(COS Regent Street London; Bild: PR)
Ja (oder Nein) zur Jeans – Das Treffen von Entscheidungen ist eigentlich kein großes Thema für mich, meist bin ich dabei schnell und effizient zu Gange: Eis oder kein Eis? Lieber länger im Urlaub bleiben oder doch zeitig abreisen? Sport versus doch keinen Sport treiben? Für gewöhnlich habe ich mich in Lichtgeschwindigkeit entschieden und kann ohne tiefere Sorgen die Fragen des Alltags bestreiten und ebenso flux beantworten! So war das, bislang… Modetechnisch kommt mir aktuell jedoch immer häufiger ein „aber“ dazwischen, es droht beim schnellen Abwägen einiges durcheinander zu bringen. Zuletzt passiert beim Hosenkauf: Für gewöhnlich greife ich nämlich automatisch zu Chino und Stoffhose, sind bequem, gut kombinierbar und sehen gut aus. In meinem Kleiderschrank gibt’s davon jede Menge, wohingegen Jeans Mangelware sind. Das hat einen ganz bestimmten Grund und der muss – zur Vereinfachung des neuesten Ja-Nein-Dilemmas – kurz skizziert werden:
Früher habe ich immerzu Jeans getragen, zahlreiche Waschungen und Blautonabstufungen nannte ich mein Eigen. Erspartes Zeitungsaustragegeld wurde am Monatsende investiert und in stoffgewordene Extravaganzen eingetauscht, da muss ich ungefähr 14 Jahre alt gewesen sein. Damals schlug mein Herz für G-Star und Levi`s, im Nu hatte ich jedoch auch andere Marken im Visier. Irgendwann später kamen die Röhrenjeans dazu, schließlich schwappen Trends à la Slimane irgendwann auch bis ins letzte Provinzdorf über. Ein „zu eng“ gab`s für mich nicht, auch wenn ich im Umkehrschluss ordentlich Blicke erntete. Diskokugelgleich tingelte ich jeden Morgen zum Bus: Dunkel- und hellblaue, graue oder schwarze Variante. Der Schrecken kam in Schüben, in juckender oder färbender Form. Kaum die Schulbank gedrückt, schon kratzte das Knie – Material zu rau. Spätestens als ich wieder daheim war, musste ich mich aus den legginsgleichen Modefesseln befreien und konnte erstmal dusche gehen – komplett blau- oder schwarzgefärbten Knien sei Dank. Man, war das nervenaufreibend als junges Ding.
Obwohl ich die neu erstandenen Jeansmodelle vorab immer auf Vollspeed gewaschen hatte, hatte ich trotzdem überall Flecken. Selbst an den Händen hatte ich immerzu das Gefühl, dass ich Farbe mit mir herumtrage. Das kam ekelgefühlsmäßig ganz nah an Rolltreppen-Patschen dran. Vom einen auf den anderen Tag verabschiedete ich mich vom ekstaseähnlichen Denim-Einkauf und schwor dem Jeansstoff ab. Eine einzige blieb im Schrank übrig, die ich bis immer mal wieder ausführe: das zeitlose Slim-Fit-Modell von COS. Im Vergleich zu den verbannten Modeinvestitionen war sie geradezu günstig in der Anschaffung, färbte kaum ab und hält bis heute, ganz ohne zu reißen. Sie wohnt bei mir, hat jeden Umzug mitgemacht und in den letzten Jahren höchstens ein bis zwei Jeans-Freunde von einem alteingesessenen Hambuger Label dazubekommen – ich habe dabei tunlichst darauf geachtet, dass sie definitiv nicht färben. Ich habe ein kleines Abfärbtrauma, das merkt ihr schon.
An dieser Stelle werde ich lieber keine verstörenden Anekdoten anbringen, wie ich z.B. bei meiner Tante auf der beigen Couch saß und sie danach nicht mehr – wie zuvor vom Onkel angepriesen – brandneu, sondern vielmehr brandblau aussah. Jeans waren, bis auf die genannten Ausnahmen, fortan ein Tabu in meinem Kleiderschrank. Nie wieder, das hatte ich mir damals geschworen. Soviel zur Hintergrundinformation. Aber wie heißt es so schön, der Mensch lernt nicht (aus): Ich stehe nämlich vor der allesentscheidenden Frage, ob ich fortan wieder mehr auf Denim setze. Schuld daran ist meine Verlassjeansmarke, die primär gar keine Jeansmarke ist: COS. Das Kreativteam hat mich mit seinen Entwürfen der Herbst/ Winter 2019 Kollektion komplett in den Bann gezogen und sorgt für Ja-Nein-Entscheidungspotential in meinem Kopf. Die klassischen Five-Pocket-Jeans sehen sehr gut aus, nicht? In Kombination mit den Denim-Oberteilen geradezu verlockend! Kommt hinzu, dass die Farbtöne wie Indigo oder Ecru so angeboten werden, dass Waschgänge minimiert und damit Wasser eingespart werden kann. Ein nicht zu unterschätzender Punkt, gerade weil die Fertigung von Jeans umwelttechnisch eine große Drecksangelegenheit bedeutet.
Die Schaufenster des Londoner Flagship Stores in der Regent Street stehen aktuell – anlässlich des 150-jährigen Jubiläums von Denim und dem 200. Geburtstag der Regent Street – ebenfalls im Zeichen des Jeans-Stoffes: Denim-Installationen aus alten Modellen und Werkstattcharme inklusive. Bis zum 18. August kann man hier seine COS-Denim-Produkte kostenlos reparieren oder anpassen lassen. Innerhalb eines Werktages wird der Dienst angeboten, davon muss ich meiner ortsansässigen und vielbeschäftigten Schwester berichten. Samstags kann man sich zusätzlich Beratungen zur Pflege einholen, klingt vielversprechend. Ich finde es gerade deswegen einen guten Move, weil Aktionen dieser Art potentiell die Langlebigkeit eines Produktes stärken und nicht zwingend dem ewigen Fast-Fashion-Gesetz „jede Saison neu kaufen und anschließend in die Tonne damit“ folgen. Klar, ganz naiv bin ich als Modefreund und -konsument nicht:
COS gehört zur H&M-Gruppe und damit sind viele Fast-Fashion-Fragen schon beantwortet, bevor man sie überhaupt gestellt hat. Trotzdem, und so argumentiere ich für meinen eigene Bedarf, ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, den ich bewusst wahrnehme und unterschreiben kann: Meine Jeans von COS habe ich seit über zehn Jahren und kann qualitätsmäßig keinen Unterschied zu anderen Anbietern machen (zur Verteidigung: Ich werde für diese Zusammenarbeit nicht bezahlt, sondern berichte rein subjektiv anhand eigener Erfahrungen und aus freien Stücken). Ich habe mir schon lange nicht mehr jede Saison ein neues Modell gekauft und flitze auch nicht jedem Trend hinterher. Gerade deshalb schaue ich ganz genau, ob vielleicht dieses Jahr ein neuer – langfristiger – Denim-Begleiter dabei ist. Ja oder Nein, das ist die allesentscheidende Frage…
Oben ein paar COS-Impressionen vom Londoner Flagship Store in der Regent Street sowie hier unten Jeans-Enwürfe der Herbst/ Winter 2019 Kollektion.
Viola
15. August 2019 at 10:33Sehr schön geschrieben!!
Julian Gadatsch
15. August 2019 at 12:20Vielen Dank für das nette Feedback!