Dass sich Designer bzw. Designhäuser um den Entwurf von Uniformen kümmern, ist nicht neu: Schon 1965 stattete Pierre Balmain das fliegende Personal der US-amerikanischen Fluggesellschaft „Trans World Airlines“ mit Uniformen aus und einige Jahre später – 1972 – die Kabinenbesatzung der „Singapore Airlines“.
Zur gleichen Zeit engagierte hingegen die in den 80er-Jahren bankrottgegangene Fluggesellschaft „Braniff International“ den italienischen Modedesigner Emilio Pucci, der für die Stewardessen Uniformen entwarf, die bis heute das Prädikat „legendär“ tragen – zurecht. Ob die neuen Uniformen der „Deutschen Bahn“ in 50 Jahren auch als legendär gelten, wage ich zu bezweifeln.
Verantwortlich für die Uniformen war Guido Maria Kretschmer – ihr wisst schon: der Guido, der jede Woche fünf Frauen zu einem neuen Arbeitsthema losschickt, die aber absolut keine Idee davon haben, was das ungefähr für Teile sein könnten, mit denen sie sich den Sieg sichern können und wo man solche Klamotten bekommt.
Ich würde den DB-Kandidaten ganz lieb gemeinte 7 Punkte geben. Doch der Sieg, die schönste Arbeitskleidung für DB-Mitarbeiter zusammenzustellen, war wahrscheinlich gar nicht das Ziel hinter der Uniform-Kollektion: „Ich wünsche mir, dass die Bahnmitarbeiter stolz sind, diese Kollektion zu tragen“, wie Guido Maria Kretschmer erklärt. DB-Personalvorstand Martin Seiler ergänzt: „Die neue Unternehmensbekleidung wird den Außenauftritt der Bahn moderner und sympathischer machen. Unsere Überzeugung: Selbstbewusste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gut gekleidet sind und sich wohl fühlen, leisten einen noch besseren Service für unsere Kunden. Die Verbesserungen bei Funktionalität und Tragekomfort zahlen außerdem auf die Mitarbeiterzufriedenheit und die Identifikation mit der Marke DB ein.“
Die DB setzt erstmals – und da musste ich ein wenig schmunzeln – auf einen neuen Rotton, das sogenannte „Servicerot“ oder „Burgundy“. Er ist, so dufte ich lesen, im Gegensatz zum bekannten „Verkehrsrot“, „besser kombinierbar und flächig einsetzbar“.
Die DB startet übrigens in diesen Tagen einen bundesweiten „Tragetest“ ihrer neuen Unternehmensbekleidung, die Kretschmer mit operativen DB-Mitarbeitern entwickelt hat: Rund 250 Zugbegleiter, Servicemitarbeiter in Bahnhöfen und DB Lounges, Lokführer & Co. unterziehen die Kleidung jetzt einem viermonatigen Praxischeck.
Es scheint also, als ob noch nicht alles zu spät ist und vielleicht doch noch Änderungen vorgenommen werden können. Aber, da werde ich am Ende so diplomatisch, wie Guido Maria Kretschmer es bei bei seinem Shopping-Queen-Resümee auch immer ist, es hätte schlimmer sein können.
fred
17. August 2018 at 16:00Hm, ja. Servicerot. Verkehrsrot. Wer lässt sich so einen Schrott einfallen? Und wer kommuniziert den, ohne den Gedanken, sich lächerlich zu machen. In Deutschland muss alles technisch klingen. Dann meint man, es ist seriös. Pucci ist das sicher sinnlicher angegangen.
