Courtesy of Dior
Die meisten Leser:innen werden es mitbekommen haben, ansonsten lohnt es, den Livestream im Nachgang anzuschauen: Maria Grazia Chiuri zeigte am vergangenen Montag in den Gärten von Drummond Castle in Perthshire ihre Cior Cruise-Kollektion 2025. Für die italienische Designerin war das der perfekte Anlass, den Spuren von Christian Dior zu folgen, denn für das Luxuslabel war das Gastspiel in Schottland keine Premiere: Schon 1955 präsentierte der legendäre Designer seine Arbeiten im Ballsaal des schottischen Gleneagles Hotels in Perthshire.
Für den Grundstein der neuesten Dior-Kollektion wurde also schon vor fast 70 Jahren gesorgt, nun galt es für Maria Grazia Chiuri diese Inspirationsquelle auf Höhe der Zeit zu interpretieren.
Maria Grazia Chiuri konnte, wie damals schon Karl Lagerfeld bei seiner „Paris – Edimbourg“-Chanel-Kollektion 2012, aus den Vollen schöpfen: Das Einhorn und die Distel, beides Symbole Schottlands, bieten eine Variation des bei Dior so beliebten Millefleurs-Motivs und werden in Stickereien umgesetzt, die das eigentliche Handwerk dieser Technik in den Fokus rücken. Ein Emblem von Maria Stuart, das in Clare Hunters Buch „Embroidering Her Truth: Mary, Queen of Scots and the Language of Power“ zu finden ist. Eine Karte Schottlands ziert einige der Looks dieser Cruise-Kollektion und skizziert eine Kartografie der Kooperationen und kulturellen Bezügen – wie zum Beispiel die Hommage an das Schottenkaro: „Es ist wahrscheinlich der einzige edle Stoff, der sich der Mode widersetzt“, schrieb Christian Dior in The Little Dictionary of Fashion. Dieser historische Stoff, der für Schottland charakteristisch ist und verschiedene Farben und den Schnitt eines Kilts kombiniert, durchquert also auch weiterhin die Mode der Vergangenheit und Gegenwart, von der Romantik bis zum Punk.
Fotografien der Frühjahr-Sommer-Präsentation 1955 werden von Maria Grazia Chiuri und dem Team von Dior in komplexe Drucke verwandelt oder als Applikationen an den Rändern von Kilts oder Cabanjacken verwendet – eine Technik, die in ihrer Herangehensweise an filmische Montage erinnert.
In den Looks verschmelzen eigentlich kontrastierende Elemente zu einer Einheit – darunter beispielsweise die unterschiedlichen Texturen von Samt und Spitze. Bestimmte Silhouetten zeichnen sich durch übertrieben weite Ärmel aus, die auf weißen Hemden unter kleinen Kleidern mit gerafften Röcken und Bustiers hervortreten, die mit Stickereien schmücken. Letzteres findet sich auf mehreren dunklen, schillernden Stücken, die manchmal mit Perlen geschmückt sind.
Das Schottenmuster ist der rote Faden, der sich durch fast die gesamte Kollektion zieht, ob direkt in Schottland hergestellt oder neu interpretiert. Eines steht fest, ob bei Dior oder auch in der gesamten Mode – wir werden in den nächsten Saisons dank Maria Grazia Chiuri alle ein Stück britischer, Verzeihung , schottischer werden …