(Legendär: Jeans von Hedi Slimane für Dior; Foto: Menswear Market; Robert Sheie; CC BY 2.0)
Dass der geplante Céline-Designerwechsel von Phoebe Philo durch Hedi Slimane schon vor ein paar Wochen für Kopfschütteln bzw. Freudentänze sorgte, ist per se nichts Neues. „Hier scheiden sich die Geister“, dachten wir uns bei Horstson zum damaligen Zeitpunkt. Zahlreiche Pressestimmen und gefühlt zig Modemenschen ließen in den sozialen Netzwerken und Kolumnen ihrem Ärger freien Lauf. Das klang ungefähr so, oder so ähnlich: „Was das denn solle, nach Saint Laurent würde das nächste Label à la Slimane durchgeschüttelt“, so würde „ein weiteres Label dem omnipräsenten Hype-Diktat“ unterworfen und der ein oder andere prophezeite, ironische GIF’s inbegriffen, eine Markennamenkürzung aka -anpassung.
Zumindest letzteres wird so schnell nicht eintreten, dafür bleibt es bei den beiden anderen Punkten durchaus spannend. Business of Fashion hat demnach Informationen geteilt, die für den ein oder anderen Befürworter wie Kritiker durchaus interessant sein dürften: So wird die erste Laufstegschau im September diesen Jahres einige Veränderungen im Hause Céline mit sich bringen, wöchentliche „Drops“ in Supreme- und Off-White-Manier inklusive. Zudem werden Capsule-Kollektionen und saisonabhängige Ware – z.B. Slimane-typische Jeans – in hauseigenen Stores angeboten. Diese, taddaaa, wie sollte es auch anders sein, werden nach den Vorstellungen des Designers komplett neu überdacht und global angepasst.
Mich persönlich überkommt dabei eine gewisse Wehmut, schließlich finde ich nichts ästhetisch ansprechender als die aktuell minimalistisch-marmorierten Boutiquen des französischen Modehauses. Hier und da eine schöne Tasche samt Blumen drapiert, fertig ist das zurückhaltende Jürgen-Teller-geprägte-Ambiente. Für meine Schwestern (vier Stück an der Zahl) bin ich immer mal wieder durch die elegant-schlichten Verkaufsflächen geschlichen und habe eine Trio Bag, mühsam erspart, ergattern können. Selten habe ich das Interieur von Stores als so rundum passend empfunden – mal schauen, wie und was hierbei alles geändert werden wird. Eins ist klar: Es wird definitiv mehr an Ware reinkommen! Wie LVMH bereits hat durchblicken lassen, wird das Angebot durch Couture, Düfte und Männermode ergänzt.
Mehr ist mehr, das ist unübersehbarer Zeitgeist unserer Gesellschaft und scheint auch das anvisierte Motto von Designern und Investoren der LVMH-Gruppe zu sein. Hierfür haben die Verantwortlichen im Fall Céline bereits einen neuen repräsentativen Standort ins Auge gefasst und renovieren fleißig an einer Ladenfläche auf der Madison Avenue/ Upper East Side, New York. Dass das ganze Prozedere samt Prestige-Adressen nicht gerade kostensparend sein wird, ist selbstredend. Es wird gemunkelt, dass jeder der 140 weltweiten Stores aufwändig umgestaltet werden wird und hierfür zwischen zwei und acht Millionen US-Dollar an Investitionskosten zu Buche schlagen. Krasse Summe, klingt für uns Normalsterblichen erst einmal nach einer ungreifbaren Menge an Geld. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass die klugen Kommerzköpfe rund um LVMH-Chef und -CEO Bernard Arnault noch sehr, sehr viel mehr auf ihr kostbares Rennpferd samt neuen Jockey setzen. So soll Céline innerhalb von fünf Jahren von sage und schreibe zwei auf drei Milliarden Euro Umsatz anwachsen, ich nenne es mal geradehinaus und mit spitzer Zunge „hochgepeitscht“ werden.
Ihr merkt schon, mit meiner eigenen Meinung zu dem Thema kann ich letztendlich doch nicht hinter’m Berg halten – ich habe es versucht, wirklich! Nun habe ich mich doch etwas verplappert und ihr seht, was ich von den „More is more, is more, is more“-Strömungen halte. Parallelen lassen sich, meiner Meinung zumindest nach, gerade ganz treffend bei LVMH-Neurennpferdchen Rimowa erkennen. Mit Standort in Köln, ist das Kofferunternehmen seit Jahrzehnten immer und verlässlich expandiert und stand dennoch für unaufgeregtes Verlass-Understatement. Seit ein paar Monaten jagt nun eine Kooperation den nächsten „Drop“ und als Endkunde kommt man überhaupt nicht mehr wirklich mit, was in unseren schnelllebigen Zeiten noch zählt.
Nein, ich bin nicht sonderlich konservativ, definitiv nicht. Aber der Gedanke, dass man bei Rimowa einen Koffer, oder bei Céline ein elegantes kleines Täschchen für den runden Geburtstag seiner Schwester, ersteht, und hiermit auf einen zeitlosen Klassiker setzt, verschwimmt durch die vielen „Immer höher, immer mehr“-Zusammenarbeiten. Kann mich der ein oder andere bei diesem Gedanken verstehen? Mit 26 Jahren und nicht mal in der Nähe ein wirklich regelmäßiger Kunde dieser Häuser (die beiden sind nur einmal exemplarisch genannt, andere Konzerne und Traditionshäuser schreiten momentan ähnlich fragwürdige Expansionswege) zu werden, bin ich schon völlig übersättigt.
