Meinung

Instagram-Sperre in Russland: Warum die Häme gegen Influencer:Innen unangebracht ist

(Foto: Instagram/Olga Buzova; Horstson)

Instagram wird in Russland gesperrt, wie die russische Regulierungs-, Aufsichts- und Zensurbehörde für Massenmedien, Roskomnadsor, vergangene Woche erklärt hat. Als Hintergrund wurden Gewaltaufrufe gegen russische Soldaten genannt, die das Netzwerk zum Teil zukünftig vorübergehend toleriert. Natürlich gibt es Möglichkeiten für Instagram-Nutzer aus Russland, dieses Verbot zu umgehen, schlussendlich schwingt dann aber eine Gefahr mit, gerade dann, wenn das Profil über eine gewisse Reichweite verfügt.

Influencer in Russland: Geschäftsfelder brechen zusammen

In Konsequenz bedeutet die Instagram-Sperre in Russland, dass unter anderem bei vielen russischen Influencer:Innen ihre Geschäftsfelder zusammenbrechen. Das klingt vielleicht egal oder gerecht, was es in Hinblick auf den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, sogar richtig ist: Es fühlt sich merkwürdig an, einer Olga Buzova, mit 23 Millionen Followern eine der bekanntesten Influencerin Russlands, zuzuschauen, wie sie – scheinbar unberührt von der Situation im Nachbarland – weiterhin Bilder postet, die sich hauptsächlich um eines drehen: Um sich selbst. So wirkt es dann auch umso befremdlicher, wenn sie einem bisher über zwei Millionen Mal geklickten Video sichtbar aufgeregt erzählt, dass sie sich fühlt, als ob ihr Leben genommen wurde, wenn eben das nur einige tausend Kilometer passiert: Menschen wird das Leben genommen. Auf der anderen Seite wird verkannt, was Instagram eben auch ist: Eine Nachrichtenquelle.

Instagram-Sperre in Russland: 80 Millionen Menschen betroffen

Die Entscheidung, Instagram offline zu nehmen, wird 80 Millionen Menschen in Russland voneinander und vom Rest der Welt abschneiden, wie Adam Mosseri, Instagram-Chef, am Freitag bei Twitter geschrieben hat. 80 % der Menschen in Russland würden einem Instagram-Konto außerhalb ihres Landes folgen.
Der Reuters Institute Digital News Report hat schon 2020 untersucht, wie überhaupt Nachrichten konsumiert werden. Waren es früher Zeitungen oder lineares Fernsehen, die Menschen mit News versorgt haben, sind es heute immer mehr Soziale Medien, durch die Informationen verbreitet werden. Lt. eines Beitrages auf Onlinemarketing.de gaben 30 Prozent der Befragten in dem Report an, soziale Medien als wichtigste Nachrichtenquelle zu sehen – vor zwei Jahren wohlgemerkt.
Es mag dieser Tage für die vielen Kommentatoren der zahllosen Beiträge auf Facebook & Co. verführerisch sein, mit Häme auf die Instagram-Sperre der Influencer zu reagieren: „Stellt euch vor, es würde kein Internet mehr. Geben die Influenza würden alle Depressionen bekommen“, wie heute unter einem Facebook-Post bei „RTL Aktuell“ eine Nutzerin kommentierte und gleich noch den Influenza/Influencer-Witz unterbrachte, hi hi hi. Dass den Influencer:Innen bis zu 15 Jahren Haft droht, wenn sie „falsche“ Nachrichten verbreiten, scheint die Kommentatoren genauso wenig zu interessieren, wie die Tatsache, dass das Erstellen von (wie auch immer gearteten) Content auf Instagram ein Job ist.

Durch die Sperre der Instagram-Plattform wird es immer schwieriger, die Menschen in Russland zu erreichen, von denen nicht alle Freaks sind, wie mir ein russischer Freund noch vor einigen Tagen versicherte – über Instagram.

  • Eva Parke
    16. März 2022 at 13:33

    Ich bin gegen jede Sippenhaftung; weiss zwar nicht, wie gut Instagram bisher als Nachrichtenmedium der Verbreitung von Tatsachen diente, ein Vorteil kann die Sperre aber sicher nicht sein.

    Was Russen in Deutschjland erleben, die gegen den Ukraine-Krieg sind und mit Putin nichts auf dem Hut haben, hier eine Kostprobe: Die Postbank hat einer Auszubildenden aus Tschetschenien, die als Neunjährige nach Deutschland kam, das Konto gesperrt. In dem Brief war zu lesen, dass man Russen nun vorsorglich hinsichtlich des legalen Aufenthalts in Deutschland überprüfe, wovon möglicherweise auch ihr Konto betroffen sein könne …

    Fluchtgrund der Eltern waren die Tschetschenienkriege und deren Nachwirkungen, die ebenfalls von Putin mit vom Zaum gebrochen wurden. Die Verdächtigung und Verfolgung Verfolgter, die Deutschland als Flüchtlinge geschützt hat, eine Schande ist das …

  • Brocher Köln
    18. März 2022 at 13:05

    Die Auswirkungen auf die ukrainische Bevölkerung ist sehr schlimm. Aber auch die Russen, welche zum großen Teil gegen diesen Krieg sind, trifft dieser Krieg schwer. Zwar leiden wir nun unter einer geschwächten Wirtschaft und hohen Preisen, können uns aber noch glücklich schätzen und sollten mit aller Kraft die Ukrainer unterstützen. Hoffen wir, dass dieser Krieg ein Ende finden wird.

  • A
    23. März 2022 at 17:27

    Es trifft immer leider die Menschen die am meisten wenig tuen und gar nicht schuld daran sind was zurzeit abläuft.

    Lg Alisa