Zur Klamotte: Haben die das nicht ohnehin schon die ganze Zeit angehabt? Es sieht doch aus, wie das, was sie immer anhatten. Schade, dass der Mooshammer nicht mehr lebt. Der hätte das entwerfen sollen, oder der Glööckler. Dann wäre das denkwürdig. Oder jemand wirklich seriöses: Alber Elbaz, Stefano Pilatti etc. Aber so? Ich weiss nicht. Es sieht aus wie Jette Joop für Aldi. Etwas langweilig.
fred
17. August 2018 at 16:04Ich hab mir das angeschaut. Die Pucci Kollektion ist unglaublich. Wie ein altes Deee-Lite Video. Ich bin ganz geflasht. ja, so hätte das aussehen soll. Der Mooshammer wäre der richtige gewesen!
Glencheck
17. August 2018 at 20:34Also, man muss jetzt vielleicht mal die Kirche im Dorf lassen. Das sollen (mittel-)alte Durchschnittsmenschen tragen, die zur Arbeit zuweilen eine „freche“ drogerierote Kurzhaarfrisur mitbringen. Keine 16-jährigen gecasteten Magermodels. Zudem ist es für die Bahn 2019, nicht für das Flugzeug 1969 – wir sind uns vermutlich einig, dass auch die Reisenden heutzutage mit den Pucci-Uniformen in puncto Stil nicht mehr mithalten könnten. Das Ziel ist also definitiv low key, nicht haute couture. (@FRED: Hier kann man wenigstens dran vorbei gucken, was bei magentafarbenen Krawatten mit eingewebtem Daisy-Motiv womöglich schwieriger gewesen wäre.) Persönlich hätte ich noch so einen High-Tech-Stoff lustig gefunden, der die Bahnmitarbeiter bei Ausfall der Heizung/Klimaanlage wärmt bzw. kühlt. Aber Ironie gehört zu den Dingen, die die Bahn nicht im Angebot hat und GMK vermutlich auch nicht, daher: Es hätte wirklich schlimmer kommen können.
fred
17. August 2018 at 20:59@GLENCHECK
na, jetzt nicht den armen Moshammer schlecht machen. Der war ein pfiffiger Bursche. Wir sollten ihn nicht nur auf Daisy-Motive reduzieren. Das würde ihm nicht gerecht werden. Er hätte sich sicher was tolles überlegt. Auch sollten wir kein schlechtes Bild vom Bahnpersonal zeichnen. Viele geben sich sehr viel Mühe, ihre Arbeit gut zu leisten und die Menschen, die wir sehen, sind am Ende der Kette und bekommen meist den Frust ab, für den sie selbst am wenigsten können. Und auch diese Menschen wollen gut aussehen und haben ein Recht darauf. Daher denke ich, dass es hätte schlimmer kommen können, aber nicht zwangsläufig hätte müssen. Also, im Umkehrschluss, es hätte auch viel viel besser kommen können. Und die bahn hätte vielleicht auch einen Friseurservice anbieten können. Es ist also noch enorm Luft nach oben.
stephan meyer
19. August 2018 at 14:02Mir gefällt es total gut. Ich bin begeisterter Frequent Bahnfahrer und mir gefällt alles, was dezent ist und sich mir auf der Fahrt nicht allzuviel Aufmerksamkeit abverlangt. Die Farbkombis ist auch gut, so sieht immerhin kein Fahrgast aus, zumindest nicht zwischen Berlin und München :-))
friedrichshainer
21. August 2018 at 23:11…ich habe schon deutlich schlechtere Kollektionen für Mitarbeiter gesehen…
und in der Tat, die ist dezent und springt einen nicht kreischend und um Aufmerksamkeit heischend an…
by the way: das, was Herr Mooshammer „produziert“ hat war mehr als fragwürdig…
das war altbacken und immer ca 15 – 20 Jahre überholt… 😉
Vk
22. August 2018 at 23:37Sehr gut gemacht. Zivil, praktisch, anschlussfaehig an gaengige kaufkausware. sehr gut. Auch die etwas sperrigen Damenhüte geben Autorität wo es nötig ist. Volle Punktzahl von hier. – Was Braniff angeht, ein Onkel war damals Concorde-Pilot fuer die. Habe noch seine Manschettenknöpfe aus der Zeit. Es waren andere Zeiten komplett.