Deutschland im ESC-Rausch (Symbolbild); Bild: Horstson
Deutsche würden das vermutlich niemals beim Namen nennen. Man hat gelernt, auch dort auf jede noch so absurde Zuschreibung von R……s zu achten, wo dieser ganz offen von anderer Seite ausgeübt wird.
Die schlechte Platzierung Deutschlands könnte auch etwas damit zu tun haben, dass man die Bundesrepublik nicht leiden kann, da sie auf vielen Gebieten erfolgreich ist (Nachbarn und Nichtnachbarn gerne gute Ratschläge erteilt).
Ich darf das, bin Migrantin. Finde den ESC schon seit immer musikalisch und stilistisch irgendwie cringe und unterirdisch; allerhöchstens dazu gut, einen lustigen feuchtfröhlichen Abend mit Freunden zu haben, sich nicht darum zu scheren, was Musik- und ESC-Kenner orakeln. Denn Deutschland kann allerhöchstens irrtümlich gewinnen, so wie 2009.
Wenn ich etwas mit zu entscheiden hätte, sollte Deutschland seine Teilnahme einige Jahre aussetzen, um diesen Bauchladen des schlechten Geschmacks und Mangels an Talent finanziell aushungern zu lassen. Guckt mal, wie gut es sich ohne das Geld, das Deutschland dazu beiträgt, dieses Volksfest der Beautyful Lies eines geeinten Europas, in dem sich alle Nationen liebhaben und mit Respekt begegnen, mit durchzufüttern, noch feiern lässt.
Ich liebe echte Volksmusik von rund um den Erdball. Aber dieser seltsame und stellenweise unerträgliche „Ostblockkitsch“, hat mit guter Musik oder Folklore nichts zu tun. Da höre ich viel lieber freiwillig vier Stunden am Stück Blechmusik einer Gruppe von Roma-Musikern.
Bis zum Jahr 2000 waren die Gewinner des ESC mal von da und dann wieder von dort. Jedenfalls war es ziemlich ausgewogen. Danach kam es zu einer Dominanz der Ostblockstaaten. Die Ukraine hat seit 2000 drei Mal gewonnen.
Wenn man sich das Ranking dieses Jahres anschaut, fällt auf, dass Frankreich auf Platz 24 gelangte und Israel erst gar nicht ins Finale kam. Dazu passt haargenau die Feststellung, dass People Of Color nur für Belgien und Deutschland ins Rennen gingen. Für mich sehr aussagekräftig, da feststeht, dass Unterhaltungsmusik immer sehr schwarz war. Im ESC ist sie weiß, wird von Jahr zu Jahr weißer.
Wessen Beitrag bei diesem ESC außer dem Deutschlands OK war, kann ich nicht beurteilen, da ich mir den Wettbewerb nicht zumuten konnte, obwohl ich wegen der Liebe zu Italien und der Moderation, für die ich gewisse Sympathien hegte, vorhatte, durch zu halten.
Es ging nicht, da bereits die zehn Minuten, die ich in den Prolog mit Michelle, Schöneberger & Co. hineingeschaut hatte, die Höchststrafe waren. Da wir hier immer noch auf einem Modeblog sind, muss ich fragen, ob StylistInnen oder die Schöneberger selbst den Look ausgesucht hatten? Schlimmer Look!
Lasst Schöneberger von mir aus weiterhin irgendwelche Sendungen moderieren, die sowieso für das Ü70-Publikum gedacht sind. Und vergebt den Auftrag für die Moderation bitte nächstens an einen der guten TV-Männer, die Satire beherrschen und nicht gleich Coram Publico platzen vor lauter gespielter Begeisterung.
Das allgemeine Presseecho ließ mich staunen: Als ginge es an dieser Stelle darum, dafür zu streiten, Johann Sebastian Bach oder Ludwig van Beethoven zu rehabilitieren, geraten JournalistInnen ins Fantasieren, ereifern sich dafür, man müsse nur anders als der NDR an die nationale Aufgabe herangehen.
Ich stelle immer wieder fest, dass selbst dann, wenn Deutschland irrtümlich gewinnt, der ganze Bewerb mit richtig guten SängerInnen bzw. MusikerInnen ungefähr so viel gemeinsam hat, wie Ballett mit Schwangerschaftsgymnastik.
Ein James Hetfield, der unvergessene Chester Bennington, Adele, Beyonce, Justin Timberlake, Amy Winehouse oder ähnliche echte Musikgrößen werden dort auch in den nächsten 30 Jahren nie entdeckt werden … Celine Dion und Abba, lang lang ist es her.
Klar hat die Ablehnung Deutschlands auch mit dem Zeigefinger zu tun, den Deutschland etwas sparsamer einsetzen könnte, aber am Ende tut es einfach gut, Deutschland auf irgendeinem Gebiet deklassieren zu können.
Nichts gegen Malik Harris, der seine Sache ehrlich und gut gemacht hätte, wäre der ESC ein Wettbewerb, bei dem es schlichtweg nur um die Musik ginge, aber verwendet das gute Geld, das für die Teilnahme am ESC zum Fenster rausgeschmissen wird, dafür, Talente zu fördern, die später als MusikerInnen zu Weltgeltung kommen könnten.
Im Land der Dichter und Denker, das so viele hervorragende MusikerInnen hervorgebracht hat („Schlagerfuzzis“ inklusive Helene Fischer ausdrücklich ausgenommen), aus dem die besten BühnenschauspielerInnnen und Theater-Regisseure der Welt stammen, muss man sich ganz sicher überall der Förderung des Nachwuchs annehmen und an vielen Stellen endlich mehr Geld für Kultur ausgeben, aber man sollte so selbstbewusst sein, den ESC auszulachen.
Wenn überhaupt würde ich mithilfe einer Gruppe echter BäuerInnen in ihren Trachten, ein Lied, dessen Text sich in einigen der Herkunftssprachen der ewig erfolgreichen Teilnehmer über Folklorekitsch lustig macht, den ESC auslachen.
Ob das dann a la Stefan Raab erfolgen sollte oder der Chorleiter des Bad Tölzer BäuerInnen-Chors dafür verantwortlich zeichnet, ist schon wieder Geschmackssache.
Am besten hat mir der Look der Teilnehmerin Monica Liu aus Litauen mit ihrer Mireille-Mathieu-Gedächtnisfrisur und dem tollen Silberkleid gefallen und wie schon erwähnt, waren auch die Moderatorin Laura Pausini, und die Moderatoren Mika und Alessandro Catelan nett anzusehen und ausnahmsweise mal weder bis zur Unkenntlichkeit mittels Plastic Surgery verunstaltet noch sonst peinlich.
Vergesst den ESC einfach, ist ja nicht Fußball!!
Monika Liu – Sentimentai – LIVE – Lithuania – Grand Final – Eurovision 2022
Interval: Mika Medley (Love Today / Grace Kelly / Yo-Yo / Happy Ending) – Eurovision 2022 – Turin
Laura Pausini & Mika – Fragile / People Have The Power – Second Semi-Final Interval – Eurovision ’22
Den Gewinnern Congrats!
Ich wünsche euch Frieden und, dass ihr im nächsten Jahr noch am Leben seid!
Gastautorin: Eva Parke