(Gianfranco Ferré, fotografiert von Jeanloup Sieff für Elle US, Februar 1995 © Jeanloup Sieff)
Ende der 1980er Jahre war Dior, Fans des Hauses mögen bitte über den Satz hinweglesen, etwas, nun ja, in die Jahre gekommen. Handwerklich war an den Kollektionen natürlich nichts, aber auch wirklich gar nichts, auszusetzen, aber es fehlte defacto an frischem Wind. Während andere Häuser nach und nach besonders auf dem Gebiet der Accessoires für Furore sorgten, gab es bei Dior kein wirkliches Teil, das Potenzial zum „Must-have“ – Stichwort: „It-Bag“ – hatte. Es galt also, durch eine dringend notwendige Repositionierung junge Kundinnen anzusprechen. Kurzum, ein neuer Designer musste her.
Bernard Arnault ist es zu verdanken, dass Gianfranco Ferré zum Nachfolger von Marc Bohan als künstlerischer Leiter der Damenmode unter Vertrag genommen wurde – als erster Ausländer in dieser Rolle, der zudem auch weiterhin seine eigene Linie verantwortete. Arnault lieferte damit eine Personalentscheidung, die zur damaligen Zeit neu war und die für große Irritationen sorgte. Ein Italiener bei Dior – kann das funktionieren?
Es funktionierte. Gianfranco Ferré bestand 1989 seine Feuertaufe. Er kombinierte üppige Materialien mit satten Farben und verlieh seinen Kreationen Glamour. Ihm gelang das Kunststück, eine Weiblichkeit zum Ausdruck zu bringen, die gleichermaßen anspruchsvoll als auch zeitgemäß war. „Meine Entwürfe sind das Ergebnis einer für den Körper konzipierten textilen Architektur, die dem Körper Leben verleiht“, wie Gianfranco Ferré seine konzeptionelle Herangehensweise an den Entwurf von Mode beschrieb.
Angefangen von seiner ersten Haute-Couture-Kollektion, die 1989 im Garten des Hôtel Salomon de Rothschild gezeigt wurde, bis 1996, greift Gianfranco Ferré immer wieder auf die Geschichte und die Codes des Hauses zurück. Silence, Match, Rondo – er belebte sogar die Tradition des Gründers, den Entwürfen einen Namen zu geben.
Auch wenn Ferré nie mit Christian Dior zusammengearbeitet hat, teilen sich beide Designer eine Leidenschaft für die Mischung aus Männlichkeit und Weiblichkeit sowie die Farbe Rot, Blumen und Gärten, Musik und Oper.
Anlässlich des 70. Jubiläums von Christian Dior widmet das Haus chronologisch jedem Designer ein eigenes Buch: Den Anfang machte natürlich der Gründer selbst; es folgten bisher Yves Saint Laurent, Marc Bohan und – ab dem 15. Dezember – Gianfranco Ferré. In den kommenden Monaten werden noch bildgewaltige Bücher zu den Arbeiten von John Galliano, Raf Simons und Maria Grazia Chiuri veröffentlicht.
„Dior by Gianfranco Ferré“ erscheint im Assouline Verlag. Die Fotografin Laziz Hamani und Worte des Journalisten Alexander Fury geben einen guten Überblick über die Dekade von 1989 bis 1996 – also der Zeit, in der Gianfranco Ferré dafür verantwortlich war, dem Haus Dior wieder zum alten Glanz zu verhelfen. Auch war es Ferré, der Dior endlich zu einer „It Bag“ verhalf: 1995 entwarf der Designer für Lady Di die Tasche „Lady Dior“ …