(„Ein Fashionblog oder Modeblog ist ein …“ Bild: Screenshot Wikipedia
Frauen, die über Mode schweigen … Was durften wir in den letzten zehn bis dreizehn Jahren nicht alles zum Thema lesen: Dass ModebloggerInnen die neuen BerichterstatterInnen der High-Fashion und Haute Couture seien, durch deren Arbeit die alten weißen Frauen der Hochglanz-Fashion-Magazine wegrationalisiert werden würden. Oder so ähnlich. Da war gar von schwarzen Krähen die Rede, gemeint waren Suzy Menkes und Co.
Klar, man war in der Frontrow angekommen, dafür hatten die wie strontiumundcäsium-versäuchte Pilze aus dem Boden schießenden PR-Agenturen für den Onlinebereich gesorgt. Unter Aufbietung von Zahlen – gerne mal ohne Fakten – in schwindelerregenden Höhen. Da ging es dann nicht selten anstatt um Mode darum, wer mit welchen Privilegien versehen werden musste, um nicht sauer zu werden. ModebloggerInnen wollten die knallharten Pressereisen auch mal in der Businessclass fliegen und daran gewöhnt man sich eben ganz schnell.
Dass alle ModebloggerInnen naturgemäß studierte JournalistInnen (Modejournalistinnen) waren, muss man nicht eigens erwähnen. Es dürfte deren Bescheidenheit geschuldet gewesen sein, dass man die spezifische Expertise den Tagesoutfits nicht unbedingt anmerken sollte.
Impression Management war angesagt, es reichte nicht, einen Blog zu schreiben. Die Blogs waren plötzlich Brands. Exponierte BloggerInnen jederzeit dazu bereit, eine Parade zu eigenen Ehren abzuhalten.
Wer sich wie wir auf das dünne Eis wagte und Blogs auch mal kritisch betrachte, störte das Geschäftsmodell und bekam eins übergebraten. Es gehörte zum, guten Ton, solidarisch zu sein mit den BloggerInnen, über Mängel zu schweigen, je nachdem, aus welcher Richtung der Wind wehte.
Interviews, Tutorials und Blogposts zum Thema Geld verdienen mit Modeblogs überschwemmten Youtube, die Modeblogs und die klassischen Medien, inklusive Print.
Damals war das Jahr 2015, da hatten die BloggerInnen noch täglich oder mehrmals pro Woche Blogposts geschrieben. Hieß es doch, die LeserInnen an den Blog zu binden und Werbepartner für Kooperationen zu finden. Man wollte und musste ja schließlich Geld verdienen mit dem Blog. Hinzu kam, man hatte feste oder freie AutorInnen, die für mehr und manchmal auch für besseren Content sorgten.
Irgendwann kam den ModejournalistInnen aus Leidenschaft dann Instagram sprichwörtlich dazwischen, es wurde immer weniger berichtet … In so einer Art Metamorphose wurden aus BloggerInnen Frauen, die über Mode schweigen.
Vielleicht bin ich da total verdreht, aber mir war das immer sehr seltsam vorgekommen, wenn Modeblogs tage- oder wochenlang mit demselben alten Bericht titelten und ihre LeserInnen am langen Arm verhungern ließen. Zumal, bekannt ist, dass alle exponierten BloggerInnen Deutschlands das Schreiben hauptberuflich betreiben.
Während der Pandemie, die uns mehr Zeit ließ und noch lässt, als vielen von uns lieb war und ist, hat das Berichten auf vielen Modeblogs zahlenmäßig nochmals abgenommen oder dem Anschein nach, ganz aufgehört, ohne die LeserInnen wissen zu lassen, ob und wann es denn weitergeht.
Klar ist, während der Pandemie war es vermutlich etwas schwieriger, neue Werbepartner zu finden … aber der Verzicht auf Berichte kann das zäher laufende Geschäft wohl kaum verbessern.
