Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
Unter der Rubrik „Was soll man denn dazu anziehen?“ stellt Euch mein Autorenkollege Blomquist regelmäßig Kombinationen vor, die er für Euch zusammenstellt. Individuell und meistens in Varianten, die klassisch bis sportlich immer wieder neue Facetten von einem Lieblingsstück und manchmal auch von sehr ausgefallenen Teilen zeigen.
Wichtig ist, dass jeder seinen persönlichen Stil unterstreicht, deswegen sollte man auch kombinieren und nicht, wie uns auf Instagram und Co. bis zur Erschöpfung gezeigt wird, nur auf Totallooks zurückgreifen.
Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
Manche Stilikone der Medien verstehe ich nicht und finde sie höchst unoriginell. Ein Valentino-Komplettlook und als Bruch Timberlands oder Chucks macht noch lange keine Individualität aus. Was uns als Streetstyle verkauft wird, ist dann doch eher das Vorführen von Looks, die wir schon auf den Laufstegen gesehen haben. Bis auf wenige Ausnahmen, gerade bei solchen Veranstaltungen wie der Pitti Uomo in Florenz, wirken die Protagonisten nicht lässig, sondern steif und zu sehr gestylt. Manchmal erinnert mich das an die Höflinge, die im 18. Jahrhundert am Hof von Versailles wie Gockel paradierten …
Innovation bringen meistens die Asiaten – vornehmlich die Japaner – in dieses Bild, die aktuell wieder sehr in Richtung Denim und dem adaptierten Stil der Endachtziger und Anfang Neunziger gehen. Lagenlook, dazu Doc Martins und einfache T-Shirts oder Sweatshirts. Insgesamt wendet sich tendenziell die Mode, wie wir auf den Schauen in Paris und Mailand für den kommenden Winter gesehen haben, dieser Zeit zu.
Manchmal gibt es aber auch Kollektionen, die wie ein Déjà-vu erscheinen und die einem im Herzen ansprechen. Sie kommen verdammt nah an das heran, was man als seinen „eigenen“ Stil bezeichnen würde. Mir ging es in dieser Saison bei Salvatore Ferragamo so. Ein Label, das mir schon sehr lange am Herzen liegt und das ich seit vielen Jahren mit einem meiner frühesten modischen Käufe in Verbindung bringe.
Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
Das Familienunternehmen aus Florenz ist mir erstmals durch die spektakulären Schuhkreationen für Damen aufgefallen. Salvatore Ferragamo hatte seine Schuhe ursprünglich für amerikanische Schauspielerinnen wie Greta Garbo oder Joan Crawford entworfen. Mittlerweile gehören seine Plateausandalen aus Multicolour-Schichten mit Wildleder zu den Ikonen der Mode- und Accessoires-Geschichte. Mit seiner resoluten Frau Wanda und seinen fünf Kindern (von denen einige auch heute noch im Unternehmen arbeiten) fertigten sie in ihrem prachtvollen Palazzo im Herzen von Florenz nicht nur Maßschuhe an, sondern auch solche Erfolgsmodelle wie „Vara“ oder die Ballerina, die 1952 für Audrey Hepburns „Roman Holiday“ entworfen wurde, die in Serie gefertigt die Reise um die ganze Welt antraten …
Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
Als ich in den Achtzigern frisch verliebt das erste Mal nach Florenz kam, führte mich mein Weg sofort in die Via Tornabuoni zum Palazzo Spini, wo mich nicht nur Schuhe, sondern auch eine damals neu eingeführte Herrenkollektion in den Laden lockten. Der Verkäufer wies mich darauf hin, dass im Keller des Renaissance Palastes ein kleines Museum eingerichtet ist, das ich mir gern anschauen dürfte. Was ich dort zu sehen bekam, hat mich lebenslang für die Ferragamos eingenommen. Denn nicht nur die zahlreichen Schuhleisten der Prominenten und die tollen Schöpfungen aus den letzten fünfzig Jahren waren zu sehen, sondern auch das Bild einer italienischen Bilderbuchfamilie. Genau das, was Italien ausmacht – beim Essen und fröhlichen Feiern oder bei der Arbeit an den Kollektionen.
Der Bann war gebrochen und ich leistete mir einen blau-weiß-gestreiften Pullover mit Polokragen. Dazu passend eine marinefarbene Leinenhose mit Bundfalten, um für mein Rendezvous chic zu sein. Seitdem gibt es für mich keine Saison, in der ich nicht zumindest einen Blick auf die Kollektion werfe …
Natürlich sind meine Smokingschuhe auch das klassische Modell „Andrea“, das Saison für Saison in immer wieder veränderten Variationen auftaucht. Ein Schnürschuh, ganz schlicht und simpel, der in der Form einfach so ultimativ ist, das man ihn nicht verbessern kann.
Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
In der nächsten Herbst/Winter-Saison zeigte das Haus genau die Outfits, bei denen ich mich nicht entscheiden kann. Und ja – ich würde auch mal zum Totallook greifen. Die Kollektion greift genau die Verbindung zwischen gepflegter Formalwear und fantasievollen Mustern – aber in einer gekonnten Mischung aus hochwertigen Stoffen und gemusterten Strick – auf, den ich so mag. Dazu gibt’s eine Re-Interpretation von Andy Warhols Lieblingsschuhen, die er in den Siebziger und Achtziger Jahren dutzendweise besaß – gleich mit angedeuteten Farbspritzern, als hätte er sie eben noch in der Factory getragen.
In den Traditionshäusern mit echter Vergangenheit besinnt man sich aktuell wieder verstärkt auf seine Wurzeln; nicht nur aus Stolz, sondern weil es genau die Abgrenzung ist, die sie von künstlich aufgeblasenen Labels unterscheidet.
Bild: Salvatore Ferragamo (PR)
Zum klassischen Glencheck-Anzug wird ein Intarsienpullover im Stil von Cocteau mit einem großen Foulard getragen. Der graue Wollanzug bekommt durch sein großkariertes Hemd etwas Informelles, bleibt aber trotzdem edel. Die braune Bundfaltenhose mit einem leichten Glanz, die Erinnerungen an die Vierziger Jahre wach werden läßt, dazu ein Hemd mit „Victor Vasarely“-Mustern und einem traumhaften roten Pullunder mit Ornamenten des Jugendstils würde ich am liebsten direkt aus dem Showroom stehlen, um alles bereits jetzt anzuziehen.
Die Looks sind nicht überdreht, sondern orientieren sich an den Klassikern der Menswear wie Trenchcoats oder auch dem „Börsianer“-Mantel mit Samtkragen. Über die Stoffe und die „Fin de Siècle“-Farbpalette erzeugen sie aber einen Look, der an jungen Männern genau so chic und gepflegt aussieht, wie an Herren des fortgeschrittenen Alters.
Bei Ferragamo will man nichts sein, was dem Haus und dem Stil nicht entspricht. Das Label geht seinen eigenen Weg, ohne futuristischen Visionen zum Opfer zu fallen. Den Pullunder werde ich definitiv zum Herbst kaufen und die braune „Cary Grant“-Hose steht auch ganz oben auf meiner Einkaufsliste. Ich hoffe, es gefällt Euch auch …
Siegmar
4. Februar 2016 at 12:26mir gefällt es sehr und der Pulli im letzten Bild ist klasse.