Bild: Sophie Carre
Die Beziehung von Christian Dior zu Mizza Bricard gilt als legendär: „Madame Bricard gehört zu den immer seltener werdenden Menschen, die Eleganz zu ihrer einzigen Daseinsberechtigung machen“, soll der Designer über sie gesagt haben. „Sie betrachtet das Leben sozusagen aus den Fenstern des Ritz und ist herrlich gleichgültig gegenüber so profanen Dingen wie Politik, Finanzen oder sozialem Wandel.“
Bricard war, wie andere Frauen, mit denen sich Dior umgab, seine Mitarbeiterin. Der Designer machte sie zu seiner Leiterin der Hutlinie, doch ihre Rolle war viel weitreichender – sie war auch seine Muse. Eine äußerst sinnliche Frau mit wegweisendem Chic und Ausstrahlung, die ganz nebenbei den Namen eines der bekanntesten Düfte der Parfumgeschichte erschuf: Diors Schwester Catherine betrat den Raum, just, während ihr Bruder Christian mit Bricard über den Namen für einen neuen Duft grübelten. „Ah, Miss Dior!“, rief Bricard, und der Modeschöpfer antwortete, dass das der Name für sein Parfum werden sollte.
Das Bar Jacket, ein Symbol des Dior-Stils und nicht minder legendär wie Mizza Bricard, wurde von Maria Grazia Chiuri für die Dior Herbst-Kollektion 2021 zu Ehren der Muse neu erfunden. Als Hommage an deren Stil – Bricard trug bevorzugt Kleidung mit Animalprint – wurde der ikonische Blazer von Maria Grazia Chiuri mit einem Leopardenmotiv versehen.
Die Jacke wurde erstmals in der „La Ligne Corolle“-Kollektion präsentiert, die allerdings von der Chefredakteurin der amerikanischen Harper’s Bazaar, Carmel Snow, als „New Look“ beschrieben wurde und unter diesem Namen nicht mehr aus der Modegeschichte wegzudenken ist.
Christian Dior träumte nach Zeiten von Materialknappheit davon, dass Frauen mit schlanker Taille, verstärkten Hüften, weiche Schultern, einem dezenten Busen und langen Röcken die Eleganz wieder für sich entdeckten. Seine Idee war, den Körper zu verfeinern, ohne aber die Taille optisch zu brechen. Sein Bar Jacket, übrigens genäht von dem jungen Pierre Cardin, bildet zusammen mit den schwarzen Taft-Abendkleidern und den Cocktailkleidern mit Kuppelsilhouette bis heute die Dior-Codes.
Im Laufe der Jahrzehnte änderte sich die Form des Bar Jackets immer wieder. Yves Saint Laurent, Marc Bohan, Gianfranco Ferré, John Galliano, Raf Simons bis hin zu Maria Grazia Chiuri passten das Design immer der aktuellen Zeit an, doch die Silhouette, die entfernt an eine Sanduhr erinnert, blieb.
Das Bar Jacket in der Dior-Herbstkollektion 2021 wurde von Signora Chiuri zu Ehren von Mizza Bricard re-designt. Bei der Herstellung der Jacke handelt es sich um feinste Handwerkskunst: Die Kettfäden werden vor dem Weben bedruckt, wodurch der Stoff mit einem komplexen Heathered-Effekt veredelt wird. Nach dem sorgfältigen Zuschnitt, der Formgebung und dem Zusammenfügen der Stoffe erwacht diese Kreation mit der „Christian Dior“-Signatur zum Leben. In Anlehnung an den ursprünglichen Stil sind sogar die Knöpfe mit dem zarten Jacquard überzogen.
Und genauso nebenbei, wie Bricard damals den Namen „Miss Dior“ erfand, beweist die Jacke, dass Stil und Animalprint niemals aus der Mode kommen …