Gibt es tatsächlich StammleserInnen, die wochen- oder monatelang bei der Stange bleiben, wenn nichts berichtet wird. Was würden wir dazu sagen, wenn Printmedien, die sich mit Mode beschäftigen, anstelle von Inhalten in ihren Magazinen auf Instagram verweisen. Klar hinkt der Vergleich etwas, aber was hält die ModejournalistInnen mit Blogs davon ab, High-Fashion Kollektionen zu rezensieren und über sonst was zu schreiben? Und das ist keine rhetorische Frage.
Da ich bekennende Ungläubige bin, was das Bloggen auf Modeblogs im Hauptberuf anlangt, erst recht, wenn Umsätze und Erträge für das Auskommen mehrerer AutorInnen reichen sollen, hat es mich nicht verwundert, wie viele der festen und freien AutorInnen mittlerweile das Weite gesucht haben oder suchen mussten. Wer weiß das schon. Schade um diese Menschen, die den Erfolgsgeschichten glaubten.
Instagram als Sackgassen-Geschäftsmodell?
Schreibt mal wieder, denn mit „Grützenbilchen“ auf Instagram wird man vermutlich schon bald kein Geld mehr verdienen, so man nicht zu den wenigen InfluencerInnen gehört, die mit ihren Instastories großes Geld verdienen, das mancher von ihnen eigentlich nicht nötig hätte, aber gerne nimmt.
Keine typischen High-Fashion-Blogs, aber dort wird noch regelmäßig geschrieben: amazed, suelovesnyc und josieloves. Geht doch!
Gastautorin: Eva Parke
Horst
22. Februar 2022 at 12:15Die Gründe für das Schweigen im Walde sind allerdings vielfältiger – neben mangelnder Zeit, Verlagerung von Interessen und Wegfallen von Kunden (die ja überwiegend in Instagram, TicToc etc. investieren, wo es dann reicht, wenn „Content Creator“ die 3.000€-Handtasche tragen, ohne zu erklären, warum das gute Stück mehr kostet, als ein Großteil der im Monat verdient) sind die Bildrechte ein Thema, wie bei Berit: https://www.the-shopazine.de/fashion/artikel/game-over-wie-zalando-mich-in-die-abmahnfalle-geschickt-hat-1060/
Eva Parke
22. Februar 2022 at 12:41@HORST
Das hatte ich wegen meiner nebenberuflichen Aktivitäten in der Geflüchtetenhilfe und dem Fakt, dass zum Bloggen keine Zeit blieb, gar nicht mitbekommen.
Schlimm ist das. Es wundert mich persönlich nicht, dass Zalando einerseits Schuld daran trug und sich andererseits nicht hinter die Bloggerin stellte. Ich finde es wichtig, Urheberrechte zu achten, aber man kann es auch übdertreiben. Der Fotograf hatte doch sicher Interesse daran, weitere Aufträge von Zalando zu bekommen.
Meine Meinung ist die, dass Zalando sehr davon profitiert haben dürfte, dass gerade klienere Blogs hier massenhaft in Vorleistung gingen und ihrer Begeisterung Ausdruck verliehen, um überhaupt ins Geschäft zu kommen … Damals hatte Zalando wegen der Samwer Brüder doch hauptsächlich durchwachsenes Presseecho …
Für mich bleibt es dabei, schade um die Vielfalt an Blogs und ich habe noch nie und werde niemals bei Zalando bestellen. Die sind mir maximal unsympathisch …
Zum Punkt: Du hast sicher recht. Wer tut sich das auf Dauer an, so ein Gedöns wegen eines Bildchens von einer im Sinne der Marktbrelevanz vollkommen bedeutungslosen Klamotte und einer Kooperation für wenige hundert Euro.
Carsten
23. Februar 2022 at 19:50Bloggerinnen und Influencerinnen amüsieren von Anfang an: In der Regel befinden die sich in einem Alter, in dem sich die Mode bereits 20 Jahre früher industrialisiert hat. Trotzdem wird krampfhaft zum Selbstzweck an diesem System festgehalten, mit dem Selbstbewusstsein der Behauptung, man habe es erfunden.
