Wir gedenken heute offiziell der Toten und Verletzten von Savar – genau vor einem Jahr. Aber auch an jedem einzelnen Tag im darauf folgenden Jahr, sollten wir immer mit dem Herzen und Hirn dabei sein, wenn wir Produkte und Dienstleistungen konsumieren. Von den Wohlstandsbürgern der westlichen Hemisphäre ist das wahrlich nicht zu viel verlangt.
Zusammen mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, hat der Fotograf Tom Grammersdorf die vier Motive geschaffen, deren schockierender Anblick uns beim Erinnern an das unfassbar Schreckliche helfen kann und soll. Die IGFM schaltet die Bilder verletzter Textilarbeiter nun als Anzeigen, um auf die Missstände in der Niedriglohn-Textilindustrie aufmerksam zu machen.
Der Claim: „Get A Closer Look“ weist in zweifacher Hinsicht darauf hin, dass wir geradezu die Pflicht haben, Hinzuschauen und nicht Wegzusehen. Bei genauem Hinsehen auf die Motive erkennt man, dass hier schwer verwundete Menschen abgebildet sind, deren Wunden aus textilen Strukturen und Materialien nachgebildet wurden. Weil das gar nicht so einfach ist, das Grauen realistisch nach zu stellen, hatte der Fotograf mit der Pathologie der Universität München zusammengearbeitet.
Der Anblick fährt uns hoffentlich tief in die Knochen …. Die Anzeigen werden im Umfeld von Einkaufszentren und Fußgängerzonen in deutschen Städten zu sehen sein. Mit dem Zweck, Passanten und Konsumentscheider auf die schlechten Arbeitsbedingungen und mangelhaften Sicherheitsstandards in chinesischen Zwangsarbeitslagern und in vielen niedriglohn Textilbetrieben weltweit aufmerksam machen. Da ist Bangladesch leider auch noch mitten im Fokus. Die Ausbeutung von Arbeitssklaven kostet allein in der Volksrepublik China nach Schätzungen jährlich tausende Opfer.
Eine tolle Idee und Umsetzung des Fotografen Tom Grammersdorf, der mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte überdies noch den passenden Partner akquiriert hat.
Das Team arbeitete unentgeltlich. Art Director war Enrico Hoppe, der Text stammt von Kolja Danquah. Das gekonnte 3D-Scanning ist von Behr Bros. Wir wünschen viel Glück für die Cannes Lions!
Philipp
24. April 2014 at 13:44Wirklich eine tolle Umsetzung, die hoffentlich viele Leute aufrüttelt und zum nachdenken über den Konsum anregt!
Daisydora
24. April 2014 at 15:47@Philipp
Ich war zuerst ehrlich gesagt irritiert, weil das ja kunstvoll nachgestellt wurde … aber die Fotos sind ja Teil einer sehr ernst zu nehmenden Aktion, also heiligt dieser Zweck diese Mittel und wir hoffen mit Dir … aber das ist ein langer Prozess!
Siegmar
24. April 2014 at 16:34ein guter Anfang, die Umsetzung gelungen muss aber in den Köpfen passieren.
Philipp
24. April 2014 at 16:52@Daisydora + Siegmar
Vielleicht ist es gerade diese schockierend realistische, künstliche Darstellung, die Gedanken im Kopf auslöst. Ein Großteil der Bevölkerung könnte damit angesprochen werden, aber der Großteil der Jugendlichen, wird sich leider wohl nicht darum scheren…
Trotzdem finde ich es toll ,dass du diesen Artikel verfasst hast, und hier stößt er ja auch auf Resonanz!
Siegmar
24. April 2014 at 17:46@Philipp
habe gerade deinen tollen Beitrag zu Loro Piana gelesen. Ich denke das Thema “ Nachhaltigkeit und Wertigkeit “ wieder wichtig ist und wir uns Gedanken machen müssen, ob ich das wirklich brauche oder bereit bin auch mal zu verzichten.
Horst
24. April 2014 at 17:59Gute + beeindruckende Kampagne & Beitrag!
Philipp
24. April 2014 at 18:00@Siegmar
Dankeschön, ich hab mir Mühe gegeben.
Ich vertrete den Standpunkt, dass man lieber wenige Stücke besitzt, die dann aber auch hochwertig in der Qualität sind und gut zu kombinieren sind! Zum meinem Geburtstag habe ich kürzlich eine tolle Tasche für die Uni geschenkt bekommen: http://www.lederware.com/product/t34-kuriertasche-l
Wenn man sich auf der Seite umsieht, stellt man auch schnell fest, dass der gute Hr. Hack mit Herzblut bei der Sache ist, was auch das kleine, aber feine Video beweist. Besonders sehenswert finde ich auch die Jacken und Hosen aus Hirschleder. Zwar ist das nicht jedermanns Sache, aber wem es gefällt, der kann beruhigt einen „Lebenspartner“ erwerben und weiss, dass keine Rinder aus Indien, die blutend übereinander liegen, in diesem Fall Hirsche, die in Indien nicht leben, verarbeitet wurden!
Und wenn man den Stücken mindestens einen Ruhetag gibt und sie pflegt, wie es bei guten Schuhen üblich ist, relativiert sich der Anschaffungspreis schnell!
Daher verzichte ich gerne auf „unnötigen“ und „schädlichen“ Konsum! 🙂
FAIRY TALE magazine
24. April 2014 at 23:02zu diesem thema gibt es in unserem aktuellen heft einen interessanten beitrag der documenta-künstlerin ines doujak:
INES DOUJAK: THE WAR AGAINST THE POOR
ines doujak hat das thema auch in einer kollektion aufgegriffen und es gibt zum beispiel „flammenhemden“ und andere kleidungsstücke, die auf die sich mit diesem thema befassen.
auf ihrer internetseite sind hierzu interessante beiträge:
http://www.inesdoujak.net
http://www.inesdoujak.net/haute-couture-01-06/
wer sich also für dieses thema wirklich interessiert, sollte sich die seite anschauen.
Daisydora
25. April 2014 at 11:22@Philipp
Vielen Dank, sehr aufmerksam! 🙂
Ich glaube auch nicht daran, dass die Modewelt Jugendlicher und junger Erwachsener in ihren Grundfesten erschüttert wird, durch derlei aufklärung. Aber gar nichts zu tun ist ja auch keine Lösung und irgendwann wird alles zusammen (vor allem auch der gute Wille der Textilbranche, der unter dem Druck von wenigen Verbnrauchern entsteht, aber auch Gesetze und Verordnunegn gegen Ausbeutung) die Situation der Arbeiter in dieser Branche ändern. Es gibt ja auch wahnsinnig viele Demonstrationen in den Produktionsländern, von denen wir nur erfahren, wenn wir bei CNN reingucken …
Hier, da muss man immer wieder ein großes Danke sagen und sich darüber freuen, wird auch noch der sperrigste Text beachtet, gelesen und auch kommentiert.
@Horst
Merci! … manchmal findet auch ein blindes Huhn ein Korn … da bin ich durch Zufall in W&V darauf gestoßen …
@Fairy Tale Magazine
Vielen Dank für den Hinweis und die Links. Ich werde mir ads gleich angucken …