(Kaufhaus GUM in Moskau; Bild: Horstson)
Um es gleich vorwegzunehmen, auch in der Ukraine gibt es zahlreiche Oligarchen, die ihr sagenhaftes Vermögen ähnlich wie die Kollegen in Russland zur Zeit Jelzins und Putins angehäuft haben dürften und aktuell weiter vermehren. Wir sollten also auch nach deren Engagement gegen die Not der Landsleute fragen.
Aber hier geht es um die Haltung der Luxusmarken in der Angelegenheit des Krieges, den Russland gegen den Nachbarn führt.
Was dieser Tage ins Auge fällt, ist aber das laute Schweigen der Marktführer der High-Fashion-Branche. Wenn man von einzelnen Reaktionen absieht, wie zum Beispiel die von Giorgio Armani, der bei der Mailänder Modewoche seine Models ohne Musik laufen ließ, ist erstaunlich ruhig in der Kommunikation der großen Marken. Doch es wird nicht so sein, dass den von Humanismus beseelten Mäzenen, denen die wichtigsten Labels gehören, das Schicksal der Menschen in der Ukraine egal ist. Monsieur Arnault und Monsieur Pinault griffen nicht nur dann beherzt in die eigene Tasche, weil Notre Dame brannte, sie fördern auf breiter Ebene.
Bei der aktuellen Zurückhaltung, wenn es um ein Zeichen geht, steckt also vermutlich etwas anderes dahinter, das nicht mit ein paar hundert Millionen Euro auszugleichen ist.
Kollektionen, speziell für Bedarfe und modischen Fantasien der Superreichen
Das Geschäftsmodell der wichtigsten High-Fashion Marken (also Louis Vuitton, Gucci, Chanel und Dior) wurde wie das des Gefolges aus Marken wie Givenchy, Bottega Veneta, Celine & Co. schon vor vielen Jahren auf die Bedarfe und modischen Fantasien der Reichen und Superreichen in China, Russland und der arabischen Welt abgestellt. Und wie gewünscht rollte der Rubel der Oligarchen und der Saudi-Riyal der Ölmilliardäre in Saudi Arabien.
Es empfiehlt sich zwar nicht, als Frau ohne Rang und Namen in Riad an Stelle des Hidjab, eines Nikab und langem Kleid in Gucci-Klamotten auf der Straße unterwegs zu sein, aber Gucci unterhält dort florierende Flagship-Stores für die bekannt modeverrückten Frauen von Jiddah (Ehefrau Sara bint Mashhur bin Abdulaziz Al Saud und die weibliche Entourage von Prinz Mohammed Bin Salman).
Doch richtig zu lohnen scheint sich das Geschäft mit den Russinnen und Russen. Im Lande gibt es nicht weniger als dreizehn Verkaufsstellen von Gucci, also Flagship-Stores sowie die prachtvollen Gucci-Shop-in-Shops in den Luxus-Kaufhäusern Gum und Tsum. Russen und Russinnen zwischen St. Petersburg und Sochi brauchen aktuell nicht zu befürchten, modisch zu kurz zu kommen. Ähnliches gilt für Louis Vuitton, Chanel und Dior und andere heißbegehrte High-Fashion-Marken, die in Russland einen gigantischen Markt bedienen, auf den nicht oder nur unter größten Schmerzen verzichtet werden kann. Doch wie lange noch?
Obwohl man immer wieder liest, wie toll die Läden der Branchengranden trotz Corona laufen, steht fest, dass in der Hauptsache das Taschengeschäft dafür sorgt, dass die Bilder der Runway-Shows weiterhin weltweit Verzückung hervorrufen können. Und auch das Taschengeschäft ist mühsamer geworden (dazu mehr in einem eigenen Bericht).
Es werden Konsequenzen der Luxuslabels gefordert
Man kann auf die Umsätze und Erträge der Flagship-Stores und den weiteren Verkaufsstellen in Russland nicht verzichten, ohne Kapital (Börsenkapital) in gigantischer Höhe zu vernichten und den Markt zu ruinieren. Das ist allerdings nur eine Frage der Zeit, droht doch ein Imageverlust, angeheizt auch durch Social-Media-User, die Konsequenzen der Labels fordern. Und am 7. Tag des Krieges zeigen sich erste Erfolge, so meldete sich zum Beispiel Chanel in einem Beitrag zu Wort, allerdings noch offen, was genau geplant ist, außer Geld zu spenden. Auch hat die Vogue Ukraine alle internationalen Mode- und Luxuskonzerne und -unternehmen aufgefordert, mit sofortiger Wirkung jegliche Zusammenarbeit mit dem russischen Markt einzustellen.
Monsieur Arnault und Monsieur Pinault werden es sich leisten können, Russen und Russinnen in ihrem Land modisch auf Nulldiät zu setzen, wenngleich Jahre oder Jahrzehnte des Aufbaus des Marktes in Russland zunichte gemacht werden könnten. Ganz so schlimm würde es vermutlich nicht kommen, da diese Klientel im Privatjet überallhin fliegen kann, wo Louis Vuitton, Chanel, Gucci & Co. auf zahlungskräftige Kundschaft warten.
Dass wir für jedwede humanitäre Hilfe sind, bräuchte man nicht eigens erwähnen. Am meisten hilft es, Geld zu spenden. Das mit den sicher sehr gut gemeinten Sachspenden stellt die Empfänger oftmals vor große logistische Probleme und verschlingt bei der Verteilung leider oft Geld …
Hermès schließt vorerst Filialen in Russland – Horstson
4. März 2022 at 19:38[…] Hermès betreibt in Russland drei Boutiquen, darunter eines im Moskauer Luxuskaufhaus „GUM“. Die geschäftlichen Tätigkeiten in der Ukraine hatte Hermès bereits im Februar eingestellt. Andere Luxuslabels halten sich aktuell noch bedeckt, wenngleich davon auszugehen ist, dass viele Marken dem drastischen Schritt folgen werden. […]
Carsten
6. März 2022 at 17:19Was sollen die denn auch in Moskau (oder sonstwo), wenn die Karten gesperrt sind ♂️
Instagram-Sperre in Russland: Warum die Häme gegen Influencer:Innen unangebracht ist – Horstson
16. März 2022 at 12:06[…] zusammenbrechen. Das klingt vielleicht egal oder gerecht, was es in Hinblick auf den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, sogar richtig ist: Es fühlt sich merkwürdig an, einer Olga Buzova, mit 23 […]