Um sie zu Weihnachten zu verschenken oder sich selbst etwas Gutes zu tun, ist es noch etwas zu früh: Die Sommerkollektion von Louis Vuitton kommt erst im nächsten Jahr in die Stores. Es lohnt sich aber schon jetzt, etwas genauer hinzuschauen, denn Nicolas Ghesquière hat für den nächsten Sommer eine eigene und besondere Vision für das Haus Louis Vuitton entwickelt. Die Schau, die Ghesquière im Oktober während der Prêt-à-porter-Woche zeigte, verfestigte das Bild, dass der Designer nicht nur endgültig bei Louis Vuitton angekommen ist und sich etabliert hat. Es wird auch deutlich, dass er seinen eigenen Stil perfekt auf die Heritage des Hauses und auf ein modernes Frauenbild projiziert.
Da das Haus Louis Vuitton, das für seine Accessoires und sein Reisegepäck berühmt ist, bei der Damenkollektion frei agiert, kann Nicolas Ghesquière seine Handschrift, die auf Elemente der Siebziger, der freien Rive Gauche-Frau und dem Mix & Match von außergewöhnlichen Materialien beruht, ausgiebig frönen. Besonders augenfällig war beim traditionellen Termin im Showroom, dass sich Ghesquière immer stärker mit den Metiers des Hauses und den aufwendigsten Handwerkstechniken beschäftigt und so sein Prêt-à-porter sehr nah an eine liebevoll ausgearbeitete Couture-Kollektion heranreicht.
Die Materialien sind zwischen Tradition und Hightech angesiedelt und werden nicht nur ungewöhnlich kombiniert, sondern auch aufwendig veredelt. So zeigen seine Röcke aus Crêpe und Nappaleder aufwendige Flechtstickereien und mit Kristall besetzte Fransen. Overalls und Kleider sind in extra designten Seidendrucken mit metallenen Plissees versehen, die wie „aufplatzende Reißverschlüsse“ drapiert sind. Aufwendigste Handwerkstechniken, die Purismus und zeitgemäße Designs mit Opulenz verbinden, wie „Kaleidoskop“-Effekte, machen sie jedes einzelne Teil zu einem Ereignis der Kollektion. Das „Keine Schwarze“ wird zum „Kleinen Silbernen“, das an Paco Rabannes revolutionäre Kreationen der Endsechziger erinnert.
Nicolas Ghesquière schafft es wie kaum ein anderer Designer, moderne Effekte, die spielerisch und zunächst avantgardistisch wirken, tragbar und zeitlos umzusetzen. Seine Entwürfe scheinen keiner Saison anzugehören und sind auch noch nach Jahren nicht gedated. Wer „Louis Vuitton by Nicolas Ghesquière“ trägt, kann jede Saison ergänzen und seine Sachen über Jahre kombinieren.
Die Elemente des Hauses werden, natürlich mit einem Augenzwinkern, auf Jacken und Mäntel umgesetzt. So wurde zum Beispiel das gestreifte Futter der großen Schrankkoffer des 19. Jahrhunderts für Trenchcoats und Bikerjacken mit dem Monogramm-Canvas gepatcht. Hinzu kam eine Kombination aus goldenen Knöpfen mit silbernen Reißverschlüssen, Nappaleder und Gürtel im Vintage-Stil. Der scheinbar spielerische Umgang mit den Codes des Hauses wird bravourös und mit viel Respekt perfekt umgesetzt und lässt eine völlig neue Optik entstehen.
Das Damier-Muster mixt Nicolas Ghesquière mit den historischen Bändern, die früher zur Personalisierung des Überseegepäcks benutzt wurden und verwandelt so eine Motorradjacke zum modernen Synonym des Recyclings der Tradition – Nachhaltigkeit à la Louis Vuitton!
Hauptaugenmerk liegt natürlich aber auch im nächsten Sommer auf den Taschen und Accessoires. Louis Vuitton setzt neben den Klassikern auf effektvolle Taschen, die in ihrer Form in der Heritage des Hauses ihren Ursprung hatten. Dabei sind die Alma, die wie ein Kunstwerk wirkt und mit großen konvexen „Spiegeln“ besetzt ist, oder farbige Kettenmotive zeigen, die mit den Elementen des Monogramms in schönster Manier der Seventies spielen, definitiv Highlights.
Überschlagtaschen mit silbernen Ketten aus Epileder sind mit Schuppen-Applikationen, die an Krokostrukturen erinnern in herzlichen Maccaron-Farben kunstvoll besetzt. Die Farben, wie Dégradé, zeigen sich sehr fragil und spielen die Palette einer Farbgruppe und wirken wie vergrößerte Details der Gemälde des Pointillismus‘.
Andere Taschen wirken grafisch und werden durch Applikationen, die an Korsettschnüre erinnern, gebrochen. Es sind immer Elemente der Weiblichkeit, mit denen Ghesquière auf klassischen Teilen spielt und sie so zu avantgardistischen Hinguckern verwandelt – raffiniert und mit moderner Attitüde. So sind die großen LV-Applikationen in glänzendem Silber oder in farbigem Leder technisch, modern und erinnern nur noch entfernt an die traditionellen LV-Buchstaben.
Pastellig und „Miami Vice“-farbene rigide Vanity-Taschen stellen einen Höhepunkt der Kollektion da und sind sicherlich begehrte Collectors-Items.
Auch die traditionellen Canvas-Stoffe wie das Monogramm werden zum nächsten Sommer mit neuem Gesicht versehen und erscheinen in Schwarz-weiß oder Grau mit Schwarz, werden aufgebrochen durch Einfassungen und Applikationen aus Cognacleder. Materialmix und die Verfremdung stehen auch hier groß im Kurs.
Überhaupt lässt sich beim Prêt-à-porter ein Leitfaden erkennen, der im Grunde genommen auf der Hand liegt: Es gilt, aus der Tradition Neues zu schaffen, ohne die Kultur und Werte aufzugeben. Ein Thema, das aktueller ist denn je und das Nicolas Ghesquière schon lange beherrscht.
Eigenwillig, abseits vom Mainstream und mit einem Auge auf Contemporary Art geworfen – genau diese Philosophie entspricht dem Haus, das sich so gern in der Kunstförderung engagiert. Denn es ist eine Kunst zu reisen – das sah schon Gründer Louis Vuitton so, als er die ersten Koffer ersann …
Siegmar
7. Dezember 2015 at 12:30gefällt mir sehr und wirklich gekonnt sind die Jacken.
HappyFace313
7. Dezember 2015 at 22:45🙂 Sieht äußerst interessant auf.
Bin auf die Originale gespannt.
Liebe Grüße 🙂