(Bild: Courtesy of Gucci)
Eine der wirklichen Moderevolutionen der Neunziger Jahre war, als der aus Texas stammende Tom Ford durch die Vermittlung von Dawn Mello zum verstaubten Societylabel Gucci kam. In den Siebziger Jahren verkam die Marke durch familiäre Querelen zum Duty-free-Label und setzte kaum noch Impulse. Doch als Tom Ford bei Gucci den Posten des Designers übernahm, begann die Revitalisierung des Brands. Es gilt seitdem, dass man durch totale Brüche auch totgesagte Labels revitalisieren kann. Nachdem es in den Achtziger Jahren das erste Mal gelang, ein Haus zu modernisieren – Karl Lagerfeld fing damals bei CHANEL an – verhalf der damals noch unbekannte Ford Gucci durch eine Mischung aus New Yorker Jetset-Stil, Studio 54-Athmosphäre und einer gehörigen Portion Sex zum Innovationslabel.
Bild: Courtesy of Gucci
Jede Saison wartete Tom Ford mit neuen Sensationen auf und die Wartelisten in den Boutiquen füllten sich in Lichtgeschwindigkeit. Neu war, dass der Designer Damen- und Herrenkollektionen mit den gleichen Themen über den Runway schickte. Parallel revolutionierte Ford die Männermode: Seine Samtanzüge im Stil der Seventies mit breiten Schleifen zu Satin und Jacquardhemden, seine bestickten Jeans und die mit Schmetterlingen bemalten Militärhemden wurden zu Bestsellern; der breite Gürtel mit übergroßer GG-Schnalle – die Liste ist endlos. Man hätte jede Schandtat begangen, um nur ein Stück aus den Kollektionen zu bekommen …
Auffallend ist, dass jedes dieser Teile auch heute noch tragbar und modern ist. Viele der Einflüsse, wie der bestickte College Blouson oder auch die Brokat Escarpin Schuhe, werden aktuell von Alessandro Michele interpretiert und zitiert und zählen zu Guccis DNA. Michele revolutioniert mehr als zwanzig Jahre später erneut das Label – mit vielen Elementen von Tom Ford, der ihn schon 2002 nach London in sein Designstudio holte.
Jetzt hat Michele für das Gucci Museum in Florenz mehrere Räume kuratiert, die genau diese Geschichte erzählen. Die Räume sind mit den legendären Accessoires aus der Zeit von Tom Ford Zeit gefüllt und sorgen für ein Déjà-vu der ästhetischen Art.
Bild: Courtesy of Gucci
Die kirschroten Figuren sind wie auf einer Bühne angeordnet und tragen die ikonenhaften Outfits von Tom Ford. Weiter geht es mit den von Halston inspirierten weißen Kleidern mit silbernen Metallelementen in den asymmetrischen Öffnungen und den bunten Pelzmänteln im 40th Style die Yves Saint Laurent zitierten, den bestickten Jeans und Schlaghosen mit Satinblusen, die Madonna auf der Bühne unsterblich machte. Als im Herbst 1996 in der Schau für das Frühjahr 1997 die Models nur in Stringtangas mit übergroßen Metall G’s zu Horsebit Loafern und Baumwollpullis über den Laufsteg gingen, stand die Fashionwelt Kopf.
Bild: Courtesy of Gucci
Noch heute liegt – originalverpackt und ungetragen – ein solches Teil in meinem Fundus, das ich einfach nur aus Begeisterung gekauft habe. Alle spürten es – es waren Momente, die Geschichte schrieben. Selbst die Kataloge wurden zu umkämpften Devotionalien, die auch Jahre später revolutionär und wie die Verkündigung einer Fashionbombe wirken. Erotik pur aber nicht nuttig – Tom Ford ist immerhin Amerikaner – das hatte es noch nie bei einem italienischen Luxuslabel gegeben.
Bild: Courtesy of Gucci
Jeder wird in der Ausstellung seine Lieblingsteile aus der Zeit wiederfinden – gleich, ob Hawaiihemden, Seidenkimonos wie aus der Opiumhöhle oder auch die mit Vasarely Mustern versehenen Dinnerjacketts. Die roten Wände unterstreichen die bombastische Wirkung der Kleidungsstücke. In den Räumen, in denen die Accessoires wie historische Relikte in Vitrinen gezeigt werden, zählen die legendären It-Bags und den Horsebit Loafern aus Echsenleder in Regenbogenfarben, die berüchtigten Handschellen, die G-Strings und natürlich die Hundehalsbänder, die Tom Ford in seine Kollektionen adaptierte, zu den Highlights. Tom Ford wurde der Superstar der Designer der ausgehenden Neunziger Jahre und des Millenniums.
Bild: Courtesy of Gucci
Das Gucci Museum ist per se ein „Must“ bei einem Florenz Besuch und ein guter Gegensatz zu Renaissance, Uffizien und Co., aber die Räume, die Tom Ford gewidmet wurden, sind ein zusätzlicher Anreiz für einen Besuch. Modegeschichte, die viele von uns live erlebt haben und die genauso geprägt hat, wie der Purismus der Neunziger mit Designern wie Helmut Lang und der Bewegung der belgischen Designer.
Bild: Courtesy of Gucci
Vielleicht befindet sich Gucci aktuell mit Alessandro Michele in einer ähnlichen Phase; vielleicht wird dann in 20 Jahren einer meiner Nachfolger hier an dieser Stelle über die Eröffnung der Räume als Hommage an Michel berichten. Ein paar Exponate würden mir heute schon einfallen …
The Gucci Museo
Adresse: Piazza della Signoria, 10, 50122 Firenze, Italy
Siegmar
20. Juni 2016 at 11:38Wunderbar, leider gab es die Ausstellung noch nicht, als ich vor 6 Wochen in Florenz waren. wäre ganz oben gestanden, auf meiner „to do list“
Stephanberlin
20. Juni 2016 at 11:47Alle Teile TOTALLY UNFORGETTABLE! Ich finde gut, daß Gucci Tom Ford damit die nötige Ehre erweist!!!
thomash
21. Juni 2016 at 14:39es läuft einem das wasser im munde zusammen…