(Gucci Herbst/Winter 2019/20; Foto: Courtesy of Gucci)
Wer in den letzten Tagen auch nur ein paar Minuten im Internet verbracht hat, wird es mitbekommen haben, so allgegenwärtig waren die Bilder – Alessandro Michele schickte bei der Präsentation der Herbst/Winter-Gucci-Kollektion einige Models mit Masken über den Laufsteg. Das macht der Designer natürlich nicht nur „einfach so“, genauso, wie er eigentlich nichts „einfach so“ macht, sondern mit philosophischem Hintergrund. Die Maske dient ihm nicht als Mittel zum Zweck, also um sich hinter ihr zu verstecken; vielmehr liefert sie die Möglichkeit, so die Idee von Michele, das zu werden, was man in dem Augenblick fühlt bzw. sein möchte. Die Maske soll es also ermöglichen, sich selbst darzustellen – und genau die Rolle zu spielen, die der Träger in dem Augenblick für die beste hält. Das ist konsequent gedacht, denn der Rest der Kleidung dient im Grunde genommen auch für nichts anderes – der Unterstreichung der Persönlichkeit, die man gerade sein möchte. Heute der seriöse Gentlemen im Anzug, morgen der verspielte Träumer und übermorgen vielleicht der sexy Aufreißer.
Klar ist, dass bei einer solchen Inszenierung jede Menge Theatralik dazugehört und so bedient sich Michele bei den Masken an der kompletten Range, die die Popkultur zu bieten hat: Erinnerungen an Freitag, der 13., Mad Max, venezianischem Karneval und dem letzten Besuch im SM-Club werden wach.
Sieht man von den Masken ab, bleibt eine erstaunlich ruhige Kollektion übrig – auffallend sind die Zitate an die 1940er-Jahre, inklusive scharf-geschnittenen Schulterpartien und einer radikalen Betonung der Taille sowie einiger offener Nähten, die fast so wirken, als ob der Käufer Micheles Entwürfe vollenden soll – das würde dann in die Maskenphilosophie greifen: Sei, was Du scheinen willst.
Auch diese Kollektion setzt die seit 2015 kontinuierlich aufgebaute Linie Alessandro Micheles für Gucci fort und denkt die Ideen des Designers peu à peu einen Schritt weiter. Er hat einen eigenen Stil kreiert, der sich – die Kritiker werfen es ihm immer noch vor – nur in Nuancen verändert. Der aufmerksame Betrachter sieht aber, dass trotz einer gehörigen Portion Drama der Einfluss und der wirtschaftliche Erfolg enorm sind: Im vierten Quartal 2018 steigerte die Marke ihren Umsatz trotz aller Unkenrufe um mehr als 28 %. Hinter einer Maske verstecken muss sich Alessandro Michele mit absoluter Sicherheit nicht …
vk
25. Februar 2019 at 15:11er hat ne tolle sensibilitaet und intenstaet. der ganze kram funktioniert noch wunderbar. ist vielleicht nicht mehr so schreiend lustig wie am anfang, aber man bekommt doch alle auch veraenderten nuancen mit. sein gucci betrachte ich quasi mit gesteigerter wahrnehmungskraft, mt potenzierter sensitivitaet. das ist immer noch das rabbit hole von alice in wonderland und ich bin immer noch komplett drin, freue mich ueber jeden neuen schimmer, ueber jedesmal, wenn das licht vielleicht ein bisschen anders faellt, und mir neuen halizuoesen quatsch erzaehlt. mal lauter, gerne auch leiser. ich bin drin. ich bin fan.
vk
25. Februar 2019 at 15:33es ist halt super sophisticated. jedes einzelne bild hat so viele unterschiedliche versatzstuecke und kontrapunkte, ist so eigenwillig und vital komponiert, dass man den spass des gestalters spuert und seine unerschopflichen referenzwelten, aus denen er sich zu seiner und unserer erheiterung und erbauung bedient.
ich hab das bloede gefuehl, das wird nicht alt. das kann er bis in die unendlichkeit weiter reiten. kunst ist so. ob es als fashion brand ad infinitum funktioniert, wird man sehen. auch diese spannung macht es so spannend.