sind die ja irgendwann zum Schneider hin und haben etwas gefordert, was mehr Tragekomfort bietet. Apropos Frack, die haben wir natürlich auch bei uns im Laden.
Zeig her!
Hier, die sind halt wirklich klassisch. Ein guter alter Frack wie er sein soll, ganz ohne auffällige Muster oder Extravaganzen. Leuten, die Letzteres suchen, kann ich Herrn von Eden empfehlen – der macht tolle Entwürfe! Ein Entertainer wie Jan Delay würde wahrscheinlich nicht bei uns einkaufen, das wissen wir. Dafür geht in den seltensten Fällen ein Commerzbank-Vorstandsvorsitzender zu von Eden, der schaut eher bei Anton Meyer vorbei. So gräbt man sich auch keine Kunden ab.
Wie sieht es mit den anderen Modellen aus?
Für uns sind die Baukastensysteme wahnsinnig wichtig. Viele Kunden haben obenrum eine Nummer kleiner als untenrum. Die können nicht dieselbe Größe im Set kaufen. Deswegen ist es bei fast allen unseren Anzügen möglich, dass man sie größentechnisch kombiniert.
Dann komme ich die Tage mal mit meinem Freund vorbei, er ist eher groß und schlaksig.
Na, da kann ich ein Lied von singen… (lacht) Ähnlich beliebt ist unser „Never out of stock“-Prinzip: Wie oft steht man als Kunde im Laden und möchte die Anzughose nachkaufen? Oft, sehr oft! Dann gibt’s gerne mal großes Drama, weil die Hose nicht mehr vorrätig oder ausverkauft ist. Wenn man Pech hat, gibt es dann neue Schnitte oder das besagte Modell wurde ganz aus dem Sortiment genommen. Kenne ich persönlich, alles schon passiert. Deswegen gibt es das bei uns nicht: Fast alle unsere Anzüge kann man mit neuen Hosen aufstocken. Zusätzlich geben wir darauf zehn Prozent Preiserlass. Wir wollen schließlich, dass unsere Kunden die Modelle langfristig tragen.
Euer Standpunkt zum Thema Promi-Ausstatten?
Du meinst das kostenlose Rausschicken von Samples? Das haben wir noch nie gemacht! Wir haben aber berühmte Kunden wie Johannes Huebl, der trägt regelmäßig Anzüge von Anton Meyer. Das liegt aber eher daran, dass Marc und er sich schon lange kennen. Die beiden arbeiten seit Jahren eng zusammen. Da besteht kein Vertrag, es ist eine in der Branche eher selten gewordene Freundschaft, basierend auf Respekt und gegenseitigem Vertrauen.
Standardfrage zum Schluss: Wo seht Ihr Euch in fünf Jahren?
Bei uns geht alles Schritt für Schritt: Bald eröffnen wir einen weiteren Store, es geht diesmal nach Zürich oder Wien – wir gucken an beiden Standorten gerade nach geeigneten Locations. Bedingt dadurch, dass wir erst hier in Hamburg eröffnet haben, kamen immer Leute von außerhalb. Viele aus München. Dann war unsere Idee: Wir gehen einfach dorthin. Das läuft jetzt so gut, dass wir wohlüberlegt expandieren werden.
Warum gerade die Zürich oder Wien?
Uns ist aufgefallen, dass viele Kunden dorther kommen. Die Schweizer lachen sich tot über unsere Preise und kommen dafür gerne mal bei uns in Deutschland vorbei. Viele Bankmanager sind unter der Woche in Hamburg oder München tätig, die kommen oft in der Mittagspause und lassen sich mit neuen Anzügen ausstatten. Die Nachfrage ist vorhanden, also knüpfen wir mit einem Zürcher Store an. Und die aus Wien haben wir erstaunlicherweise täglich Bestellungen über den Onlinestore. Da scheint offenbar Bedarf zu sein. Langfristig könnte ich mir Anton Meyer auch in Städten wie Köln vorstellen, da laufen bereits Gespräche. Bei uns in Hamburg denke ich immer mal wieder über ein Tagesbar-Konzept nach, aber eins nach dem anderen – wir wollen nichts überstürzen.
Ich bin gespannt und bedanke mich an dieser Stelle für das spannende Gespräch!
Ich hoffe, dass Euch der umfangreiche Herrenausstatter-Einblick gefällt und freue mich natürlich über Feedback.
ANTON MEYER (HAMBURG)
Kleine Johannisstraße 7
20457 Hamburg
040 / 794 164 88
Öffnungszeiten: Montag – Freitag 10 bis 19 Uhr / Samstag 10 bis 18 Uhr
ANTON MEYER (MÜNCHEN)
Brunnstraße 8
80331 München
089 / 2324 1822
Öffnungszeiten: Montag – Freitag 10 bis 19 Uhr / Samstag 10 bis 18 Uhr