Man, das hat aber lange genug gedauert: endlich mal wieder etwas mehr Sonne, blauer Himmel und Vogelgezwitscher. Kurzum, der Frühling ist auf dem Weg und bringt Farbe ins spätwinterlicher Grau. Bis es auch in Hamburg soweit ist, zieht es mich aktuell immer wieder in den Süden. Die letzten Tage war ich in der Schweiz unterwegs, in Süddeutschland und Frankreich wurde auch Halt gemacht. Überall explodieren die Farben und ich mache wie verrückt Fotos von blühenden Knospen und Blumen – werde ich langsam naturnostalgisch? Vermutlich! Als Nächstes würde ich gerne nach München reisen, denn aus dem Englischen Garten sehe ich bei Instagram aktuell Blumen-Blüh-Fotos noch und nöcher. Mindestens genauso sehr lockt mich jedoch eine Ausstellung der besonderen Art in die Bayrische Hauptstadt: bei Lodenfrey wird diesen Monat Pucci unter die Lupe genommen.
Das italienische Traditionshaus präsentiert seit 70 Jahren farbenfrohe Musterfantasien und gilt spätestens seit den 1960er-Jahren für viele Modefans als stoffgewordenen Inbegriff von Dolce Vita. Ich für meinen Teil kenne Pucci von Kindesbeinen an, beim Schaufensterbummel im Italienurlaub sind mir die bunten Kleider meist als Erstes aufgefallen. Letztes Jahr hatte ich in Florenz eine Ausstellung über die langjährige Geschichte des Hauses verpasst und mich darüber noch Tage später geärgert – in Florenz war ich nämlich sehr wohl unterwegs, nur habe ich vorab ein gezieltes Pläneschmieden für die richtigen Ausstellungen komplett verballert und dabei „Bonaveri, a fan of Pucci“ schlichtweg vergessen. Im familieneigenen Palazzo wurde das Format mit dem ungewöhnlichen Titel von Laudomia Pucci, Tochter des Unternehmensgründers, präsentiert.
Ziemlich pfiffig à la Kooperationspotential, wie ich finde: Entwürfe der letzten 70 Jahre wurden nicht einfach irgendwie ausgestellt, sondern in Zusammenarbeit mit Bonaveri (der Name im Titel der Ausstellung verrät es schon) in Szene gesetzt. Das italienische Unternehmen hat sich auf die Fertigung von hochexklusiven Schaufensterfiguren spezialisiert und fungiert seit ähnlich langer Zeit auf dem Modemarkt. Die Puppen in Pucci – samtbezogen und farblich differenziert kuratiert – sehen auf verschiedenen, im Netz gefundenen Bildern ziemlich gelungen aus. So, um den Bogen zu schließen und mein Geplapper in Grenzen zu halten, gibt es jetzt die Auflösung: Eben diese Ausstellung ist nun nach München gewandert und kann bis zum 25. April bei Lodenfrey bestaunt werden. Besonderes Augenmerk liegt laut vogue.de, die bereits vor ein paar Tagen eine empfehlenswerte Vorabankündigung verfasst haben (den Artikel gibt’s hier zum Nachlesen), auf einer riesige Figur im Lichthof des alteingesessenen Ladenlokals: von Kopf bis Fuß in Pucci-typischem Print versehen.
Auf dafür, ich freue mich über Eindrücke/ Erfahrungsberichte von unseren Münchner Lesern und schaue mal flux in den Kalender, ob ich es in den nächsten Wochen noch nach Bayern schaffen werde. Es wäre schließlich mehr als ärgerlich, wenn auch der 2. Versuch eines Besuchs scheitern würde.
fred
6. April 2019 at 09:23Du schreibst sehr schön und es macht immer Lust, einmal die Dinge zu sehen, die Du beschreibst. Leider merke ich immer, dass Du oft nur über Bilder aus dem Internet schreibst. Es wäre schön, mal was zu lesen, das Du wirklich erlebt hast. So dass man die Faszination spüren kann und wirklich Lust bekommt.
Julian
13. April 2019 at 22:23Hey lieber Fred,
vielen Dank für dein Feedback!
Ich freue mich sehr über die Worte und klar, Teil 2 der Botschaft macht einen beim Lesen natürlich nachdenklich bzw. möchte ich hierzu natürlich kurz Stellung nehmen:
Es ist ja so, dass wir hier auf Horstson ein stark modeaffines Publikum ansprechen und das Thema prinzipiell den Kern des Blogs ausmacht. Fokus liegt in unseren Texten dementsprechend auf „fashion“ und allem, was dazu gehört. Luxus und Musik decken ja Peter, Sascha, Ole sowie Jan wunderbar ab. Ich bin mal mehr, mal weniger unregelmäßig mit Kunst, Reise und Lifestyle dabei und versuche am Ball zu bleiben.