Ich halte fest: Selbst wenn ich das Geld hätte, ich wüsste beim besten Willen nicht, für was genau ich denn nun losziehen und investieren sollte. Vor ein paar Jahren wäre das noch der klassische Aluminium-Koffer gewesen, die geräumige Céline-Tasche. Jetzt wird einem der transparente Koffer samt Designer-Kappe angepriesen wie sauer Bier. Bei dem französischen Modehaus werden wir wohl erst im September sehen, welcher nächste Hype medienwirksam und spektakulär in Richtung Masse getrieben wird. In Sachen Geschwindigkeit und Haben-Wollen-Müssen wird unter der Leitung von Hedi Slimane garantiert nicht gespart, ça c’est sûr!
Ich freue mich über euer Feedback und wünsche einen guten Start in die Woche…
vk
11. Juni 2018 at 18:41scxhoene klassiker gibt s auf dem flohmarkt.
wenn mode heute sonst der millisekunden aufmerksamkeit einer instagramwelt gehorcht. so what?
mir persoenlich war schon colette zuwider. war ne kuenstliche, uebertriebene aufmerksamkeit; ein uebersteigewrte fokus ins banale, ein pop fest, das die pet shop boys viel besser konnten. was als musik funktioniert und kaum resourcen verbraucht, als klamottenflut fuer sein kleines witzchen doch nen ziemlichen footprint nach sich zieht.
sign of the times. konversationen aendern sich, aufmerksamkeiten und fokus aendern sich. klar, hinter allem steht jetzt noch mahr geld. empoert euch! kauft weniger klamotten, macht mehr musik!
Monsieur Didier
11. Juni 2018 at 23:43…wenn ich den Namen Hedi Slimane lese zieht sich mir immer der Magen zusammen…
alles, was er anfasst (also zumindest die meisten Dinge) werden nahezu bis zur Unkenntlichkeit medernisiert, bis in dem eigentlichen Haus kein Stein mehr auf dem anderen steht…
ich weiß nicht, ob sich das wirklich lohnt…
sicherlich mußte sich z.B Y.S.L. modernisieren, aber was da zuletzt bei rauskam kann es auch irgendwie nicht sein…
man erkennt die Seele des Hauses nicht wieder, alles sieht irgendwie nuttig aus (bitte verzeiht mir das Wort)
die Läden wie ummodifizierte 80er Edeldiscos, wi sich die Verkaufsberater und Securitiy-Menschen die Beine in den nicht vorhandenen Bauch stehen bzw. durch permanent vorgetäuschte Betriebsamkeit vorgeben: „da geht was, da läuft’s…“
irgendwie alles Show und überflüssig…
ich bin mal gespannt, wie er jetzt vorgeht…
ich fürchte, ich kann es mir vorstellen…!
JayKay
12. Juni 2018 at 12:02Es ist und bleibt eine spannende Erwartung, was Slimane mit Celine vorhat.
Als Anhänger Slimanes freue ich mich jedenfalls, dass er wieder da ist. Er trifft genau meinen Geschmack seiner Design-Grundidee und seiner Visionen.
Phoebe Phil kenne ich zu wenig um traurig zu sein.
Und ja, auch Slimane ist in der Lage Klassiker zu entwerfen.
Aber: Der Grundgedanke eines Klassikers schwindet allgemein, das sehe ich auch so. Das betrifft aber nicht nur die Modeindustrie.
Ich glaube ein wöchentliches Drop-Prinzip findet nur ein Konzern gut, der
Konsumverhalten massiv anfeuert.
Es ist auch eine Frage, ob man es sich leisten kann, immer wieder in kurzen Abständen teure, schnelllebige Produkte zu kaufen, die schnell wieder uninteressant werden.
Das Argument „Mode soll spass machen“ trifft zwar in der Schnelllebigkeit zu,
ist aber natürlich finanziell und ökologisch überhaupt nicht nachhaltig 🙂
@VK: Deine strenge Meinung zum YSL-Projekt teile ich nicht. Slimane hat genau das richtige getan. Das was du beschreibst, was dir nicht passt, ist ja auch „Saint Laurent“ die Ready to wear Linie. Diese kann ruhig „Disco“ sein. Bevor „Yves Saint Laurent“ Couture an den Start gehen sollte, wurde es im Keim vom Kering Konzern erstickt. Die Ateliers dafür wurden extra von Slimane auf der Rue de l’Universite angesiedelt.
Slimane kannte Yves noch persönlich und er war ein Freund (!) von Pierre Berge, der als Mitgründer diese Umstrukturierung, so wie sie vollzogen wurde befürwortete. Slimane brachte alles „back to the roots“.
Junikäfer
13. Juni 2018 at 10:04Als Slime-Anhänger freue ich mich ungemein, dass er wieder am Start ist. Ich brenne für seine Ästhetik, seine Idee und deren Umsetzung, immer wieder aufs Neue. Aus diesem Grund habe ich nichts gegen eine Umarbeitung des Labels. Bin sehr gespannt!
Und immer noch ist seine Silhouette omnipräsent.