(Simon Porte Jacquemus bei der Ausstellungseröffnung im Museum of Contemporary Art Marseille; Bild: Thomas Kuball)
Der französische Selfmade-Designer Simon Porte Jacquemus beweist, dass es auch ohne großen Konzern im Rücken möglich ist, sich international durchzusetzen. Der erst 28-jährige Südfranzose aus der Provence, der eher der Designsprache in der Tradition von Commes des Garçons verhaftet ist und die Achtziger Jahre liebt, hat einen Dreh gefunden, Zeitgeist mit dem zu verbinden, was die Sehnsucht der französischen Mode ausmacht.
Vor einigen Wochen stellten wir schon die Jacquemus-Kollektion „Les Santons de Provence“ vor, die aktuell in den Boutiquen erhältlich ist.
(Ausstellungsimpression „Marseille je t’aime“, Simon Porte Jacquemus im Museum of Contemporary Art Marseille; Bild: Thomas Kuball)
Dass Simon Porte Jacquemus seine Kollektionen in Frankreich aus besten Stoffen fertigt und dabei ein gesundes Preisgefüge hat – immerhin produziert er Luxus-Prêt-à-porter mit aufwendigen Schnitten – ist für ihn selbstverständlich. Er hat das Image eines südfranzösischen Sonnyboys, beweist aber intelligenten Tiefgang. Eigentlich erinnert er in seiner Stilistik, auch wenn sie wesentlich purer ist, an einen modernen Christian Lacroix, der in seiner Zeit die Modewelt revolutionierte – ähnlich wie es jetzt Jacquemus tut.
Romantik aber puristisch, grafische Linie aber mit raffinierten Details – für einen so jungen Designer bietet Simon Porte Jacquemus eine Linie, die konsequent einen eigenen Weg geht. Dabei kümmert er sich nicht nur um seine Kollektionen, sondern verbindet mit seiner Mode auch Fotografie und Bücher. Das zweite Buch, ein Fotoprojekt, das sein Marseille zeigt, widmet sich dem Spirit der Hafenstadt: „Marseille je taime“.
(Ausstellungsimpression „Marseille je t’aime“, Simon Porte Jacquemus im Museum of Contemporary Art Marseille; Bild: Thomas Kuball)
Eines hatte sich Simon Porte Jacquemus bestimmt nicht erträumt – dass seine Lieblingsstadt, die er, wenn er nicht in Paris arbeitet, regelmäßig am Wochenende besucht und an der Corniche Kennedy im Meer schwimmt. Die Stadt steht ganz in seinem Zeichen und widmet ihm gleich mehrere Ausstellungen, sowie ein großes Defilee im avantgardistischen „Mucem“-Museum.
Das Mucem, mit seiner verzweigten Fassade direkt am Meer gelegen, wurde vom Architekten Rudy Ricciotti geplant und anlässlich der Ernennung Marseilles zur Kulturhauptstadt Europas 2013 eröffnet. Das Mucem ist das erste „Musée National“ außerhalb von Paris und nur eines von zahlreichen Museen der Stadt.
(Ausstellungsimpression „Marseille je t’aime“, Simon Porte Jacquemus im Museum of Contemporary Art Marseille; Bild: Thomas Kuball)
Mitte Mai war es dann weiter und ein ganzes Wochenende stand im Zeichen der Eröffnungen. Los ging es im MAC, dem Musée d’Art contemporain, mit Installationen und Fotos, die die Modefotografie der Jacquemus-Kollektionen interpretieren und die Verbindung von Installation, Grafik und dem, was am Ende weniger als Saisonkollektion zu betrachten ist, sondern als Statement, verbinden. Als Quintessenz in der Präsentation präsentiert Jacquemus, der Bauhaus und Memphis-Stil verehrt, Kugel- und Würfelobjekte, auf denen seine Kreationen als Objekt gezeigt werden, umgeben von ausgestreuten Sonnenblumen, die als Synonym – spätestens seit Vincent Van Gogh – der Provence gelten. Das Buch „Marseille je t’aime“ greift diese Bildsprache auf und zeigt nicht nur seine Interpretation des Geistes und die Gesichter der Stadt, sondern auch seiner Künstlerfreunde und Weggefährten.
(Ausstellungsimpression „Marseille je t’aime“, Simon Porte Jacquemus im Museum of Contemporary Art Marseille; Bild: Thomas Kuball)
Eine der größten Inspirationen, wie könnte es anders sein, ist der Architekt Le Corbusier. Auf einem der Hauptwerke des Meisters hielt Simon Porte Jacquemus dann auch gleich seine Signierstunde ab.
Le Corbusier wollte mit seinen Bauprojekte neue städtebauliche Maßstäbe setzen. Seine erste Unité d’Habitation wurde ab 1947 in Marseille gebaut. Ein Must, wenn man die Stadt besucht (Adresse: 280, Boulevard Michelet, F-13008 Marseille). Dieses Gebäude ist 138 Meter lang, 25 Meter breit und 56 Meter hoch. Auf dem Dach des auf Betonstelzen gebauten Hauses, das mittlerweile auch ein Hotel beherbergt, kann man über die ganze Stadt schauen – weit bis über das Mittelmeer. Ideal, um diese Hommage an die Stadt zu präsentieren.
Wer die ganze Kollektion sehen und auch kaufen will, hat in einem der angesagtesten Läden der Stadt, dem Jogging Store, die komplette Auswahl.
Simon Porte Jacquemus ist ein junger Designer mit internationalem Format und auch noch ein Paradebeispiel dafür, wie Frankreich Mode nicht nur als einen Teil seiner Kultur sieht und Designer fördert. Kein Wunder, schließlich ist es nach der Landwirtschaft der stärkste Wirtschaftsfaktor des Landes, vielleicht aber auch, weil Mode überhaupt gefördert und Talenten eine breite Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Maisons & Archives Jaquemus Ausstellung
Museum of Contemporary Art Marseille
9,Avenue d’Haifa – 13008 Marseille
12. Mai 2017 – 14. Januar 2018
Das Buch „Marseille je t’aime“ ist über die Website von Jacquemus und über das Museum erhältlich.
Markus Brunner
26. Mai 2017 at 11:25toller cooler und hübscher Kerl und die Kollektion bzw. die Show im oder auf dem Museum in Marseille ein „fashion-moment“
Siegmar
26. Mai 2017 at 12:49sehr toller Artikel und gut das es noch solche „Typen“ gibt, die mutig sind und es alleine machen!