Beim ersten Teilbereich, sprich der Kunst, suche ich dabei primär modenahe Formate raus, die unsere Leserschaft ansprechen – privat bin ich da durchaus breiter gefächert und bei 80% der, von mir besuchten, Ausstellungen/ Formate (da kommen schon ziemlich viele zusammen) habe ich das Gefühl „oh, das ist wohl eher nix für Horstson, da würde bestimmt gegähnt“. Wenn das jedoch eine Fehleinschätzung meinerseits sein sollte, bin ich der erste der „hier, hier“ ruft und für euch vermehrt über meine persönlichen Live-Besuche berichtet…
Dann wäre da natürlich noch etwas, das auch eine Rolle spielt und für Außenstehende ggf. nicht sofort ersichtlich ist. Denn über die Jahre haben wir uns – allen voran Sascha, der hier ja schon richtig krass lange am Ball ist und so enorm umfangreich bzw. viel berichtet – ein breites Netzwerk an Marken, Agenturen und Institutionen aufbauen können. Eben diese katapultieren uns tagtäglich zigfache Pressemitteilungen ins Mailfach, da ist es selten still. Für uns gilt es dann die Spreu vom Weizen zu trennen, für Vorschläge bin ich dabei immer offen. Dann wird darüber berichtet, was uns persönlich zusagt und ja klar, das sind überdurchschnittlich viele Bilder aus dem Internet aka digitale Pressemitteilungen, die dabei mit einfließen.
In den seltensten Fällen, und das wird auch den Lesern aufgefallen sein, wird von beschriebenen Projekten der jeweiligen Marken persönlich eingeladen. Die Zeiten der klassischen Pressereise sind – um es mal ganz drastisch zu formulieren – ziemlich tot. Diese Entwicklung habe selbst ich, wo ich „erst“ seit 2014 hier schreibe, sehr deutlich mitverfolgen können. Spätestens seit dem kometenhaften Aufstieg von Social Media (ganz klar Instagram) wurde seitens Modemarken bei Zusammenarbeiten der Fokus verschoben, die Priorität auf Followerzahlen und ansprechend-schnelle visuelle Ansprachen gelenkt.
Den Punkt, den du angesprochen hast, nehme ich mir deshalb zu Herzen, weil ich ihn rundum verstehen kann: Wie sehr juckt es mich als Schreiber in den Fingern, dass ich das alles mit eigenen Augen sehe. Schön altmodisch überall hin reisen und vor Ort berichten, das wäre klasse. Zwischendurch klappt das auch, meist jedoch erst im Nachgang und dann ist es ja für das Luststeigern bei der Leserschaft schon viel zu spät. Denn sein wir mal ehrlich: ein Format, dass schon seit Wochen läuft und überall im Netz auf sämtlichen Plattformen runtergenudelt worden ist, hat an Frische verloren und gilt allgemein als weniger berichtenswert. Es herrscht also auch eine gewisse Form der Relevanz bzw. des Drucks a la „schnell drüber berichten“ vor, damit ihr/wir davon Bescheid wissen und ggf. der ein oder andere vor Ort davon profitieren kann. Wir wollen natürlich gewährleisten, dass wir weiterhin relevant sind und als Blog nicht bloß tiefenvermeidende ootd zum Besten geben. ; )
Ich hoffe, dass ich dir mit diesen losen Gedanken eine Antwort geben konnte – vermutlich eher lose Ansätze eben dieser!
Erst einmal wünsche ich dir ein wunderbares Wochenende und allen anderen natürlich auch. Beste Grüße aus London
PS: wo wir schon beim Thema sind. Falls ihr hier sein solltet oder ggf. einen Ausflug plant: Auf in die Serpentine zu „Emma Kunz: Visionary Drawings“, ist kostenlos und so etwas von toll. Wow, ich saß da wirklich stundenlang rum und habe einfach nur die Arbeiten angestarrt. Der erste Raum war so semi-kitzelnd, im großen Raum dann aber bam bam und ich bin bis jetzt von den Werken angetan. Die Schweizerin war zu Lebzeiten wohl nicht nur Künstlerin, sondern vielmehr Heilerin und Profi im Auspendeln. Das merkt man den mandala-artigen Zeichnungen auch durchaus an. Hynotisierend wäre wohl die richtige Beschreibung . ; )
Zu Dior im V&A kann ich leider nichts sagen, restlos ausverkauft und der Ticketverkäufer blieb hartnäckig. Wer hingegen in der Schweiz sein sollte und „Picassos blaue und Rosa Phase“ in der Beyeler noch nicht gesehen haben sollte, ebenfalls hin da. Die Kritiken stimmen, lohnt sich wirklich sehr.
Diskussionsthema No 1, „Muslim Fashion“, kann ich auch empfehlen. Da wird ja gerade sehr viel drüber geschrieben und gestritten. Ich hatte damals das Glück, dass ich das Format während meines Arbeitsaufenthaltes bei den FAMSF in San Francisco mit begleiten durfte. Hier kann ich (also wirklich wirklich nah erlebt) bezeugen, eine Auseinandersetzung mit dem Thema lohnt sich – es ist ja gerade gut, dass hierfür Diskussionen angeregt werden.
Ich merke gerade, dass dieser Kommentar gefühlt Hunderte Zeichen lang ist und verschone euch mit mehr Sinnieren meinerseits. Jetzt aber, schönen Abend euch und danke noch mal für den Anstoß, Fred!!! ; ))
fred
14. April 2019 at 09:51@JULIAN
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Also, ich persönlich würde mir sehr gerne Deine Eindrücke zu wirklich erlebten Ausstellungsbesuchen durchlesen. Was Du zum Schluss Deiner Antwort schreibst, mit Ausstellungen, die Du gesehen hast, oder in die Du nicht reingekommen bist, ist allemal spannender und aufschlussreicher, als Beschreibungen mit Bildern aus dem Netz. Tatsächlich bin ich Dienstag in Basel. Und tatsächlich auf einer Ausstellungseröffnung und vielleicht schaue ich mir dann noch Picasso an.