Reden wir mal von 600 Jahren europäischer Modegeschichte; in diesem Zeitrahmen ist die industrialisierte Mode und erst recht die Bloggerin oder vermeintliche Influencerin ein Hühnerschiss.
julia freitag
26. Februar 2022 at 13:17Gehöre jetzt zu den Frauen, die ( nicht mehr) über Mode schweigen…
Ich hab ehrlich gesagt alle im Beitrag skizzierten Stationen der Modeberichterstattung durchlaufen – bis 2008 Hochglanzprint mit Luxus Businessclass Trip’s bei CondéNast, dann mit Silke Wichert 2009 styleproofed als einer der ersten Online Magazine / Blogs gestartet, da uns Print Magazine so altbacken vorkamen. Dann 2016 auch irgendwann alles auf Eis gelegt, da es nur noch Ärger mit gehackter Website und miesen Bildrechtsklagen gab…für viel zu wenig Erlöse für geschriebenen Content im Netz .
Instagram brauchte ja nur noch „wortlose“ Angeber-Bilder und keine Geschichten mehr…
Jetzt wieder richtig Spass am Berichten über Mode bekommen, dank Video und Bewegtbild ! Interviews im Livestream und Reels fürs Storytelling geben mir mit styleproofed.tv zumindestens jetzt wieder Spass an digitalem Story Telling und Berichten über Trends. Allerdings mit dem Learning, die liebevoll inszenierten Produkte auch selber zu verkaufen… Warum soll man dass Zalando und co auch noch überlassen
Eva Parke
1. März 2022 at 11:17@Julia Freitag
Ich kann verstehen, dass sich ehemalige BloggerInnen wegen der Bildrechtsklagen von dem Medium verabschiedet haben, obwohl ich auf Horstson vor meiner superlangen Pause hunderte sehr bildreiche Berichte veröffentlicht bekommen habe, ohne jemals Probleme zu bekommen. Das ist aber nicht der geeignete Maßstab, da ich nunmehr als Gastautorin mit Horsts Hilfe feststellem, wie mühsam sich das Eichhörnchen nährt … und man hat ja nicht unnbegrenzt Zeit.
Trotzdem ist es Schade um die Vielfalt und einige sehr gute Blogs, die aus ganz anderen Gründen nicht mehr bestehen. Miener Vermutung zufolge, hat das leider auch damit zu tun, dass sich wenige BloggerInnen zu Branchenprimas aufspielten und sich jede Einflussnaqhme auf ihr Geschäftsmodell durch Kritik verbaten. So hat unfassbare Langeweile auf den Blogs um sich gegriffen und viele Leser haben damit aufgehört, zu kommentieren. Blogs leben aber auch vom Austausch und der Rückmerldung der Leser. Man kann sich ja nicht alles aus den Fingern saugen, das weisst Du. Kritik ist wichtig, um besser zu werden.
Im Ergebnis zählt für mich, dass exponierter BloggerInnen, die heute nicht mehr oder nur selten schreiben, dafür verantwortlich sind, wie die Blogsphäre Deutschlands zusehends degenerierte. Mir tut Horst heute noch leid, wenn ich daran zurückdenke, was ich ihm und den Kollegen damit zugemutet habe, das in kritischen und satirischen Berichten auf Horstson zu reflektieren, was immer schon falsch lief in der Szene.
Ich liebe als LeserIn und als Autorin das geschriebene Wort, dennoch für Dich und Dein Projekt styleproofed.tv das Allerbeste!
Eva
Eva Parke
1. März 2022 at 11:22@Carsten
Für Deinen erhellenden und meinen Humor treffenden Kommentar vielen Dank!
Der Hinweis auf den modehistorischen Zusammenhang, bei dem die heutige Berichterstattung auf Blogs und Instagram wohl allerhöchstens homöopathische Bedeutung hat, trifft ins Schwarze.
Eva